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Kita-Kündigungsklausel LG stärkt das Recht der Eltern, ordentlich zu kündigen
Abruf-Nr. 238240
| Eine private Kita kann das Recht zur ordentlichen Kündigung für die Erziehungsberechtigten bis zum Beginn der Vertragslaufzeit nicht ausschließen. Das hat das LG München entschieden (31.10.23, 2 O 10468/22, Abruf-Nr. 238240). |
Die Kläger (M und V) schlossen mit der Kita im November 20 zwei Betreuungsverträge über die Aufnahme ihrer beiden Kinder in der Tagesstätte zum 1.1.22. Nach Nr. 8 des Betreuungsvertrags war die ordentliche Kündigungsfrist bis Vertragsbeginn ausgeschlossen und betrug danach drei Monate zum Monatsende. Im März 21 erklärten M und V die Kündigung sowie den Rücktritt von beiden Verträgen. Grund dafür war nach ihrer Darstellung Folgendes: Nach Abschluss der Betreuungsverträge hätten sie erfahren, dass sich die Mutter des V einer schwierigen Operation unterziehen müsse. Um die Mutter nicht zu gefährden und einem erhöhten Infektionsrisiko auszusetzen, könnten sie ihre Kinder nicht in die Obhut der Kindertagesstätte geben. Die Betreiber der Kita (Beklagten, B) bestätigten im April 21 den Erhalt der Kündigung, wiesen diese jedoch insoweit zurück, als eine Kündigung nach den Vertragsbedingungen erst zum 30.4.22 möglich sei. Die Aufnahmegebühr sowie das Betreuungsgeld seien vorher zu entrichten – unabhängig davon, ob die Kinder die Kita auch besuchen. Dies sei dem Umstand der Planungssicherheit für die Kita geschuldet. Die B haben die Kinder nicht betreut. Dennoch zogen sie Beträge von M und V ein. Diese begehren die Rückzahlung der eingezogenen Beträge.
M und V haben die Betreuungsverträge für beide Kinder wirksam gekündigt. Der Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung bis zum Beginn der Vertragslaufzeit ist unwirksam. Die streitgegenständliche Regelung ist mit dem Benachteiligungsverbot im AGB-Recht nicht vereinbar. Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung gilt nur einseitig für die Eltern, obwohl die Eltern ein ebenso hohes, wenn nicht sogar höheres Planungsbedürfnis aufweisen wie Kitas. Dieser einseitige Ausschluss benachteiligt M und V unangemessen – zumal die vertragliche Regelung den Eltern eine zeitlich äußerst lange Vertragsbindung abverlangt, ohne eine gleich gelagerte Betreuungssicherheit einzuräumen.
Im Rahmen der Gesamtabwägung ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts dem Wortlaut nach selbst greift, wenn es der Kindertagesstätte gelänge, die frei gewordenen Plätze erfolgreich an andere Kinder zu vergeben – dadurch erhielte die Kita de facto über einen Zeitraum von vier Monaten für den Platz eine doppelte Bezahlung.
Merke | Ob darüber hinaus auch ein wichtiger Kündigungsgrund und damit eine wirksame außerordentliche Kündigung vorlag, musste das Gericht nicht prüfen. (GM) |
AUSGABE: FK 4/2024, S. 57 · ID: 49785721