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Betriebswirtschaftliche ApothekensteuerungWichtige Kennzahlen für Apotheken: Cashflow und (In)Solvenz

Abo-Inhalt21.11.2024900 Min. LesedauerVon Prof. Dr. Hendrik Schröder, Universität Duisburg-Essen

| Neben dem internen und dem externen Rechnungswesen gehört die Liquiditätsrechnung zu den weiteren Rechensystemen eines Unternehmens. Denn eines kann der Kaufmann aus den beiden erstgenannten Systemen nicht unmittelbar erkennen: wie viel liquide Mittel in einer Periode erwirtschaftet wurden. Dies erfasst der Cashflow. |

Inhaltsverzeichnis

Insolvenz

In diesem Zusammenhang bietet sich ein Blick auf das Thema Insolvenz an. Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob eine Apotheke von der eigenen Insolvenz bedroht ist, sondern auch darum, ob sie als Gläubiger von der Insolvenz Dritter bedroht ist. Als Beispiel sei hier die AvP Deutschland GmbH genannt, über deren Vermögen im Jahr 2020 das Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet wurde. Betroffen waren rund 3.200 Apotheken. Die ausstehenden Zahlungen von AvP führten bei einigen Apotheken zu existenzbedrohenden Zahlungsschwierigkeiten.

Nach der Insolvenzordnung (InsO) werden drei Formen der Insolvenz unterschieden.

Insolvenz wegen Überschuldung

Überschuldung liegt vor, wenn die Verbindlichkeiten eines Unternehmens höher sind als sein Vermögen. Die Überschuldung lässt sich erst feststellen, wenn eine Bilanz erstellt wird, i. d. R. am Ende eines Geschäftsjahrs. Wann eine insolvenzrechtlich relevante Überschuldung vorliegt, ergibt sich aus § 19 Abs. 2 S. 1 InsO.

§ 19 Abs. 2 S. 1 InsO

Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich.

Zum einen sind somit die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zu bewerten. Maßgeblich für die Bewertung der Vermögensgegenstände ist, was bei ihrer Veräußerung an Zahlungen zu erzielen wäre (Liquidationswert, Zerschlagungswert). Erfahrungsgemäß liegen diese Liquidationswerte häufig unter den in der Bilanz ausgewiesenen Buchwerten. Mit anderen Worten: Ein Unternehmen ist mehr wert, wenn es fortgeführt, als wenn es zerschlagen wird. Zum anderen ist zu prüfen, ob das Unternehmen seinen Zahlungsverpflichtungen in den nächsten zwölf Monaten nachkommen kann. Hier geht es um die Liquiditätsprognose, also den Cashflow. Die Insolvenz wegen Überschuldung ist für Apotheken selbst nicht relevant, da sie nur Kapitalgesellschaften betrifft. Sie ist für Apotheken aber dann von Bedeutung, wenn sie als Gläubiger von der Überschuldung Dritter bedroht sind (siehe Beispiel AvP). Für die Apotheken selbst sind die beiden anderen Formen von Insolvenz relevant.

Insolvenz wegen Zahlungsunfähigkeit

Nach § 17 Abs. 2 S. 1 InsO ist der Schuldner zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.

Insolvenz wegen drohender Zahlungsunfähigkeit

Nach § 18 Abs. 2 S. 1 InsO droht der Schuldner zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen.

Es geht also um liquide Mittel, es geht um den Cashflow.

Cashflow

Der Cashflow gibt die Differenz zwischen Ein- und Auszahlungen in einer Periode an. Bei Einzahlungen fließt der Apotheke Geld zu, bei Auszahlungen fließt Geld von der Apotheke ab. Weder der Jahresüberschuss (ermittelt durch das externe Rechnungswesen) noch das Betriebsergebnis (ermittelt durch das interne Rechnungswesen) sind i. d. R. identisch mit dem Cashflow. Dies liegt daran, dass im Rechnungswesen auch nicht zahlungswirksame Vorgänge erfasst werden. So sind z. B. Abschreibungen und Rückstellungen bei der Ermittlung des Jahresüberschusses nicht zahlungswirksam, d. h., es entsteht zwar ein Aufwand, aber keine Auszahlung. Noch weitreichender sind die nicht zahlungswirksamen Vorgänge im internen Rechnungswesen. Alle Zusatzkosten wie z. B. kalkulatorischer Unternehmerlohn, kalkulatorische Miete und kalkulatorische Zinsen auf das Eigenkapital sind zwar Kosten, aber keine Auszahlungen.

