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EnergieerzeugungPhotovoltaik-Anlagen: So profitieren Vermittler von den steuerlichen Neuregelungen
| Aufgrund der gestiegenen Strompreise überlegen mehr und mehr Versicherungsvermittler, auf ihrem Betriebsgebäude eine Photovoltaik-Anlage (kurz: PV-Anlage) zu installieren. Während das bisher zu diversen steuerlichen Problemen führte, können Vermittler nun von praxistauglichen Neuerungen profitieren. Denn durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde die steuerliche Behandlung reformiert. VVP beleuchtet, was nun gilt und wie Sie von den steuerlichen Neuregelungen profitieren. |
Inhaltsverzeichnis
Einkommensbesteuerung bei PV-Anlagen
Bei der einkommensteuerlichen Behandlung von PV-Anlagen gibt es Neuerungen, die für Maklerunternehmen und Agenturen attraktiv sind.
So hat sich die Besteuerung bisher dargestellt
Haben Sie bisher auf Ihrem Betriebsgebäude eine PV-Anlage installiert und den erzeugten Strom sowohl ins Stromnetz eingespeist als auch innerhalb des Vermittlerbetriebs für betriebliche Zwecke verbraucht, so handelte es sich um zwei getrennte Gewerbebetriebe. Den ersten Gewerbebetrieb bildete der Vermittlerbetrieb, den zweiten Gewerbebetrieb die PV-Anlage. Damit mussten Sie zwei Gewinnermittlungen erstellen und den jeweiligen Gewinn versteuern – vorausgesetzt es lag jeweils eine Gewinnerzielungsabsicht vor.
Zwar konnte für viele PV-Anlagen auf Grundlage des BMF-Schreibens vom 29.10.2021 ein Antrag auf Liebhaberei gestellt und dadurch die Besteuerung des Gewinns vermieden werden. Für PV-Anlagen, deren Strom auch für betriebliche Zwecke (Vermittlerbetrieb) verwendet wird, galt das Wahlrecht jedoch nicht.
Das Problem in der Praxis war neben der Erstellung zweier Gewinnermittlungen (höhere Steuerberatungsgebühren) und der Versteuerung beider Gewinne (höhere Steuerbelastung) jedoch noch ein anderes: Da der vor der PV-Anlage erzeugte Strom zum Teil durch den Vermittlerbetrieb verbraucht wird, musste auf Ebene der Gewinnermittlung der PV-Anlage eine gewinner- höhende Entnahme erfasst werden. Jede erzeugte und im Vermittlerbetrieb verbrauchte Kilowattstunden Strom musste deshalb gewinnerhöhend mit dem Teilwert angesetzt werden. Parallel berechtigte diese Entnahme in Form einer Einlage bei der Gewinnermittlung für den Vermittlerbetrieb zum Betriebsausgabenabzug. In der Summe ergab sich dadurch zwar lediglich eine Gewinnverschiebung, jedoch war Ihr Verwaltungsaufwand groß.
