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ElternrechtJugendamt muss Kopien von Umgangsprotokollen übersenden

Abo-Inhalt14.10.2024569 Min. Lesedauer

| Strebt ein Elternteil ein Sorgerechtsverfahren an, steht ihm ein Anspruch gegen das Jugendamt zu, ihm Kopien der Umgangsprotokolle zu übersenden (VG Düsseldorf 28.2.24, 29 K 6009/21, Abruf-Nr. 242205). |

Dem Vater V eines minderjährigen Kindes K stand ein begleitetes Umgangsrecht zu. Später verlangte er erfolglos vom Jugendamt (JA), ihm Kopien der Umgangsprotokolle für ein Sorgerechtsverfahren herauszugeben.

Der V kann nach § 4 Abs. 1 des Informationsfreiheitsgesetzes Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) vom JA verlangen, ihm Kopien der Umgangsprotokolle zuzusenden. Danach hat jede natürliche Person nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den in § 2 IFG NRW genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen.

Zwar werden dadurch personenbezogene Daten offenbart, § 9 Abs. 1 Hs. 1 IFG NRW. Zugunsten des V greift aber die Rückausnahme aus § 9 Abs. 1 Hs. 2e IFG NRW. Danach wird der informationsrechtliche Anspruch wegen der Offenbarung personenbezogener Daten nicht ausgeschlossen, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der begehrten Information geltend macht und überwiegende schutzwürdige Belange des Betroffenen der Offenbarung nicht entgegenstehen. Der V hat ein rechtliches Interesse, da er die Protokolle für ein Sorgerechtsverfahren benötigt. Es geht somit um sein Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 GG. Dies ist höher zu bewerten als das Geheimhaltungsinteresse.

Demgegenüber steht das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des K, da die Protokolle über den Kontakt zwischen dem V und ihm personenbezogene Daten enthalten. Zugleich handelt es sich um Sozialdaten i. S. d. § 67 Abs. 2 SGB X. Dies sind personenbezogene Daten (Art. 4 Nr. 1 VO (EU) 2016/679 – Datenschutz-Grund-VO, DSGVO), die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden. Zu den in § 35 SGB I genannten Stellen zählen u. a. die in den §§ 18 bis 29 SGB I genannten Leistungsträger (vgl. § 12 S. 1 SGB I) und damit auch die Träger der Kinder- und Jugendhilfe i. S. v. § 27 Abs. 2 SGB I. Entsprechend sind die in den Protokollen des Jugendamts der Beklagten als örtliche Trägerin der öffentlichen Jugendhilfe (vgl. § 69 Abs. 3 SGB VIII) über den Umgang des V mit K enthaltenen Beobachtungen und Analysen (auch) Sozialdaten von K (vgl. auch VG Aachen 9.6.22, 8 K 3160/19 -, juris Rn. 80).

Merke | Die Abwägung der Interessen wird nicht kategorisch durch das Sozialgeheimnis nach § 35 Abs. 1 SGB I ausgeschlossen, das den Schutz von Sozialdaten garantiert. Denn die Beklagte darf die in den Umgangsprotokollen enthaltenen Sozialdaten übermitteln. Dies richtet sich gem. § 35 Abs. 2 S. 1 SGB I vorbehaltlich unmittelbar geltender Regelungen der DSGVO abschließend nach §§ 67b, 67d bis 77 SGB X und der übrigen Bücher des SGB. Der Beklagten steht eine Übermittlungsbefugnis hinsichtlich der Sozialdaten des K in den Umgangsprotokollen nach Art. 6 Abs. 1 S. 1c DSGVO i. V. m. Art. 15 Abs. 3 DSGVO im Rahmen der Einschränkungen des § 83 SGB X zu (kritisch Hoffmann, jurisPR-SozR 12/2024 Anm. 5). (GM)

AUSGABE: FK 11/2024, S. 182 · ID: 50076878

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