FeedbackAbschluss-Umfrage
ZRZahnmedizinReport

CME-BeitragExperten formulieren Empfehlungen zur Unterstützung der Mundgesundheit Pflegebedürftiger

Abo-Inhalt22.03.20233399 Min. Lesedauer

| Im Jahr 1997 waren 24,8 Prozent der 65-bis 74-Jährigen in Deutschland zahnlos, 2016 lediglich 12,4 Prozent. Dieser Trend setzt sich fort – Forscher erwarten für das Jahr 2030 eine Zahnlosigkeit von nur 4,2 Prozent [1]. Das stellt insbesondere ältere Menschen und solche mit Demenz vor Herausforderungen, denn wenn gesundheitliche Einschränkungen zunehmen, ist es schwieriger, die Mundgesundheit zu erhalten. Eine interprofessionelle Expertengruppe unter Beteiligung von Pflege, Zahnmedizin und Selbsthilfe formulierte kürzlich Empfehlungen zur Förderung der Mundgesundheit von Menschen mit Unterstützungsbedarf. |

Mundgesundheit: wichtiger Bestandteil der Lebensqualität

Müheloses Kauen, Essen, deutliches Sprechen und Lächeln sind Zeichen der Lebensqualität, für die eine gute Mundgesundheit elementar ist. Bei Menschen mit Pflegebedarf ist die Mundgesundheit niedriger als bei jenen ohne Pflegebedarf. 4,1 Mio. Menschen, die auf Pflege angewiesen sind, und 7,9 Mio. mit schwerer Behinderung gibt es derzeit in Deutschland. Insbesondere für diese Gruppe ist es z. B. schwieriger, einen kombiniert festsitzend-herausnehmbaren Zahnersatz zu reinigen, als eine Totalprothese. Dieser enorme Unterstützungsbedarf motivierte eine Expertengruppe, die Mundgesundheit dieser Menschen mit gezielten Empfehlungen zu verbessern, auch mit dem Ziel, einen Standard zu etablieren. Nach Auswertung von Fachliteratur wurden allgemeine Grundlagen einer guten Mundpflege zusammengefasst und konkrete Empfehlungen für Helfer ausgearbeitet, die auch bei unkooperativem Verhalten Motivation und Akzeptanz für die Mundpflege erhöhen. Auch bei Pilzerkrankungen, Mukositis und Gingivitis sowie Mundtrockenheit und Schmerzen schlagen die Experten konkrete Schritte vor.

Assistierte Mundpflege: Erhöhen der Akzeptanz und Motivation

Die Reinigung der Zähne, des Zahnersatzes/Prothese, aber auch von Zunge, Lippen und Mundhöhle gehören zur Mundpflege. Bei Menschen mit Pflegebedarf kann es z. B. durch Erkrankungen zu unkooperativem Verhalten kommen. Dann kann die Akzeptanz der assistierten Mundpflege erhöht werden durch:

  • Zugang auf Augenhöhe, im visuellen Feld, lächelnd; einfache Kommunikation, Situation mit kleinen Komplimenten auflockern.
  • ruhige Umgebung/Privatsphäre schaffen, Hinweise zum Hintergrund der Interaktion geben (z. B. Waschbecken mit Mundpflege verbinden).
  • höfliche, respektvolle Kommunikation (keine Kindersprache!).
  • Autonomie achten, Selbstpflege anbieten, zu eigenständiger Tätigkeit motivieren (z. B. Anreichen der Zahnbürste statt Durchführung der Zahnpflege).
  • ggf. durch Singen oder Gespräche ablenken.
  • Mundpflege möglichst in aufrechter Position durchführen.

Spezielle Maßnahmen

Bei Kandidose, Entzündungen, Mundtrockenheit oder Schmerzen kann die allgemeine Mundpflege noch ergänzt werden.

  • Soor/Kandidose: mehrmals täglich Zähne putzen, Zahnersatz über Nacht trocken lagern, ggf. medizinische Therapie einleiten, wichtig: kein Chlorhexidin!
  • Mukositis: Mund mit Wasser oder 0,9%iger Kochsalzlösung spülen, ggf. Eiswürfel lutschen, mit alkoholfreier Benzydaminlösung spülen, Schmerzkontrolle: ergänzende Pflege in Absprache mit dem Arzt.
  • Gingivitis: zahnärztliche Behandlung.
  • Xerostomie: Schleimhäute mit Fenchel-, Pfefferminz-, Kamillen-, Salbeitee befeuchten, ggf. Kompressen nutzen, ausreichend Trinken, Eiswürfel lutschen, Borken sanft lösen (nicht abziehen!), Nebenwirkungen von Medikation beachten. [2]
Quellen
  • [1] Schwendicke F, Nitschke I, Stark H, Michaelis W, Jordan RA. Epidemiological trends, predictive factors, and projection of tooth loss in Germany 1997-2030: part II. Edentulism in seniors. Clin Oral Investig 2020; 24(11):3997–4003, doi.org/10.1007/s00784-020-03265-w.
  • [2] Sirsch E, Ludwig E, Müller K, Blumenberg P, Nitschke I, Büscher A. Förderung der Mundgesundheit in der Pflege – ein interprofessioneller Expertenstandard [Promotion of oral health in nursing – An interprofessional expert standard]. Z Gerontol Geriatr 2022, 55(3):204–209, doi.org/10.1007/s00391-022-02053-3.

AUSGABE: ZR 4/2023, S. 12 · ID: 49225215

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2023

Bildrechte