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UnternehmensführungVergütung von Geschäftsführern im Kfz-Handel: ASR liefert eine konkrete Gestaltungsempfehlung
| Vergütungsregelungen sind ein wesentlicher Bestandteil von Geschäfts-führer-Dienstverträgen. Bei der Vergütungshöhe, den Vergütungsbestand-teilen und dem Bezug der Vergütung zur Leistung gibt es im Kfz-Handel jedoch erhebliche Unterschiede. Deshalb geht ASR in einer Beitragsserie drei Fragen nach: Wie werden Geschäftsführer im Kfz-Handel derzeit vergütet? Welche steuerlichen Rahmenbedingungen sind zu beachten? Wie kann ein verstärkter Anreiz- und Leistungsbezug hergestellt werden? Die Serie endet mit einem konkreten Vorschlag zur dritten Frage. |
Übliche Bezugsgrößen der Gehaltsbemessung sind nachteilig
Die am meisten genutzten Bemessungsgrundlagen für die Höhe der variablen Gehaltsbestandteile sind das Erreichen bzw. Überschreiten eines absoluten Ertragsziels in Euro sowie das Erreichen einer prozentualen Mindest-Umsatzrendite. Die augenfälligen Vorteile dieser Kennzahlen sind die relativ einfache Feststellung der Zielerreichung sowie das Vorliegen von vergleichsweise gut dokumentierten Benchmarkwerten von Umsatzrenditen, für den Kfz-Handel auch nach unterschiedlichen Marken.
Wichtig | Eine alleinige Bezugnahme auf den Jahresüberschuss weist jedoch aus Sicht der Gesellschafter zwei wesentliche Nachteile auf: Die quantitative Entwicklung der Kapitalbindung wird nicht mit einbezogen und die qualitative Entwicklung des Kapitals nicht berücksichtigt.
Die Höhe und Entwicklung von Beständen und Forderungen sowie deren Qualität (z. B. anhand von durchschnittlichen Standtagen sowie Debitorenlaufzeiten) hat also zunächst keinen Einfluss auf die Höhe der Tantieme. Dagegen kann eingewendet werden, dass höhere einkaufsfinanzierte Bestände typischerweise zu höheren Zinsen führen und damit den Ertrag als Berechnungsgrundlage des Folgejahres schmälern. Das gilt jedoch nur zeitversetzt und auch dann nur in dem Maß, wie Umlaufvermögen fremdfinanziert wird. Zunächst wird durch den Bestandsaufbau die Eigenkapitalquote geschmälert.
Nimmt der Geschäftsführer z. B. eine Investition in neue Werkstattausstattung vor, sinkt damit über erhöhte Abschreibungen die Umsatzrendite und damit sein variabler Vergütungsanspruch. Baut er hingegen die Bestände an Neuwagen massiv auf, um kurzfristige Bonusziele zu erreichen, wirkt sich dies auf die Umsatzrendite zunächst positiv aus, obwohl er damit ggf. ein erhebliches Vermarktungsrisiko für die Zukunft in Kauf nimmt.
Ein aus Sicht der Eigentümer des Unternehmens sinnvolles Anreizsystem muss also in der Lage sein, die Tantiemenbemessung mit Zielen hinsichtlich Ertragsstärke, Kapitalbindung und Risiko in einer Kennzahl zu verknüpfen.
Die Alternative: Risikogewichteter Return on Net Assets (RoNA)
Der RoNA stellt das Verhältnis zwischen der Netto-Investitionsbasis des Unternehmens (Gesamtkapital abzüglich nicht betriebsnotwendiger Assets) sowie der Ertragskraft in Form des Jahresüberschuss vor Steuern dar. Das Umlaufvermögen als Bestandteil des gebundenen Kapitals wird zudem über einen Werthaltigkeitsfaktor gewichtet. Die Formel lautet also:
RoNA [in %] = | Kennzahl RoNA berechnen und ... Jahresüberschuss vor Steuern [in Euro] ______________________________________________________ Kapitalbindung Umlaufvermögen [in Euro] x Werthaltigkeitsfaktor |
Der Werthaltigkeitsfaktor gewichtet die Kapitalbindung in den Kategorien Lagerumschlag (Ersatzteile), Standtage (Fahrzeugbestände) sowie Anteil der Forderungen älter 90 Tage (Debitoren). Sind hierzu die Planwerte im Jahresdurchschnitt und/oder zum Bilanzstichtag überschritten, wird ein Zuschlag (z. B. von zehn Prozent) rechnerisch auf die Höhe des Umlaufvermögens gebildet. Der Werthaltigkeitsfaktor beträgt dann 1,1.
