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Autokauf/RückabwicklungRückabwicklung eines Wohnmobil-Kaufvertrags: Diese Rechte und Pflichten haben Kfz-Händler

Abo-Inhalt23.10.20243109 Min. LesedauerVon Andrej Pletter, Rechtsanwalt und Notar, Buchholz in der Nordheide

| Welche Rechte und Pflichten gelten bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein Wohnmobil? Diese Frage beschäftigt einen ASR-Leser. Nachfolgend erfahren Sie, welche Rechte und Pflichten Händler und Kunden bei der Rückabwicklung haben, welche Besonderheiten bei der Ermittlung des Wertersatzes bei Wohnmobilen gelten und was bei der Erstattung von Aufwendungen zu beachten ist. |

Rückabwicklung begründet Ansprüche beider Parteien

Wenn Sie einen Kaufvertrag über ein Fahrzeug rückabwickeln, entstehen sowohl Ihnen als verkaufendem Kfz-Händler als auch Ihrem Kunden als Käufer Ansprüche:

  • 1. Sie haben Anspruch auf Rückgabe und Rückübereignung des Fahrzeugs.
  • 2. Ihr Kunde kann im Gegenzug den Kaufpreis sowie ggf. den Ersatz seiner getätigten Aufwendungen verlangen, muss sich dabei aber die gezogenen Nutzungen anrechnen lassen.

Kunde muss gezogene Nutzungen herausgeben

Für die Berechnung des Wertersatzes der gezogenen Nutzungen ist zwischen „normalen“ Kraftfahrzeugen und Wohnmobilen zu unterscheiden.

So berechnet sich der Wertersatz beim Pkw

Der Käufer eines „normalen“ Kraftfahrzeugs – egal ob Verbrenner oder E-Auto – muss bei der Rückabwicklung eines Kaufvertrags die von ihm gezogenen Nutzungen nach § 346 Abs. 1 BGB herausgeben. Das ist „in natura“ nicht möglich. Deshalb muss der Käufer nach § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB den Wert der gezogenen Nutzungen ersetzen.

Für den Wertersatz hat sich bei einem Pkw folgende Formel etabliert:

Anzurechnende Nutzung =

Kaufpreis x gefahrene km

________________________ Erwartbare Laufleistung

Die Formel zeigt: Für Sie als zurücknehmender Händler ist es umso günstiger, je geringer die zu erwartende Laufleistung geschätzt wird. Deshalb setzen Händler die Laufleistung meist so gering wie möglich an, während die Kunden bei der begehrten Rückabwicklung diese so hoch wie möglich ansetzen.

Die obergerichtliche Rechtsprechung nimmt in der Regel eine Gesamtlaufleistung von 250.000 km an. Einen Ausreißer nach oben hat sich das LG Darmstadt geleistet. Es hatte bei einem E-Fahrzeug (Tesla) die erwartbare Laufleistung mit 800.000 km angesetzt und sich in der Urteilsbegründung auf eine Aussage von Elon Musk bezogen (LG Darmstadt, Urteil vom 21.02.2022, Az. 26 O 490/20, Abruf-Nr. 244242). Weitere Urteile, die von solch einer hohen Laufleistung ausgehen, gibt es aber nicht, sodass diese Entscheidung nicht repräsentativ ist. U. a. das LG München hat der Berechnungsgrundlage des LG Darmstadt gar eine Absage erteilt, indem es eine Gesamtlaufleistung von 350.000 km bei E-Autos angenommen hat (LG München I, Urteil vom 17.06.2022, Az. 4 O 3834/19, Abruf-Nr. 244243).

So erfolgt die Berechnung des Wertersatzes bei Wohnmobilen

Auf Wohnmobile lässt sich die Formel zur Ermittlung des Wertersatzes der gezogenen Nutzungen nicht eins zu eins übertragen. Anders als bei Pkw gibt es bei Sonderfahrzeugen wie Wohnmobilen keinen einheitlichen Berechnungsmaßstab für die Wertberechnung (OLG Hamm, Urteil vom 18.12.2014, Az. 28 U 135/13, Abruf-Nr. 244244). Das liegt daran, dass Wohnmobile nicht ausschließlich dem Fahren, sondern auch dem Wohnen dienen – und das muss sich in der Berechnung des Wertersatzes niederschlagen.

Vor diesem Hintergrund hat sich in den letzten Jahre für die Berechnung des Wertersatzes bei Wohnmobilen die Berechnungsmethode aus dem zitierten Urteil des OLG Hamm etabliert. Danach ist der Wert von Gebrauchsvorteilen bei Eigennutzung einer beweglichen Sache nach dem zeitanteiligen linearen Wertschwund zu ermitteln.

