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CBChefärzteBrief

Aus- und Weiterbildung„PAs können die Patientenzufriedenheit steigern!“

Abo-Inhalt17.02.20232863 Min. Lesedauer

| Die EU/FH Hochschule für Gesundheit, Soziales & Pädagogik in Köln bietet sowohl einen Bachelor- als auch einen Masterstudiengang zum Physician Assistant (PA) an. PAs gehören zum ärztlichen Team und haben die Aufgabe, die Ärzte zu entlasten. Prof. Dr. Tanja Meyer unterrichtet das Fach mit dem Schwerpunkt Anästhesie. Ursula Katthöfer (textwiese.com) fragte sie, welche Rolle PAs künftig in Krankenhäusern spielen könnten. |

Frage: Frau Professor Meyer, warum sollte ein Krankenhaus PAs einstellen?

Antwort: Wir haben in den Kliniken eine starke Arbeitsverdichtung. Die Fallzahlen steigen und die Patienten werden älter. Bei der Versorgung multimorbider Menschen müssen wir ganz andere Arbeitsaufträge erfüllen als noch vor einigen Jahren. Hinzu kommen die steigenden Anforderungen an Digitalisierung, Dokumentation und rechtliches Vorgehen. Der Fachkräftemangel verstärkt diese deutlich höhere Arbeitsbelastung noch. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, brauchen wir auch beim Personal innovative Strukturen.

Frage: Was kann ein Anästhesist an einen PA delegieren, was eine OP-Pflegekraft nicht könnte?

Antwort: Die Grenzen sind fließend. In der Anästhesie gibt es immer wieder Fachpflegekräfte, die das Know-how haben, um Narkosen durchzuführen. Gleichwohl orientiert sich die fachpflegerische Ausbildung in der Anästhesie eher an der Intensivmedizin als an der Anästhesie. Unsere PAs hingegen unterrichten wir aus der ärztlichen Perspektive und schauen, was an sie delegiert werden kann. Sie können eine vorbereitende Anamnese erheben, vor der OP körperliche Untersuchungen durchführen, an Narkose und Überwachung mitwirken, postoperative Visiten machen sowie Risiko- und Fallsprechstunden anbieten. Und natürlich können sie Abteilungssitzungen vorbereiten und ihr Fach bei interdisziplinären Besprechungen vertreten. Sie entlasten die ärztlichen Schultern, sodass die Ärzteschaft sich um die kniffligen Fälle kümmern kann.

Frage: Und außerhalb der Anästhesie?

Antwort: Ich kenne kein Fach, in das unsere Alumni nicht gehen. Besonders häufig wählen sie die chirurgischen Fächer wie Thoraxchirurgie oder Orthopädie- und Unfallchirurgie. Doch auch in der Arbeitsmedizin, der Kinder- und Jugendpsychiatrie und der Neurochirurgie sind sie auf Visite, melden Konsile und Untersuchungen an, dokumentieren, übernehmen die interdisziplinäre Kommunikation, schreiben Entlassbriefe und sprechen mit Patienten und Angehörigen.

Frage: Wie reagieren die Patienten? Verlangen sie nach einem „richtigen Arzt“?

Antwort: Das Berufsbild des PA ist in den USA weit verbreitet. Dort zeigen interessante Studien, dass die Patienten sich gut versorgt fühlen. Sie wurden gefragt, wie viel sie bereit wären, zusätzlich für einen Arztkontakt zu zahlen. Nichts. Das ist in Deutschland ähnlich. PAs haben häufig ein kleines bisschen mehr Zeit, auf Menschen einzugehen. Auch das steigert die Patientenzufriedenheit.

Frage: Und wie reagieren die Pflegekräfte?

Antwort: Das hängt sehr von den individuellen Erfahrungen ab. Ich persönlich nehme ein gutes Miteinander wahr. Alle Studierenden der EU/FH haben zuvor eine dreijährige Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf absolviert. Sie kennen die Bedürfnisse der Community besser als viele Studierende der Humanmedizin. Dennoch kommt der Vorwurf, PAs würden Know-how aus der Pflege abziehen und den Fachkräftemangel verstärken. Doch wer aus der Pflege kommt und weiterstudiert, möchte ja im System bleiben und arbeitet später am Patienten. Know-how geht also nicht verloren.

Frage: Haben PAs Rufbereitschaft?

Antwort: PAs können jede Form von Dienst leisten, sofern eine Person mit fachärztlicher Qualifikation die Verantwortung trägt und angemessen überwacht. Dann gilt: Was sich tagsüber delegieren lässt, kann auch nachts delegiert werden. Wer delegiert, behält grundsätzlich die Verantwortung, aber auch PAs haben eine Sorgfaltspflicht. Das gilt für sie genauso wie für Assistenzärzte. Sollte eine Aufgabe dem Qualifikationsniveau der PAs nicht entsprechen, müssen sie ablehnen. Sonst gilt das Übernahmeverschulden.

Frage: Warum entscheiden Pflegekräfte sich für das Studium und wie ist ihr Gehalt als PA?

Antwort: Grund für das Studium ist häufig eine nicht sehr hohe Zufriedenheit im Pflegeberuf. Die PAs, die wir befragt haben, sind in ihrem Pionierberuf hingegen sehr zufrieden. Gehaltsumfragen zeigen, dass ihre Einstiegsgehälter sich im Rahmen von 3.300 bis 3.800 Euro bewegen. Für eine Pflegefachkraft aus der Anästhesie ist das kein Zusatzgewinn. Doch für andere Herkunftsberufe ist es eine Gehaltssteigerung. Aber: Es gibt keinen Tarifvertrag.

Frage: Welche Voraussetzungen sollte jemand mitbringen, der von der Chefärztin oder vom Chefarzt für das Studium vorgeschlagen wird?

Antwort: Wer studieren möchte, sollte auf jeden Fall Lust haben, sich weiterzubilden. Die Person braucht viel Neugier, um sich in medizinische Themen vertiefend einzuarbeiten. Da wir das Studium berufsbegleitend anbieten, ist ein sehr gutes Selbstmanagement nötig, um Zeit und Arbeit gut einzuteilen. Es braucht die Bereitschaft, sich akademisch weiterzuentwickeln und im Krankenhaus eine neue Rolle einzunehmen. Wichtig dafür sind analytisches Denken und die Fähigkeit, sowohl sich selbst als auch die Strukturen des Gesundheitswesens zu reflektieren.

Frau Professor Meyer, vielen Dank für das Gespräch!

AUSGABE: CB 4/2023, S. 19 · ID: 49192213

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