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BiopharmazeutikaWissenswertes zur Austauschbarkeit von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln
| Nach dem Willen der Krankenkassen sollen die teuren Original-Biopharmazeutika schon seit Längerem durch günstigere Biosimilars ersetzt werden. Da die Wirkstoffe jedoch nicht völlig identisch mit dem Originalwirkstoff sein können, wurde lange über eine Verpflichtung des Apothekers zum Austausch von Biologika diskutiert. Erste Schritte zu einer Verpflichtung von Apotheker und Arzt zur Verwendung von Biosimilars sind nun umgesetzt. |
Krankenkassen suchen nach Wegen zur Kostensenkung
Seit Jahren zeigt sich das gleiche Bild: Immer wieder warnen die Krankenkassen vor erheblichen Beitragssteigerungen, wenn nicht ausreichende Sparmaßnahmen – u. a. im Bereich der Arzneimittelversorgung – umgesetzt werden. Vor diesem Hintergrund versucht auch der Gesetzgeber, die rechtlichen Rahmenbedingungen im Sinne möglicher Einsparpotenziale zu gestalten. Davon betroffen sind auch Biopharmazeutika, d. h. Arzneimittel, die mithilfe der Biotechnologie oder gentechnisch veränderter Organismen hergestellt werden. Solche Arzneimittel sind in der Herstellung teuer, weil sie mit hohem technologischem Aufwand entwickelt werden. Dementsprechend stehen Biosimilars, also Nachahmerprodukte eines Biopharmazeutikums, im Fokus der Krankenkassen, wenn nach Möglichkeiten zur Kostenreduktion gesucht wird.
Da die Wirkstoffe jedoch nicht völlig identisch mit dem Originalwirkstoff sein können, gab es lange Zeit Diskussionen über eine Verpflichtung des Apothekers zum Austausch von Biologika. Eine wichtige Frage war dabei auch, ob die Umstellung vom Apotheker oder vom Arzt veranlasst werden muss.
Umstellung durch Apotheker oder Ärzte?
§ 40a der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) richtet sich zunächst an den verordnenden Arzt. Dieser wird in die Pflicht genommen, in den Fällen, in denen er einen Austausch durch Biosimilars für medizinisch vertretbar hält, entsprechende Umstellungen zu veranlassen. So soll bei der Verordnung von biotechnologisch hergestellten biologischen Arzneimitteln einer wirtschaftlichen Verordnungsweise insbesondere dadurch Rechnung getragen werden, dass Patienten durch den Arzt auf ein preisgünstiges Arzneimittel ein- bzw. umgestellt werden.
Zum 15.3.24 ist die Neuregelung des § 40b AM-RL in Kraft getreten. Damit werden nun auch die Apotheker in die Austauschpflicht einbezogen. Im Rahmen der Herstellung von parenteralen Zubereitungen, die biotechnologisch hergestellte Arzneimittel enthalten, sind die Apotheken nach den Vorgaben in § 40b AM-RL nunmehr verpflichtet, wirkstoffbezogen ein preisgünstiges Produkt auszuwählen, sofern die Austauschvoraussetzungen vorliegen.
Merke | Sofern ein austauschbares Arzneimittel existiert, für das ein Rabattvertrag mit der Krankenkasse vereinbart wurde, ist die Wirtschaftlichkeit zugunsten des Apothekers sichergestellt, sodass kein zusätzlicher Vergleich der Listenpreise erforderlich ist. Besteht hingegen kein Rabattvertrag, ist die Wirtschaftlichkeit anhand der Regelungen der Hilfstaxe zu beurteilen. |
Voraussetzungen für den Austausch
Nach den Vorgaben des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) durch § 40b Abs. 1 AM-RL ist eine wesentliche Voraussetzung für die Verpflichtung zum Austausch gegen ein preisgünstiges Produkt, dass die Anwendungsgebiete des verordneten Arzneimittels abgedeckt sind. Dementsprechend muss das für die parenterale Zubereitung verwendete Arzneimittel mindestens für die Anwendungsgebiete zugelassen sein, für die das vom Arzt verordnete Arzneimittel zugelassen ist.
Nach der Einschätzung des G-BA ist ein Austausch des verordneten Arzneimittels durch ein Biosimilar grundsätzlich möglich, wenn beide Arzneimittel mit Bezug auf ein identisches Referenzarzneimittel zugelassen sind.
Anlage VIIa der AM-RL als Grundlage für die Austauschentscheidung Praxistipp | Die Entscheidung, ob ein Austausch erfolgen darf, soll dem Apotheker durch die Anlage VIIa der AM-RL erleichtert werden. In der Anlage sind biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel als Referenzarzneimittel sowie hierzu im Wesentlichen gleiche biotechnologisch hergestellte biologische Arzneimittel aufgeführt. |
Darüber hinaus ist nach § 40b Abs. 1 AM-RL eine Übereinstimmung der Applikationsart erforderlich: Damit ein Austausch durch den Apotheker erfolgen kann, muss das für den Austausch vorgesehene Arzneimittel mindestens für die Applikationsarten zugelassen sein, für die das verordnete Arzneimittel zugelassen ist.
Möglichkeiten zur Verhinderung eines Austauschs
Wie beim Austausch von Fertigarzneimitteln, die unmittelbar abgegeben werden, hat der Arzt auch im Bereich der parenteralen Zubereitungen die Möglichkeit, einen Austausch zu untersagen. Sofern der Arzt den Austausch aus medizinisch-therapeutischen Gründen ablehnt, darf die Apotheke keinen solchen vornehmen.
Eine solche Möglichkeit wurde auch dem Apotheker patientenindividuell durch § 40b Abs. 4 AM-RL – entsprechend den pharmazeutischen Bedenken beim Austausch von Fertigarzneimitteln – eingeräumt. Soweit dem Apotheker z. B. bereits festgestellte Nebenwirkungen oder Unverträglichkeiten eines Biosimilars bekannt sind, ist er auch bei der Abgabe von parenteralen Zubereitungen berechtigt, unter Verweis auf diese Tatsache von einem Austausch abzusehen.
AUSGABE: AH 12/2024, S. 17 · ID: 50130432