FeedbackAbschluss-Umfrage
ZRZahnmedizinReport

CME-BeitragAltersbedingte Mundtrockenheit – wenn der Speichel versiegt

Abo-Inhalt22.03.20233391 Min. Lesedauer

| Speichel ist eine einzigartige Flüssigkeit, deren Bedeutung dann voll zum Tragen kommt, wenn sie fehlt. Der folgende Beitrag beleuchtet Ursachen, Folgen und Hilfestellungen von und bei Mundtrockenheit. |

Hauptursache von Hyposalivation: Medikamenteneinnahme

Die Hyposalivation ist bei älteren Menschen ein weit verbreitetes Problem. Ca. ein Drittel der über 60-Jährigen (33,4 Prozent) sind laut einer Studie weltweit davon betroffen [1]. Auslöser sind

  • im Wesentlichen Medikamente wie Antihypertonika und Psychopharmaka.
  • Daneben leiden Patienten nach Bestrahlung im Kopf-Hals-Bereich an Mundtrockenheit. Weitere Ursachen sind
  • das Sjögren-Syndrom,
  • Diabetes,
  • Mundatmung oder
  • eine allgemeine Dehydratation, die bei älteren Menschen aufgrund des fehlenden Durstgefühls häufig vorkommen kann.

Abgrenzung Hyposalivation, Xerostomie und Dehydratation

Xerostomie, Dehydratation und Hyposalivation hängen häufig zusammen, sollten aber diagnostisch voneinander getrennt werden [2]:

  • Von einer Hyposalivation spricht man bei vermindertem Speichelfluss von etwa einem Drittel der normalen Speichelsekretion. Im Falle des unstimulierten Speichels sind das weniger als 0,1 ml pro Minute, beim stimulierten Speichel weniger als 0,7 ml pro Minute.
  • Der Begriff Xerostomie beschreibt ein subjektives, unangenehmes Empfinden von Mundtrockenheit, auch unabhängig vom Speichelfluss.
  • Eine Dehydratation ist eine wichtige Differenzialdiagnose zur Hyposalivation bei älteren (pflegebedürftigen) Menschen. Es imponieren dabei trockene Haut, Schleimhäute und Augen daneben Müdigkeit, Apathie bis hin zu Pseudo-Demenz.

Wie kann eine Hyposalivation erkannt werden?

In der Zahnarztpraxis wird selten die Speichelfließrate gemessen, doch auch äußerliche Anzeichen deuten auf eine Mundtrockenheit hin, z. B. trockene, spröde Lippen und Mundwinkelentzündungen (Cheilitis angularis). Intraoral fallen blasse, dünne Schleimhäute auf, an denen der zahnärztliche Spiegel „klebt“. Die Zunge hat ggf. Risse oder zeigt sich lappig, zudem liegt häufig eine Candidiasis an Schleimhäuten und/oder der Zunge vor. Die Zähne erscheinen glanzlos und sind vermehrt von Karies, Erosionen und Schmelzfrakturen betroffen, letztere zeigen sich eher bei Austrocknung der Zähne [2].

Folgen für Mundgesundheit und Lebensqualität

Bleibt aufgrund der Mundtrockenheit die befeuchtende, beschichtende und remineralisierende Schutzwirkung des Speichels aus, fällt es betroffenen Patienten zunehmend schwerer, zu schlucken, zu sprechen und zu kauen. Die Schleimhäute werden in der Folge empfindlicher, was bis dahin führen kann, dass Betroffene eine Prothesenintoleranz aufgrund der Reibung auf den Schleimhäuten entwickeln. Schlussendlich kann die Mundtrockenheit auch zum Geschmacksverlust führen [2].

Es liegt auf der Hand, dass solche Einschränkungen einen erheblichen Einfluss auf die mundgesundheitsbezogene Lebensqualität haben, wie eine britische Untersuchung gezeigt hat [3]. Die qualitative Studie hat das ganze Spektrum der Beeinträchtigungen systematisch untersucht und Statements betroffener Patienten mit aufgenommen. Die meisten klagten über

  • Schmerzen, daneben über
  • physiologische und psychologische Handicaps und schließlich auch über
  • soziale Einschränkungen

im Zusammenhang mit der Mundtrockenheit, wenn es beispielsweise darum geht, bestimmte Worte nicht richtig auszusprechen zu können.

Mundtrockenheit: Was hilft?

Abhilfe bei Mundtrockenheit schafft in erster Linie das ausreichende Trinken, am besten häufige, kleine Schlucke Wasser über den Tag verteilt. Daneben kann der Speichel mit kauintensiver Nahrung, Kaugummis oder zuckerfreien Bonbons stimuliert werden. Speisen sollten gut gewürzt, aber nicht zu sauer oder zu scharf sein. Auch einseitiges Kauen stimuliert den Speichelfluss. Kauhilfen mit texturierter Oberfläche aus Silikon (z. B. Chewy Tubes) – ursprünglich für Kinder mit Autismus oder ADHS entwickelt – können älteren Menschen helfen, die Kaumuskelaktivität zu steigern und so den Speichelfluss anzuregen. Daneben sind Mundspüllösungen oder Sprays auf Ölbasis gut geeignet, um die Schleimhäute zu benetzen. Für die Nacht sind Gele sinnvoll. Sie können das Durchschlafen fördern, denn nicht selten wachen Betroffene mehrmals in der Nacht aufgrund des trockenen Mundes auf [2].

Quellen & weiterführende Hinweise
  • [1] Pina GMS, Mota Carvalho R, Silva BSF, Almeida FT. Prevalence of hyposalivation in older people: A systematic review and meta-analysis. Gerodontology. 2020 Dec;37(4):317–331. doi.org/10.1111/ger.12497.
  • [2] Vortrag Professorin Dr. Dr. hc Frauke Müller, Genf: „Besonderheiten bei der Behandlung alter und sehr alter Patienten“ beim Winterfortbildungskongress der Zahnärztekammer Niedersachsen (ZKN) vom 02.–04.02.2023 (online)
  • [3] Gibson B, Periyakaruppiah K, Thornhill MH, Baker SR, Robinson PG. Measuring the symptomatic, physical, emotional and social impacts of dry mouth: A qualitative study. Gerodontology. 2020 Jun;37(2):132–142. doi.org/10.1111/ger.12433.
  • Ölziehen bei medikamenteninduzierter Xerostomie empfohlen (ZR 08/2022, Seite 3)
  • Bestrahlungspatienten brauchen eine interdisziplinäre Betreuung (ZR 08/2022, Seite 6)
  • Medikamente verursachen Geschmacksstörungen u. Mundtrockenheit (ZR 01/2020, Seite 1)
  • Ernüchternde Resultate für zwei Xerostomie-Gele (ZR 06/2019, Seite 19)

AUSGABE: ZR 4/2023, S. 10 · ID: 49225212

Favorit
Teilen
Drucken
Zitieren

Beitrag teilen

Hinweis: Abo oder Tagespass benötigt

Link
E-Mail
X
LinkedIn
Xing
Loading...
Loading...
Loading...
Heft-Reader
2023

Bildrechte