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GewerbesteuerKeine Gewerbesteuerpflicht der aufwärts abgefärbten Obergesellschaft

Abo-Inhalt13.06.20253 Min. Lesedauer
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt nur der stehende Gewerbebetrieb der Gewerbesteuer. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG erfasst als Gewerbebetrieb auch Personengesellschaften, die gewerbliche Einkünfte, etwa aus Beteiligungen, erzielen. Bisher hatte die Rechtsprechung dies explizit auf vermögensverwaltende Gesellschaften bestätigt, nicht jedoch auf freiberufliche Personengesellschaften. Der BFH entschied nunmehr darüber, ob eine Personengesellschaft, die neben freiberuflichen Einkünften geringfügige gewerbliche Beteiligungseinkünfte erzielt, als Gewerbebetrieb i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG anzusehen und damit nicht gewerbesteuerpflichtig ist.

Sachverhalt und Entscheidung

Eine Partnerschaftsgesellschaft aus Steuerberatern erzielte neben Einkünften aus selbstständiger Arbeit gewerbliche Beteiligungseinkünfte i. H. v. 0,2 % des Gesamtumsatzes, weil sie eine Beteiligung zur Refinanzierung einer Pensionszusage erworben hatte.

Der BFH legte § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG verfassungskonform dahin aus, dass originär freiberufliche Unternehmen mit gewerblichen Beteiligungseinkünften nicht unter § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG fallen und daher nicht gewerbesteuerpflichtig sind. Damit wird die bisherige Rechtsprechung zu vermögensverwaltenden Gesellschaften auf freiberufliche Personenunternehmen ausgedehnt und eine Schlechterstellung gegenüber Einzelunternehmern vermieden.

Erläuterungen

Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG gilt die mit Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit einer Personengesellschaft in vollem Umfang als Gewerbebetrieb, wenn die Gesellschaft auch gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bezieht. Dies führt grundsätzlich dazu, dass sämtliche Einkünfte der Gesellschaft in solche aus Gewerbebetrieb umqualifiziert und wegen § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG mit Gewerbesteuer belastet werden. Darin liegt nach Auffassung des BFH aber eine Ungleichbehandlung (Schlechterstellung) von Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmern, welche gleichzeitig mehrere verschiedene Einkunftsarten verwirklichen können mit der Folge, dass bei ihnen nur die originär gewerbliche Tätigkeit der Gewerbesteuer unterfällt. Diese Ungleichbehandlung ist nach einer Entscheidung des BFH aus 2019 in gewerbesteuerrechtlicher Hinsicht nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt (vgl. BFH 6.6.19, IV R 30/16).

§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG ist mithin verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Satz 1 Alt. 2 EStG nicht als nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt. Die Beteiligung an gewerblichen Personengesellschaften führt mithin nicht zu einer Gewerbesteuerpflicht auf Ebene der Beteiligungsgesellschaft. Freiberufliche Personengesellschaften werden mithin insoweit mit vermögensverwaltenden Gesellschaften gleichgestellt.

Eine Umqualifizierung würde zu einer verfassungsrechtlich relevanten Benachteiligung von Personengesellschaften gegenüber Einzelunternehmern führen.

Die hierzu vertretene Gegenauffassung vertrat, die Abkopplung der gewerbesteuerlichen Frage sei fragwürdig. Die verfassungsrechtlichen Einwände des IV. Senats würden ebenso für die ESt gelten. Vor allem aber hätte der IV. Senat diese Frage nach Art. 100 Abs. 1 GG dem BVerfG vorlegen müssen (Krumm in: Kirchhof/Seer, Einkommensteuergesetz, 24. Auflage 2025, § 15 EStG, Rn. 150b).

Dieser Einwand zieht aufgrund der möglichen verfassungskonformen Auslegung nicht. Eine Vorlage wäre nur bei einer Auslegung entgegen dem Gesetzeswortlaut erforderlich gewesen.

Die Entscheidung macht Scheinmodelle zur Abwehr der Gewerbesteuerpflicht – insbesondere das sog. Ausgliederungsmodell – für § 15 Abs. 3 Nr. 1, Alt. 2 EStG überflüssig. Im Bereich von § 15 Abs. 3 Nr. 1, Alt. 1 EStG bleibt es dabei, dass eine Ausgliederung der gewerblichen Tätigkeit sinnvoll sein kann. Hier kommt es nämlich auch gewerbesteuerlich unstreitig zu einer Umqualifizierung, wenn die Bagatellgrenze überschritten wird.

Freiberuflergesellschaften sollten allerdings prüfen, ob gewerbliche Beteiligungseinkünfte trotz fehlender Gewerbesteuerpflicht Buchführungspflichten nach § 140 bzw. § 141 AO auslösen können, z. B. bei einem Gesamtumsatz über 800.000 EUR oder Gewinn aus Gewerbebetrieb über 80.000 EUR. Dies dürfte zu i. d. R. nicht erwünschten Folgen führen.

Fundstelle
  • BFH 4.2.25, VIII R 1/22, iww.de/astw, Abruf-Nr. 247292

AUSGABE: AStW 7/2025, S. 534 · ID: 50446993

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