Während die von der PV-Anlage erzeugte und innerhalb des Vermittlerbetriebs verbrauchte Strommenge verhältnismäßig einfach anhand eines gesonderten Zählers ermittelt werden konnte, bot die Bewertung des Stroms zum Teilwert Schwierigkeiten. Denn hierfür standen drei verschiedene Methoden zur Verfügung:
Beispiel zur bisherigen steuerlichen Beurteilung |
Gewinnverschiebung aus der Vergangenheit ... Versicherungsvermittler V betreibt seinen Betrieb in einem ihm gehörenden Gebäude. Der Gewinn für 2021 betrug 80.000 Euro. Auf dem Dach hatte er eine PV-Anlage mit 14 kWp installiert und der Gewinn der PV-Anlage betrug 1.000 Euro. Der von der PV-Anlage erzeugte und innerhalb des Vermittlerbetriebs verbrauchte Strom war noch mit einem Teilwert von 2.000 Euro anzusetzen. Lösung: Der Gewinn der PV-Anlage war um die Entnahme zu erhöhen. Deshalb waren nicht 1.000 Euro, sondern 3.000 Euro zu versteuern. Parallel war der Strom zum Teilwert beim Vermittlerbetrieb als Betriebsausgabe abzugsfähig (Einlage). Der Gewinn dort reduzierte sich von 80.000 Euro auf 78.000 Euro. In der Summe war ein Gesamtgewinn von 81.000 Euro zu versteuern (Gewinnverschiebung). |
- 1. Progressive Methode (anteilige Herstellungskosten je kWh; also Gesamtkosten PV-Anlage geteilt durch erzeugte Leistung = Ansatz je kWh)Drei verschiedene Methoden zur Bewertung des Stroms zum Teilwert
- 2. Retrograde Methode (Rückrechnung aus dem Marktpreis, indem z. B. der bundesweit durchschnittliche Strompreis je kWh abzgl. eines kalkulatorischen Gewinnaufschlags von 20 Prozent angesetzt wird)
- 3. Vereinfachungsregelung (Ansatz jeder kWh mit 0,20 Euro)
Rückwirkende Neuregelung ab dem Jahr 2022
Dieses Prozedere der Gewinnverschiebung ändert sich rückwirkend ab dem Jahr 2022 in den meisten Fällen. Denn durch das Jahressteuergesetz 2022 ist mit § 3 Nr. 72 EStG rückwirkend zum 01.01.2022 eine umfangreiche Steuerbefreiung für nahezu alle PV-Anlagen in das EStG eingezogen.
Diese Steuerbefreiung greift unabhängig von der Stromnutzung und der Frage danach, ob eine Gewinnerzielungsabsicht besteht. Ihre Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb einer PV-Anlage auf dem Gebäude des Vermittlerbetriebs sind deshalb steuerfrei, wenn die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage laut Marktstammdatenregister maximal 15 kWp beträgt. Befinden sich in dem Gebäude neben dem Vermittlerbetrieb noch weitere Wohn- oder Gewerbeeinheiten, so vervielfältigt sich der Betrag von 15 kWp um die Anzahl der vorhandenen Wohn- und Gewerbeeinheiten. Bei einem Objekt mit fünf Einheiten darf die installierte Leistung daher max. 75 kWp betragen, damit die neue – in § 3 Nr. 72 EStG verankerte – Steuerbefreiung greift.
Wichtig | Diese neue Steuerbefreiung gilt bereits rückwirkend ab dem Jahr 2022 und ist nicht als Wahlrecht ausgestaltet. Liegen die Voraussetzungen vor, ist der Betrieb der PV-Anlage rückwirkend ab 2022 steuerfrei. Zudem gilt die Steuerbefreiung nicht nur für neue PV-Anlagen, sondern auch für uralte Bestandsanlagen. Auch wenn Ihre PV-Anlage beispielsweise im Jahr 2010 ans Netz ging und seitdem nur Gewinne erzielte, so müssen Sie diese ab dem Jahr 2022 verpflichtend nicht mehr versteuern.
Beispiel zur neuen rückwirkend ab 2022 geltenden Regelung |
Vermittler V mit Betrieb im eigenen Gebäude hat 2022 einen Gewinn von 80.000 Euro. Auf dem Dach hat er eine PV-Anlage mit 14 kWp installiert, der Gewinn der PV-Anlage beträgt 1.000 Euro. Der von der PV-Anlage erzeugte und innerhalb des Betriebs verbrauchte Strom ist noch mit einem Teilwert von 2.000 Euro anzusetzen. Lösung: Der Gewinn der PV-Anlage ist um die Entnahme zu erhöhen und beträgt 3.000 Euro. Parallel ist der Gewinn des Vermittlerbetriebs entsprechend auf 78.000 Euro zu mindern. Jedoch ist der Betrieb der PV-Anlage nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei, da die Grenze von 15 kWp je Einheit eingehalten wird. Deshalb ist ab dem Jahr 2022 nicht wie bisher der volle Gesamtgewinn von 81.000 Euro, sondern lediglich der auf den Vermittlerbetrieb entfallende Gewinn von 78.000 Euro zu versteuern. Bei einem Steuersatz von 40 Prozent bedeutet das eine jährliche Steuerersparnis von 1.200 Euro (3.000 Euro x 40 Prozent). |
Wichtig | Da der Betrieb der PV-Anlage nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei ist, haben Sie konsequenterweise gemäß § 3c Abs. 1 EStG auch keine Möglichkeit für den Abzug von Betriebsausgaben. Deshalb müssen Sie für alle unter § 3 Nr. 72 EStG fallenden PV-Anlagen ab 2022 auch keine Gewinnermittlung mehr aufstellen. Vorteil: Ihre Steuerberatungsgebühren fallen geringer aus.