Wichtig | Im Zweifel wird das Gericht die Frage der Gesamtlaufleistung sowie der Lebenserwartung durch einen Sachverständigen klären lassen.

Im Fall des OLG Hamm nahm der gerichtlich bestellte Sachverständige eine Gesamtlaufleistung zwischen 180.000 km und 200.000 km sowie eine Lebensdauer von 19 Jahren an. Das Gericht führte folgende Berechnung durch:

Formel

Anzurechnende Nutzung =

Kaufpreis x gefahrene km Kaufpreis x zurückgelegte Nutzungsdauer in Jahren

_______________________ + _____________________________________________

Erwartbare Laufleistung Erwartbare Lebensdauer in Jahren

______________________________________________________________________

2

Zur Veranschaulichung:

Beispiel

Eine Käuferin hat mit ihrem Wohnmobil (Kaufpreis: 56.490 Euro) innerhalb von drei Jahren 9.495 km zurückgelegt. Bei einer erwartbaren Laufleistung von 190.000 km und einer Lebensdauer von 19 Jahren ergibt sich folgende Berechnung:

Lösung: Die anzurechnende Nutzung beträgt 5.871,24 Euro.

Kunde kann Erstattung von Aufwendungen verlangen

Ist der Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt, hat Ihr Kunde als Käufer auch einen Anspruch gegen Sie als Verkäufer, und zwar auf Erstattung der Zahlungen für getätigte Zubehör- und Einbauteile aus den §§ 437 Nr. 3, 284 BGB.

Nach § 347 Abs. 2 S. 1 BGB sind nur notwendige Verwendungen ersatzfähig. Andere Aufwendungen sind nach § 347 Abs. 2 S. 2 BGB dann ersatzfähig, wenn Sie als Verkäufer bei Rückgabe der Sache durch die Aufwendungen bereichert sind.

Der zu leistende Aufwendungsersatz bemisst sich nach dem Verkehrswert zum Zeitpunkt der Rückgabe, also nicht zwingend nach dem damals gezahlten Kaufpreis.

Aufwendungen können jedoch nach den §§ 437 Nr. 3, 284 BGB auch ersatzfähig sein, ohne dass es auf Ihre Bereicherung als Verkäufer ankommt. Voraussetzung dafür ist, dass die Aufwendungen wegen des Mangels der Kaufsache ihren Zweck verfehlt haben. Das ist regelmäßig der Fall, wenn der Käufer den mangelhaften Kaufgegenstand im Zuge des Rücktritts zurückgibt. Als Verkäufer können Sie sich grundsätzlich nicht darauf berufen, dass Ihr Kunde die speziell für die Kaufsache angeschafften Zubehörteile nach deren Rückgabe anderweitig verwenden könnte (BGH, Urteil vom 20.07.2005, Az. VIII ZR 275/04, Abruf-Nr. 052182).

ASR liefert Formulierungsvorschlag für Rückabwicklung

Folgendes Grundmuster bietet sich bei einer Rückabwicklung an:

MusterFormulierung / Rückabwicklung Wohnmobil-Kaufvertrag

  • 1. Der Händler […] zahlt an den Kunden […] den Kaufpreis in Höhe von […] abzüglich des Nutzungswertersatzes in Höhe von […] Zug um Zug gegen Rückgabe und Rückübereignung des streitgegenständlichen Wohnmobiles […] mit der FIN […] nebst sämtlicher zu dem Wohnmobil gehörender Dokumente und Fahrzeugschlüssel.
  • 2. Der Kunde […] sichert zu, dass an dem Wohnmobil während seiner Besitzzeit keine Schäden eingetreten oder von ihm verursacht worden sind, insbesondere solche, welche von Seite des Händlers im Rahmen eines etwaigen Weiterverkaufs offenbart werden müssen.
  • 3. Die Abmeldung des Fahrzeugs erfolgt auf Veranlassung und Kosten des Händlers.
  • 4. Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit Erfüllung dieses Vergleiches sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem streitgegenständlichen Kaufvertrag abgegolten sind.

Praxistipp | Wenn Sie die Abmeldung nicht dem Kunden überlassen, erleichtert Ihnen dies die Abholung. Normalerweise ist der Ort der Rückabwicklung nämlich der Ort, an dem sich das Wohnmobil gerade befindet – und das ist meist der Wohnort des Kunden.

AUSGABE: ASR 11/2024, S. 7 · ID: 50202064

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