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ZwangsvollstreckungUmgangsregelung: die Krux ist die Bestimmtheit
Abruf-Nr. 239889
| Eine Umgangsregelung „... von Freitag nach der Schule ...“ ist jedenfalls für die Tage nicht vollstreckbar, an denen keine Schule stattfindet (OLG Karlsruhe 17.4.23, 5 WF 29/23, Abruf-Nr. 239889). |
Das AG regelte mit Beschluss den Umgang des K (geboren 2015) mit dem V wie folgt: „Der V hat das Recht zum laufenden Umgang mit K alle 14 Tage von Freitag nach der Schule bis Montag früh zum Beginn der Schule, beginnend mit dem 16.9. bis 19.9.22 sowie an jedem Mittwoch einer Woche nach der Schule bis Donnerstag früh zum Beginn der Schule, beginnend mit dem 14.9./15.9.22.“ Die Schule begann für K erst am Montag, dem 19.9.22. Die M verweigerte daher den Umgang vom 16.9. bis 19.9.22. Auf Antrag des V verhängte das AG gegen die M ein Ordnungsgeld. Die sofortige Beschwerde der M dagegen war erfolgreich.
Hier liegen die Voraussetzungen dafür, ein Ordnungsmittel gem. § 89 Abs. 1 FamFG zu verhängen, nicht vor. Die Umgangsregelung ist nicht vollstreckungsfähig. Für die Vollstreckung muss die gerichtliche Entscheidung einen vollstreckbaren Inhalt haben, insbesondere hinreichend bestimmt sein. Umgangsregelungen müssen so konkret gefasst sein, dass den Beteiligten ausreichend deutlich wird, welche Pflichten sie erfüllen müssen. Dafür ist erforderlich, dass Art, Ort und Zeit des Umgangs genau und erschöpfend bestimmt sind (BGH 1.12.12, XII ZB 188/11, FamRZ 12, 533), insbesondere auch eine konkrete Uhrzeit (OLG Bamberg 12.3.13, 7 WF 356/12, FamRZ 13, 1759).
Die Formulierung („Umgang ... von Freitag nach der Schule ...“) wird für den Normalfall des Schulbesuchs jedenfalls als ausreichend angesehen, wenn geregelt ist, dass der Umgangsberechtigte das Kind an der Schule abholt, weil die Pflicht des betreuenden Elternteils eindeutig ist, zu veranlassen, dass der andere Elternteil das Kind zum Schulende abholen kann (OLG Celle 31.1.20, 10 UF 10/20, FamRZ 20, 1370). Mit dieser Formulierung ist aber keine ausreichend bestimmte Pflicht der M geregelt, wie an Tagen ohne Schulbesuch des K zu verfahren ist. Dies gilt besonders für Tage, an denen nicht nur K am Schulbesuch verhindert ist, sondern überhaupt kein Schulunterricht stattfindet, da in solchen Fällen nicht festgestellt werden kann, wann die Schule endet. Außerdem ist für diese Fälle kein Ort der Übergabe geregelt.
Merke | Die mögliche Bestimmbarkeit durch ergänzende Auslegung einer im Titel enthaltenen Regelung reicht im förmlichen Vollstreckungsverfahren nicht aus. |
Zwar liegt angesichts der Erklärung der M, K solle das „Einschulungswochenende“ bei ihr verbringen, spätestens mit Beginn des Samstags ein Verstoß gegen den Sinn der Umgangsregelung nahe, auch wenn dieser nicht zeitlich konkretisiert werden kann. Für die Verhängung von Ordnungsmitteln fehlt aber eine Rechtsgrundlage (vergleichbar § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB, nach dem bei ernsthafter und endgültiger Leistungsverweigerung eine hinreichend bestimmte Mahnung entbehrlich ist) im formalisierten Zwangsvollstreckungsverfahren (so auch OLG Bamberg 12.3.13, 7 WF 356/12, FamRZ 13, 1759). (GM)
AUSGABE: FK 4/2024, S. 55 · ID: 49542177