Schwellen und Limits sind ... Praxistipp | Die entsprechenden Schwellen und Limits für die Risikogewichtung des Umlaufvermögens sind unternehmensindividuell festzulegen. Sinnvoll ist, von einer Ziel-Eigenkapitalquote für die Ermittlung der maximalen Kapitalbindung im Umlaufvermögen je Gesellschaft auszugehen. |
Beispiel |
... unternehmensspezifisch festzulegen Ein Autohaus erwirtschaftet Umsatzerlöse in Höhe von 45 Mio. Euro im Jahr und erzielt im abgelaufenen Wirtschaftsjahr eine Umsatzrendite vor Steuern von 1,7 Prozent. Es agiert nicht im Agentursystem, die Umsätze resultieren also sämtlich aus Marktleistungen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die Gesamtkapitalbindung auf der Aktivseite der Bilanz beträgt zum Bilanzstichtag acht Mio. Euro, wovon fünf Mio. Euro auf Warenbestände und Forderungen aus Lieferungen und Leistungen entfallen. Das bilanzielle Eigenkapital beträgt 1,6 Mio. Euro. Die bilanzielle Eigenkapitalquote liegt somit bei 20 Prozent. Teileumschlag, Standtage und Qualität der Kundenforderungen liegen leicht unter dem Planwert, so dass ein Werthaltigkeitsfaktor von 1,05 angesetzt wird. |
Der RoNA beträgt im oben gewählten Beispiel also 14,6 Prozent. Dieser Wert bildet die Bemessungsgrundlage für die Tantiemenermittlung des Geschäftsführers anhand einer Tabelle, die z. B. wie folgt ausgestaltet sein kann:
Unter 10 %: | Keine Ausschüttung |
10 % bis 12,5 %: | 10.000 Euro Tantieme |
12,5 % bis 15 %: | 20.000 Euro Tantieme |
Über 15 %: | 30.000 Euro Tantieme |
Wichtig | Die Höhe der Tantieme müssen Sie je nach Umsatzgröße und ggf. weiteren Einflussfaktoren natürlich unternehmensindividuell anpassen. So ist es möglich, die Ertragskraft des Unternehmens sowie Qualität und Quantität der Kapitalbindung (entweder absolut oder in Relation zu Planwerten) in einer Kennzahl für die Ermittlung der Tantiemenansprüche zu verknüpfen.
Die Erweiterung: Risikogewichteter Cashflow-RoNA
Der Kfz-Handel unterliegt kurz- und langfristigen CAPEX-Zyklen aus der Fahrzeughaltung sowie baulichen Investitionen. Deshalb haben Schwankungen in den nicht zahlungswirksamen Aufwendungen potentiell erhebliche Auswirkungen auf den Ergebnisausweis. Folglich ist zu überlegen, statt des Jahresüberschusses vor Steuern den operativen Cashflow als Teil-Bezugsgröße für die variable Vergütung zu wählen. Das neutralisiert Einflüsse aus Abschreibungen und Rückstellungen in der Bemessung der Tantiemenhöhe. Dadurch verändert sich die Formel wie folgt:
CF-RoNA [in %] = | Operativer Cashflow + Ertragsteuern [in Euro] ___________________________________________________ Kapitalbindung Umlaufverm. [in Euro] x Werthaltigkeitsfaktor |
Die Hinzurechnung der Ertragsteuern zum operativen Cashflow ermöglicht einen weitgehend rechtsformneutralen Vergleich der Performance (z. B. im Rahmen einer Zeitreihe nach einem Wechsel der Rechtsform oder einer Verschmelzung, bzw. Akquisition). Wird zusätzlich ein finanzierungsneutraler Vergleich angestrebt, müssten zudem lediglich die Fremdkapitalzinsen addiert werden (z. B. im Rahmen der Analyse eines kompletten Händlernetzes durch einen Hersteller).
So berechnet sich der operative Cashflow
Der Grundgedanke für die Berechnung des operativen Cashflows ist recht einfach. Man muss fragen: Fließen dem Unternehmen in der laufenden Tätigkeit genug Erträge zu, um die Ausgaben zu bedienen?