Berechnung des Cashflows

Es gibt zwei Wege, um den Cashflow zu berechnen:

Beispiel: Ermittlung des Cashflows über das Betriebsergebnis
  • Umsatz (als Zahlung bereits erhalten)

2.500.000 Euro

  • + Umsatz (als Zahlung noch nicht erhalten, Forderung)

500.000 Euro

  • = Umsatz (gesamt)

3.000.000 Euro

  • ./. Kosten für die Ware (bereits gezahlt)

2.000.000 Euro

  • ./. Kosten für die Ware (noch nicht bezahlt, Verbindlichkeit)

400.000 Euro

  • = Rohertrag

600.000 Euro

  • ./. Personalkosten (ohne Inhaber)

320.000 Euro

  • ./. Miete

70.000 Euro

  • ./. Werbung

60.000 Euro

  • ./. Abschreibungen

50.000 Euro

  • = Gewinn vor kalkulatorischen Kosten

100.000 Euro

  • ./. kalkulatorischer Unternehmerlohn

70.000 Euro

  • = Gewinn nach kalkulatorischen Kosten (Betriebsergebnis)

30.000 Euro

Zum Cashflow gelangt man über das Betriebsergebnis nun wie folgt: Nicht einzahlungswirksame Vorgänge sind zu subtrahieren, in diesem Fall die Forderungen in Höhe von 500.000 Euro. Als nicht auszahlungswirksame Vorgänge liegen Verbindlichkeiten (400.000 Euro), Abschreibungen (50.000 Euro) und kalkulatorische Kosten für den Unternehmer (70.000 Euro) vor. Sie sind zum Betriebsergebnis zu addieren. Der Cashflow beträgt damit 50.000 Euro. Er liegt damit unter dem Gewinn vor kalkulatorischen Kosten (100.000 Euro) und über dem Gewinn nach kalkulatorischen Kosten (30.000 Euro).

  • Ein erster Weg besteht darin, alle Vorgänge zu erfassen und zu saldieren, die mit einer Einzahlung oder Auszahlung verbunden sind. Verkäufe sind nur dann einzahlungswirksam, wenn tatsächlich Geld eingegangen ist. Forderungen gegen Dritte sind dagegen nicht einzahlungswirksam, da noch keine Einzahlung erfolgt ist. Die Zahlungen für Lohn, Miete und Bankzinsen sind auszahlungswirksam, Abschreibungen und Forderungen Dritter gegen das eigene Unternehmen (Verbindlichkeiten) dagegen nicht.
  • Ein zweiter Weg zur Berechnung des Cashflows geht von der Erfolgsrechnung aus, entweder vom Jahresüberschuss oder vom Betriebsgewinn:
    • Alle Vorgänge, die nicht oder noch nicht auszahlungswirksam sind, werden addiert.
    • Alle Vorgänge, die nicht oder noch nicht einzahlungswirksam sind, werden subtrahiert.

Aussagekraft des Cashflows

Zum einen erhält der Apotheker Informationen über die in einer Periode erwirtschafteten finanziellen Mittel. Diese liquiden Mittel können für Investitionen in die Apotheke, für Anlagen am Kapitalmarkt oder für den Abbau von Schulden verwendet werden. Diese Entscheidung ist Gegenstand der Investitionsrechnung.

Zum anderen ist der Cashflow ein Indikator, um die Bonität einer Apotheke zu beurteilen. Bei zu geringen bzw. fehlenden Barmitteln (Cash) kann sie auf eine Insolvenz wegen (drohender) Zahlungsunfähigkeit zusteuern. Das Kreditausfallrisiko der Kapitalgeber steigt, weitere Kredite werden verweigert oder mit einem Risikoaufschlag auf den Sollzins versehen. Ein hoher Cashflow zeigt die Unabhängigkeit der Apotheke von Kapitalgebern bzw. bei weiterem Bedarf an Fremdkapital eine hohe Bonität an.

Weiterführende Hinweise

AUSGABE: AH 12/2024, S. 6 · ID: 50129561

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