Umsatzbesteuerung bei PV-Anlagen
Auch hinsichtlich der Umsatzsteuer gibt es bei PV-Anlagen Änderungen.
So wurden PV-Anlagen bisher umsatzsteuerlich gehandhabt
Zunächst einmal war hier im Gegensatz zur einkommensteuerlichen Beurteilung zu beachten, dass ein Unternehmer nur ein einheitliches Unternehmen haben kann. Ihr Vermittlerbetrieb und die PV-Anlage stellten daher für Zwecke der Umsatzsteuer ein einheitliches Unternehmen dar.
Das barg Probleme: Der von der PV-Anlage erzeugte und in das Energienetz des Netzbetreibers eingespeiste Strom unterlag als umsatzsteuerbare und steuerpflichtige Lieferung der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz von 19 Prozent. Hingegen waren die aus Ihrem Vermittlerbetrieb erbrachten Leistungen regelmäßig nach § 4 Nr. 11 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Das bedeutete, dass Sie aufgrund der PV-Anlage – im Zweifel erstmals – mit umsatzsteuerlichen Problematiken konfrontiert waren und beispielsweise Umsatzsteuervor- und Jahresanmeldungen abzugeben hatten.
Weiterhin waren Sie zum Teil mit der Umsatzsteuer aus dem Erwerb der PV-Anlage belastet. Zwar stand Ihnen grundsätzlich aus dem Erwerb gemäß § 15 Abs. 1 UStG der volle Vorsteuerabzug zu. Dieser war jedoch nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG insoweit ausgeschlossen, wie die Umsätze der PV-Anlage mit den umsatzsteuerfreien Umsätzen aus Ihrem Vermittlerbetrieb in Zusammenhang standen. Konkret war Ihnen in dem prozentualen Umfang, wie der Strom der PV-Anlage im Vermittlerbetrieb genutzt wurde, ein Vorsteuerabzug nicht möglich. Damit wurde die an den Installateur oder Lieferanten der PV-Anlage gezahlte Umsatzsteuer insoweit für Sie zu einer effektiven Belastung.
Zudem konnte es sein, dass der prozentuale Anteil des im Vermittlerbetrieb verbrauchten Stroms von Jahr zu Jahr im Vergleich zu den Verhältnissen des ersten Jahres schwankte. Dann konnte es zu einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG kommen. Der Berichtigungszeitraum betrug für normale PV-Anlagen fünf und für dachintegrierte PV-Anlagen zehn Jahre. Stieg der in Ihrem Betrieb verbrauchte Stromanteil, war ein Teil der zuvor erhaltenen Vorsteuer ans Finanzamt zurückzuzahlen. Reduzierte sich der Stromanteil, erstattete das Finanzamt zusätzlich einen Teil der Umsatzsteuer.