Der Cashflow aus operativer Tätigkeit ist der Betrag an Barmitteln, der durch die reguläre Geschäftstätigkeit eines Unternehmens innerhalb eines bestimmten Zeitraums erwirtschaftet wird. Er kann entweder mit der indirekten oder der direkten Methode ermittelt werden. In der Praxis kommt meist die indirekte Methode zum Einsatz, weil alle notwendigen Zahlen bereits in der Gewinn-und-Verlustrechnung (GuV) zu finden sind. Das ist bei der direkten Methode nicht der Fall; die Berechnung ist daher zeitaufwändiger.
Die indirekte Berechnung beginnt mit dem Jahresüberschuss (am Ende der Gewinn- und Verlustrechnung). Dieser wird dann um alle zahlungsunwirksamen Buchungen bereinigt, indem zahlungsunwirksame Erträge abgezogen und zahlungsunwirksame Aufwendungen addiert werden. Die Ableitung folgt dabei folgendem Schema:
Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag |
(+/-) Abschreibungen/Zuschreibungen |
(+/-) Zunahme/Abnahme Rückstellungen |
(+/-) zahlungsunwirksame Aufwendungen/Erträge |
(-/+) Gewinn/Verlust aus Anlagenabgängen |
(-/+) Zunahme/Abnahme der Vorräte, Forderungen und sonstige Aktiva |
(+/-) Zunahme/Abnahme der Verbindlichkeiten und sonstigen Passiva |
= Operativer Cashflow |
Ein positiver operativer Cashflow weist darauf hin, dass das Unternehmen potenziell zahlungsfähig ist. Werden also nachhaltig Überschüsse erzielt, dann verfügt das Unternehmen über die Mittel, zumindest Ersatzinvestitionen wie etwa die Instandhaltung und Modernisierung der Betriebsimmobilien aus eigener Kraft zu tätigen, ohne dafür Fremdkapital zu benötigen. Das kann dann auch ein entscheidender Vorteil gegenüber Mitbewerbern sein. Ein negativer Cashflow ist bereits ein erhebliches Warnsignal: Wenn das Ergebnis nicht nur kurzfristig negativ ist, so werden nicht ausreichend liquide Mittel aus der operativen Tätigkeit erzielt: Das Unternehmen kann zahlungsunfähig werden.
Wichtig ist gerade im Kfz-Handel, dass Abgrenzungen für noch nicht liquiditätsseitig zugeflossene Bonuszahlungen, Verkaufshilfen oder sonstige zielerreichungsbezogene Ertragskomponenten abgezogen werden müssen, auch wenn der Rechtsanspruch auf die Zahlung bereits entstanden ist. Maßgeblich ist immer der Zahlungsfluss.
Praxistipp | Mit der risikogewichteten Verknüpfung von Ertrag (Cashflow) und Kapitalbindung steht eine deutlich aussagefähigere Alternative zur betriebswirtschaftlich fundierten Bewertung der Leistung eines Geschäftsführers als Basis einer variablen Entlohnung zur Verfügung als die Umsatzrendite bzw. absolute Gewinnziele als bisher gängigste Bemessungsgrundlagen. Allerdings dürfte der damit einhergehende Aufwand in der vertraglichen Vereinbarung sowie der Berechnung durchaus höher sein. Um eine Anreizwirkung zu entfalten, stellt das Konzept zudem vergleichsweise hohe Anforderungen an das finanzielle Risikomanagement sowie das operative Controlling, denn die Werthaltigkeit des Umlaufvermögens muss unterjährig regemäßig ermittelt werden und nicht nur im Rahmen der Jahresabschlusserstellung. Zudem existieren hierzu so gut wie keine Vergleichszahlen für die Branche Kfz-Handel. Richtig konzipiert und kommuniziert kann ein solches System aber deutlich dazu beitragen, dass alle Elemente einer wertorientierten Unternehmensführung auch in der Geschäftsführerentlohnung Berücksichtigung finden und somit die Zielkongruenz zwischen Geschäftsführer und Gesellschafter deutlich erhöht wird mit der Folge der Reduzierung von Reibungsverlusten. |
Fazit | Obgleich der risikogewichtete CF-RoNA eine höhere Aussagekraft hätte, werden die Schwierigkeiten bei der Ermittlung dieser Kennzahl wohl dazu führen, dass der auf dem Ertrag basierende RoNA sich als die praxistauglichere Alternative erweisen wird. |
- Die Teile 1 und 2 der ASR-Serie „Vergütung von Geschäftsführern im Kfz-Handel“ finden Sie auf iww.de/asr → Abruf-Nrn. 50132513 und 50132646
AUSGABE: ASR 11/2024, S. 17 · ID: 50132734