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Blitzlicht MandatspraxisVaterschaftsanfechtungsfrist versäumt: Was noch geht
| Die Vaterschaft ist binnen zwei Jahren gerichtlich anfechtbar, § 1600b Abs. 1 BGB. Was aber ist zu tun, wenn die Frist versäumt wurde? |
Beispiel |
Anwalt A vertritt den V im Scheidungsverfahren. V hat gewusst, dass das vor der Scheidung geborene Kind K nicht von ihm ist. Über das Scheidungsverfahren wird K zwei Jahre alt. A hat die Anfechtungsfrist versäumt und fragt sich, ob für K ein Ergänzungspfleger bestellt werden kann, der die Vaterschaft des V anfechten kann. |
Die Vaterschaft kann nur durch Anfechtung oder scheidungsbedingten Statuswechsel gem. § 1599 Abs. 2 BGB beseitigt werden. Als Ausnahme von der Anfechtung lässt sich die Vaterschaft beseitigen, wenn
- das Kind nach Anhängigkeit des Scheidungsantrags und vor Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses geboren wird;
- der „Dritte“ innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung seine Vaterschaft anerkennt und
- der Ehemann und die Mutter der Anerkennung unter den Modalitäten der §§ 1594 ff. BGB zustimmen (Klinkhammer in: MAH Familienrecht, 5. Aufl., § 31 Rn. 88).
Sonst bedarf es der Anfechtung der Vaterschaft. Anfechtungsberechtigt sind gem. § 1600 Abs. 1 BGB der Mann, dessen Vaterschaft aufgrund §§ 1592, 1593 BGB besteht; der Mann, der an Eides statt versichert, der Mutter des Kindes während der Empfängniszeit beigewohnt zu haben (biologischer Vater), die Mutter und das Kind. Nicht mehr anfechtungsberechtigt sind Behörden (BVerfG FamRZ 14, 449). Rechtlicher und biologischer Vater sowie die Mutter können die Vaterschaft nur selbst anfechten, für ein geschäftsunfähiges Kind nur der gesetzliche Vertreter. Damit soll vermieden werden, dass das minderjährige Kind Unfrieden in der Familie stiftet. Besteht allerdings ein erheblicher Interessengegensatz zwischen der vertretungsberechtigten Mutter und dem Kind, kann ihr für den Teilbereich der Vertretung im Anfechtungsverfahren die elterliche Sorge entzogen und ein Ergänzungspfleger bestellt werden (Hahn in: Bamberger/Roth, BGB, 4. Aufl., § 1600a BGB Rn. 4). Zuständig für die Pflegerbestellung ist das Familiengericht, § 1693 BGB.
Lösung |
Für alle Beteiligten mit Ausnahme des K selbst ist die zweijährige Anfechtungsfrist abgelaufen. Es handelt sich bei der Frist nach § 1600b BGB um eine von Amts wegen zu berücksichtigen Ausschlussfrist. Der A kann in Abstimmung mit K nur noch beantragen, dass der Mutter die elterliche Sorge zum Teil entzogen und ein Ergänzungspfleger für K mit dem Ziel bestellt wird, die Vaterschaft des M anzufechten. Beides setzt einen erheblichen Interessengegensatz zwischen Mutter und K voraus. Ist das nicht der Fall, dürfte ein Regress des A vorliegen. (St) |
AUSGABE: FK 9/2024, S. 148 · ID: 50052443