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CME-BeitragFrauen haben mehr Karies, Männer mehr Parodontalerkrankungen
| Geschlechtsspezifische Faktoren und Verhaltensweisen spielen wohl eine wichtige Rolle bei der Prävalenz von Karies und Parodontalerkrankungen, aber auch andere Erkrankungen. Bei welchen Krankheitsbildern es eher Frauen und wann eher Männer trifft, war Gegenstand verschiedener Untersuchungen. |
Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache
Verschiedenen Studien zufolge haben Frauen eine höhere Prävalenz für Wurzelkanalbehandlungen, Männer dagegen für Wurzelkaries. Frauen haben häufiger Erkrankungen des CMD-Formenkreises und postoperative Schmerzen. Auch sind sie stärker betroffen von Autoimmunerkrankungen, rheumatischen Erkrankungen, Multipler Sklerose und Lupus. In der Regel nehmen Frauen außerdem mehr Medikamente und auch mehr rezeptfreie Medikamente als Männer ein [1].
Frauen haben häufiger Karies, Männer mehr Wurzelkaries
US-Wissenschaftler an Universitäten in South Jordan und Portland bestätigen in einer Übersichtsarbeit diese Prävalenzen [2]. Auf der Suche nach den Ursachen werden der frühere Zahndurchbruch bei Mädchen, der damit die Exposition gegenüber möglichen kariogenen Einflüssen erhöht, und hormonelle Einflüsse genannt, die sich negativ auf die Gesamtflussrate und biochemische Zusammensetzung des Speichels auswirken könnten. Darüber hinaus werden Variationen im Amelogenin-Gen angegeben, das auf dem X-Chromosom liegt. Eine Erklärung für die häufigere Wurzelkaries bei Männern ist das größere Risiko einer Gingivarezession; auch weil Männer in der Regel härtere Zahnbürsten verwenden und/oder härter putzen.
Männer haben deutlich häufiger Parodontalerkrankungen
Eine deutliche höhere Prävalenz für Parodontalerkrankungen liegt auf Männerseite vor [2]. Die Daten sprechen von 56,4 % versus 38,4 %. Auch hier gibt es verschiedene Erklärungsansätze: Es ist bekannt, dass Tabakkonsum das Risiko einer Parodontitis erhöht, gleichzeitig mehr Männer als Frauen rauchen und auch mehr E-Zigaretten konsumieren, die nachgewiesenermaßen die Entwicklung einer Parodontitis fördern. Eine insuffiziente Mundhygiene und Erkrankungen wie Diabetes und Arteriosklerose lassen das Parodontitisrisiko nochmals zusätzlich ansteigen. So konnte auch gezeigt werden, dass eine Raucherentwöhnung plus die Angewöhnung adäquater Mundhygienemaßnahmen Schwere und Häufigkeit einer Parodontitis deutlich sinken lassen [2]. Dass Frauen generell präventionsorientierter als Männer sind, tut sein Übriges dazu [1], wie sie auch durchschnittlich bessere Mundhygienegewohnheiten ausüben [2].
Forscher fanden auch heraus, dass Übergewicht und Fettleibigkeit mit einem erhöhten Risiko für das Fortschreiten parodontaler Erkrankungen bei Männern assoziiert sind [3].
Unterschiedliche Immunantwort bei Frauen und Männern
Ein weiterer Grund, warum Männer häufiger Parodontalerkrankungen als Frauen haben, scheint in der unterschiedlichen Immunantwort zu liegen. Diese liegt in den Sexualhormonen und X-chromosomalen Genen begründet und wirkt auch auf das orale Mikrobiom: Östrogen ist für die Verstärkung der Immunantwort verantwortlich, Testosteron wiederum unterdrückt diese [2].
Das Wichtigste in Kürze |
Mundhygiene und biologische Faktoren sind Gründe für die Unterschiede Frauen und Männer haben unterschiedliche Prävalenzen bezüglich intraoraler Erkrankungen. Während Frauen häufiger Karies haben als Männer, verhält es sich bei Parodontalerkrankungen und Wurzelkaries genau umgekehrt. Das kann insofern beeinflusst werden, indem geschlechtsspezifische Unterschiede hinsichtlich ihrer Verhaltensweisen und Mundhygiene mit geschlechterspezifischen Präventionskonzepten und Aufklärung die jeweils ungünstige vorgegebene genetische und biologische Situation etwas kompensieren können. |
- [1] Geibel M-A. Warum „Sex“ und „Orale Medizin“ zusammengehören. Vortrag auf dem 64. Bayerischen Zahnärztetag, 20.–21.10.2023.
- [2] Lipsky MS, Su S, Crespo CJ, Hung M. Men and Oral Health: A Review of Sex and Gender Differences. American Journal of Men‘s Health (Sage Journals). Volume 15, Issue 3, May-June 2021 doi.org/10.1177/15579883211016361.
- [3] Gorman A, Kaye EK, Apovian C, Fung TT, Nunn M, Garcia RI. Overweight and obesity predict time to periodontal disease progression in men. J Clin Periodontol. 2012 Feb;39(2):107–14. doi.org/10.1111/j.1600-051X.2011.01824.x.
AUSGABE: ZR 4/2024, S. 11 · ID: 49921491