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CME-BeitragSchmerzwahrnehmung hat geschlechtsspezifische Aspekte
| Studien zeigen, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede in der Schmerzwahrnehmung gibt. Frauen scheinen schmerzempfindlicher als Männer zu sein und häufiger Schmerzen zu haben [1]. Das betrifft auch Schmerzen nach Schädigung der Nervi alveolaris inferior und lingualis [2]. |
Frauen und Männer reagieren unterschiedlich auf Schmerzen
In Studien konnte beobachtet werden, dass Frauen und Männer eine andere Schmerzempfindlichkeit haben und Frauen häufiger unter Schmerzerkrankungen leiden als Männer: Frauen besitzen eine höhere Schmerzempfindlichkeit und eine niedrigere Schmerzschwelle. Dies wird mit einzelnen biologischen (genetisch, anatomisch, physiologisch, neuronal und hormonell) und soziokulturellen Faktoren erklärt, die zudem miteinander agieren [1,3]. So wird z. B. angenommen, dass die Hormone Östrogen und Progesteron die Schmerzempfindlichkeit, aber auch die Schmerzverarbeitung beeinflussen. Bekannt ist auch, dass Frauen mit rotem Haar und blasser Haut anders auf bestimmte Schmerzhemmer reagieren als Männer mit diesem Phänotyp und Frauen ohne diesen Phänotyp – und das, obwohl die Genetik hinter dieser Erscheinung nicht auf einem Geschlechtschromosom liegt [1]. Zudem wurde nachgewiesen, dass Frauen häufiger mit der Schmerzlokalisation vom Ursprung abweichen als Männer [4].
Dentale Nervschädigung bei Frauen häufiger mit Schmerzen verbunden
Eine Studie mit Patienten, die eine nachweisliche Schädigung des N. alveolaris inferior und des N. lingualis aufwiesen, zeigte, dass Frauen dabei häufiger Schmerzen hatten als die betroffenen Männer [2]. In einer anderen Studie wurde beobachtet, dass Frauen mit einer Funktionsstörung des N. alveolaris inferior und des N. lingualis häufiger eine Überweisung in ein tertiäres Versorgungszentrum erhielten als Männer [5].
Bestimmte Schmerzreize wirken besonders stark
Das unterschiedliche Schmerzempfinden von Frauen und Männern wird insbesondere bei den Schmerzsensationen Druck und elektronische Stimulation deutlich [6]. Hier empfinden sie den Schmerz als höher und halten ihn auch weniger lange aus [1].
Fazit | Die Erkenntnis, dass Frauen eine andere Schmerzempfindlichkeit als Männer haben, sollte auch in die Bereiche Schmerztherapie, Prävention, Diagnose und Behandlung von Patienten einfließen. Ausdrücklich warnt die Deutsche Schmerzgesellschaft in diesem Zusammenhang davor, dass die Ergebnisse von Medikamentenstudien an Männern auch heute noch relativ oft auf Frauen übertragen werden und dass dieses das Risiko falscher Verschreibungsdosen und Unverträglichkeiten nach sich ziehen kann [1]. |
Das Wichtigste in Kürze |
Frauen haben aufgrund verschiedener Faktoren eine höhere Schmerzempfindlichkeit als Männer. Das gilt es insbesondere während der Behandlung und bei der Verschreibung von Medikamenten zu beachten. |
- [1] Deutsche Schmerzgesellschaft e.V. Schmerz bei Frauen und Männer. Abruf unter schmerzgesellschaft.de
- [2] Renton T, Adey-Viscuso D, Meechan JG, Yilmaz Z. Trigeminal nerve injuries in relation to the local anaesthesia in mandibular injections. Br Dent J. 2010 Nov;209(9):E15. doi.org/10.1038/sj.bdj.2010.978.
- [3] Geschlechtsspezifische Aspekte der Schmerzmedizin. Vortrag von PD Dr. Gudrun Goßrau (UniversitätsSchmerzCentrum, Universitätsklinikum Dresden) am 18.12.2023.
- [4] Hashemipour MA, Borna R. Incidence and characteristics of acute referred orofacial pain caused by a posterior single tooth pulpitis in an Iranian population. Pain Pract. 2014 Feb;14(2):151–7. doi.org/10.1111/papr.12034.
- [5] Pogrel MA, Thamby S. Permanent nerve involvement resulting from inferior alveolar nerve blocks. J Am Dent Assoc. 2000 Jul;131(7):901–7. doi.org/10.14219/jada.archive.2000.0308.
- [6] Chesterton LS, Barlas P, Foster NE, Baxter DG, Wright CC. Gender differences in pressure pain threshold in healthy humans. Pain. 2003 Feb;101(3):259–266. doi.org/10.1016/S0304-3959(02)00330-5.
AUSGABE: ZR 4/2024, S. 18 · ID: 49921493