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Private RentenversicherungDas sind die Folgen des Wechsels des Versicherungsträgers während der Ehezeit

Abo-Inhalt11.11.202436 Min. LesedauerVon VRiOLG a. D. Hartmut Wick, Celle

| Wird das in einer privaten Rentenversicherung gebildete Kapital während der Ehezeit auf einen anderen Versorgungsträger übertragen, entsteht grundsätzlich ein neues Versorgungsanrecht, das in vollem Umfang in der Ehezeit erworben worden ist. Eine Ausnahme gilt nur, wenn die sukzessiv abgeschlossenen Verträge nach dem Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz (AltZertG) zertifiziert sind; in diesem Fall ist von einem einheitlichen Anrecht auszugehen, das im VA nur mit dem während der Ehezeit gebildeten Kapital zu berücksichtigen ist. Dies hat der BGH entschieden. |

Sachverhalt

M hatte bei der Eheschließung mit der F ein Anrecht der privaten Rentenversicherung, in der 10.633 EUR angespart waren. Während der Ehezeit kündigte er den Vertrag und erhielt 15.475 EUR ausgezahlt, die er als Einmalbeitrag auf einen neuen privaten Rentenversicherungsvertrag einzahlte. Mit weiteren monatlichen Beiträgen wuchs das Kapital bis zum Ende der Ehezeit auf 16.320 EUR an. Diesen Betrag hat das AG bei der Scheidung von M und F als Ehezeitanteil angenommen und das Anrecht intern geteilt. Die Beschwerde des M, mit der er einen Ausschluss des Ausgleichs seines Anrechts erreichen wollte, wurde zurückgewiesen. Auch seine Rechtsbeschwerde blieb erfolglos.

Leitsatz: BGH 19.6.24, XII ZB 456/23

Wird ein nicht durch das AltZertG geschütztes Altersvorsorgekapital nach Kündigung des Vertrages während der Ehezeit auf einen anderen Altersvorsorgevertrag übertragen, handelt es sich versorgungsausgleichsrechtlich regelmäßig nicht um ein einheitliches Anrecht, das nur hinsichtlich des ehezeitlich gebildeten Kapitals auszugleichen wäre (Abgrenzung zu BGH FK 19, 76); Abruf-Nr. 243314).

Entscheidungsgründe

Wird das in einem privaten Versicherungsvertrag angelegte Altersvorsorgekapital während der Ehezeit unter Wechsel des Versorgungsträgers auf einen anderen Altersvorsorgevertrag übertragen, ist fraglich, ob es sich versorgungsausgleichsrechtlich um ein einheitliches Anrecht handelt, das nur hinsichtlich des ehezeitlich gebildeten Kapitals auszugleichen ist, oder ob der neue Vertrag isoliert zu betrachten ist und das darin begründete Anrecht vollständig dem VA unterfällt. Im Fall von nicht staatlich geförderten privaten Altersversorgungen können sukzessive Versorgungsverhältnisse regelmäßig nicht zu einer einheitlichen Betrachtungsweise führen.

Gem. § 2 Abs. 2 Nr. 1 VersAusglG ist ein Anrecht auszugleichen, sofern es durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist. Ein auf Vermögenseinsatz beruhendes Anrecht unterliegt dem VA, ohne dass das Gesetz nach der Herkunft des Vermögens oder nach dem Zeitpunkt seines Erwerbs unterscheidet. Es ist nur erforderlich, dass das Kapital, mit dem ein Ehegatte die Beiträge auf den privaten Versicherungsvertrag entrichtet hat, zu seinem Vermögen gehörte.

Unerheblich ist dagegen, ob dieses Vermögen vor oder während der Ehe erworben worden war. Im VA sind daher auch Versorgungsanrechte auszugleichen, die mit dem Anfangsvermögen eines Ehegatten nach der Eheschließung erworben wurden. Denn mit der Einzahlung in eine Rentenversicherung verliert der Geldbetrag seine güterrechtliche Zugehörigkeit zum Vermögen. Er dient nicht mehr dem Verbrauch zum Lebensbedarf der Ehegatten oder dem Ausgleichssystem des Zugewinnausgleichs. Vielmehr erlangt er stattdessen den Charakter einer Altersversorgung, die dem VA unterliegt. Auch wenn ein neues Versorgungsanrecht aus Mitteln begründet wird, die aus der Auflösung eines vorher bestehenden anderen Vertrags stammen, wird das neue Anrecht aus Mitteln gespeist, die seit der Auflösung des vorigen Vertrags dem güterrechtlichen Ausgleichssystem unterfielen oder dem gemeinsamen Verbrauch zur Verfügung gestanden hätten. Es besteht grundsätzlich kein Anlass, zwischen Einzahlungen aus dem Anfangsvermögen eines Ehegatten und solchen aus der Auflösung eines vorangegangenen Versorgungsvertrags zu differenzieren.

Es gibt allerdings Ausnahmefälle, in denen bei sukzessiven Anrechten trotz Wechsel des Versorgungsträgers vom Bestehen einer einheitlichen Versorgung auszugehen ist. So besteht z. B. eine versorgungsausgleichsrechtliche Kontinuität, wenn der gesetzlich bestimmte Träger der Insolvenzsicherung in dem nach § 7 BetrAVG maßgeblichen Umfang in die vom ursprünglichen Versorgungsträger übernommene Leistungsverpflichtung eintritt. Auch im Fall sukzessiv abgeschlossener zertifizierter Altersvorsorgeverträge besteht eine einheitliche Versorgung, denn ein solcher Vertrag kann nicht frei aufgelöst, sondern nur unter Aufrechterhaltung der Bindung an den Versorgungszweck auf einen anderen Anbieter übertragen werden (BGH FK 19, 76). An einer vergleichbaren rechtlichen Anknüpfung fehlt es aber, wenn mit dem aufgelösten Versorgungsvertrag kein gebundenes Vermögen gebildet war. Dann kann das mit der Kündigung eines Vertrages frei werdende Kapital nach dem Belieben des Ehegatten in gleicher oder auch in anderer Form neu angelegt werden.

Relevanz für die Praxis

Der BGH stellt klar, dass es für die Zuordnung zum VA nicht darauf ankommt, ob das in eine private Rentenversicherung eingezahlte Kapital aus einem bereits zu Beginn der Ehezeit vorhandenen Vermögen stammt oder erst in der Ehezeit gebildet worden ist. Auch wenn vor der Ehe vorhandenes Kapital in der Ehezeit nur auf einen anderen Versorgungsträger übertragen (also umgeschichtet) wird, unterliegt dem VA grundsätzlich das gesamte in dem neuen Vertrag angesammelte Kapital.

Eine Ausnahme gilt nur bei sukzessive abgeschlossenen zertifizierten Verträgen. Hier wird nur das während der Ehezeit angesammelte Kapital ausgeglichen. Die Differenzierung beruht darauf, dass die Zertifizierung eine dauerhafte Bindung des gebildeten Kapitals an den Versorgungszweck bewirkt.

AUSGABE: FK 12/2024, S. 208 · ID: 50187789

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