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Amtliche VerwahrungKombinierter Ehe- und Erbvertrag bleibt in amtlicher Verwahrung

Abo-Inhalt04.03.2024648 Min. Lesedauer

| Ein Erbvertrag, der nur Verfügungen von Todes wegen enthält, kann aus der amtlichen Verwahrung herausverlangt werden, § 2300 BGB. Wird mit dem Erbvertrag eine weitere vertragliche Pflicht, z. B. ein Ehevertrag verbunden, besteht kein Anspruch auf Herausgabe dieser kombinierten Urkunde. Dies gilt auch, wenn der kombinierte Vertrag später aufgehoben wurde (OLG Frankfurt a. M. 19.9.23, 21 W 63/23, Abruf-Nr. 237535). |

Die Beteiligten sind verheiratet. Sie schlossen 2011 einen notariellen Vertrag. Mit diesem änderten sie ihren Ehevertrag ab und errichteten einen Erbvertrag (sog. kombinierter Ehe- und Erbvertrag). Die Urkunde gaben sie in amtliche Verwahrung. 2018 errichteten sie ein gemeinschaftliches notarielles Testament und widerriefen den 2011 beurkundeten Erbvertrag. An den Erklärungen zum Ehevertrag aus 2011 sollte sich nichts ändern. Auch diese Urkunde gaben sie in amtliche Verwahrung. 2018 und 2019 begehrten sie erfolglos die Herausgabe der Urkunden. Daraufhin hoben sie mit notarieller Urkunde 2022 die Verträge von 2011 und 2018 auf und beantragten erneut die Rückgabe der Urkunden. Das Nachlassgericht wies beide Anträge zurück. Die hiergegen eingelegte Beschwerde war teilweise erfolgreich, soweit es die Herausgabe des gemeinschaftlichen Testaments betrifft.

Die Beteiligten haben keinen Anspruch darauf, dass der kombinierte Ehe- und Erbvertrag aus 2011 herausgegeben wird. Der gesetzliche Herausgabeanspruch nach § 2256 Abs. 2 BGB für Testamente ist nach dem eindeutigen Willen des Reformgesetzgebers für Erbverträge eingeschränkt. Soweit ein Erbvertrag neben der Verfügung von Todes wegen weitere Regelungen enthält, ist eine Herausgabe ausgeschlossen, § 2300 Abs. 2 BGB. Die herausverlangte Urkunde der Eheleute aus 2011 umfasst neben dem Erbvertrag auch Regelungen zum Ehevertrag. Damit unterfällt sie nicht dem Herausgabeanspruch. Da es sich um ein rein formelles Verfahren handelt, kommt es trotz der zwischenzeitlichen Aufhebung nicht auf die Unwirksamkeit des Erbvertrags an.

Merke | Der Anwendungsbereich des Rückgabeanspruchs ist auch nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung zu erweitern. Zwar liegt im Hinblick auf das durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein Grundrechtseingriff vor. Die Testierenden können selbst bei sehr persönlichen Inhalten nicht mehr verhindern, dass der Erbvertrag eröffnet wird. Sie müssen in Kauf nehmen, dass ein mittlerweile geänderter Wille bekannt gegeben wird. Dieser Eingriff ist aber unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der Norm gerechtfertigt. Die Rücknahmemöglichkeit ist bei kombinierten Erbverträgen beschränkt, um die Originalurkunde vor Verlust zu schützen. Diese enthält die ehevertraglichen Regelungen, die typischerweise zu Lebzeiten maßgeblich sind. Daher besteht ein besonderes Interesse daran, die Urkunde zu erhalten.

Im Übrigen haben die Eheleute sich freiwillig dafür entschieden, den kombinierten Ehe- und Erbvertrag in die amtliche Verwahrung zu geben, vgl. § 34 Abs. 2 BeurkG. (GM)

AUSGABE: FK 4/2024, S. 56 · ID: 49725108

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