Beispiel |
... zu Steuer-
erstattungen oder -nachforderungen führen Versicherungsvermittler V betreibt einen Vermittlerbetrieb in eigenen Räumlichkeiten. Im Jahr 2022 installierte er auf dem Dach des Gebäudes eine PV-Anlage mit 14 kWp für 10.000 Euro zzgl. 1.900 Euro Umsatzsteuer. Der erzeugte Strom wurde zu 25 Prozent in das Stromnetz eingespeist und zu 75 Prozent im Vermittlerbetrieb verbraucht. Von dem Netzbetreiber erhielt er für die Einspeisung 119 Euro (netto 100 Euro + 19 Prozent Umsatzsteuer). Lösung: Während die Umsätze als Versicherungsvermittler umsatzsteuerfrei waren, unterlag die Einspeisevergütung von netto 100 Euro der Umsatzsteuer. V musste damit 19 Euro Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Parallel stand ihm ein einmaliger Vorsteuerabzug in Höhe von 475 Euro zu (1.900 Euro x 25 Prozent). Die restliche gezahlte Umsatzsteuer von 1.425 Euro (75 Prozent) war nicht abzugsfähig und führte damit zu einer effektiven Belastung. |
Wichtig | Zwar konnten Sie unter den Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 UStG auch die Kleinunternehmerregelung anwenden und so die Umsatzbesteuerung der Einspeisungen mit den damit zusammenhängenden Verpflichtungen umgehen. Allerdings reduzierte sich dann auch die Einspeisevergütung um 19/119, und es ging der Vorsteuerabzug von 475 Euro verloren. Daher war regelmäßig eine Option zur Regelbesteuerung zu empfehlen.
Neuregelung für ab dem 01.01.2023 installierte Anlagen
Durch das Jahressteuergesetz 2022 wurde mit § 12 Abs. 3 UStG ein komplett neuer Steuersatz von 0 Prozent geschaffen. Dieser gilt ab dem 01.01.2023 für
- 1. die Lieferung, den innergemeinschaftlichen Erwerb und die Einfuhr von Solarmodulen an den Betreiber einer PV-Anlage, einschließlich der für den Betrieb einer PV-Anlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern,
- 2. die Installation von PV-Anlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die PV-Anlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.
Wichtig | Durch § 12 Abs. 3 UStG reduziert sich die beim Erwerb der PV-Anlage anfallende Umsatzsteuer von bisher 19 Prozent auf null Prozent. Hingegen unterliegt die Stromeinspeisung wie bisher der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz. Da es sich nicht um eine Steuerbefreiung handelt, ist der Lieferant der PV-Anlage weiter zum Vorsteuerabzug berechtigt. Daher dürften sich die Preise für neue, ab dem 01.01.2023 gelieferte, PV-Anlagen um 19/119 reduzieren (Anteil Umsatzsteuer).
Grundsätzlich wären Sie als Vermittler von dieser Neuregelung nicht betroffen, weil der Vermittlerbetrieb weder eine Wohnung noch eine dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit darstellt. Allerdings bestimmt § 12 Abs. 3 Nr. 1 S. 2 UStG, dass die Voraussetzungen für den neuen Nullsteuersatz pauschal auch immer dann als erfüllt gelten, wenn die installierte Bruttoleistung der PV-Anlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kWp beträgt oder betragen wird. Der Vorteil dieser Änderung für Sie ist erklecklich: Aufgrund der entfallenden Umsatzsteuer kann keine nicht als Vorsteuer abzugsfähige Umsatzsteuer mehr zu einer Belastung führen. Parallel ist es auch nicht mehr erforderlich, für Zwecke des (nun nicht mehr vorhandenen) Vorsteuerabzugs weg von der Kleinunternehmerregelung und hin zur Regelbesteuerung zu optieren. Vielmehr können Sie wie bisher auch die Kleinunternehmerregelung nutzen und müssen keine umsatzsteuerlichen Verpflichtungen wegen der PV-Anlage erfüllen.
Beispiel |
... und können Kleinunternehmerregelung nutzen Versicherungsvermittler V betreibt einen Vermittlerbetrieb in eigenen Räumlichkeiten. Im Jahr 2023 installiert er auf dem Dach eine PV-Anlage mit 14 kWp für 10.000 Euro zzgl. null Euro Umsatzsteuer. Der Strom wird voraussichtlich zu 25 Prozent in das Stromnetz eingespeist und zu 75 Prozent im Vermittlerbetrieb verbraucht. Vom Netzbetreiber erhält er für die Einspeisung 119 Euro. Lösung: Während die Umsätze als Versicherungsvermittler umsatzsteuerfrei sind, unterliegt die Einspeisevergütung grundsätzlich der Umsatzsteuer. Ein Vorsteuerabzug kann sich hingegen nicht ergeben, da beim Erwerb der Anlage keine Umsatzsteuer angefallen ist. V müsste deshalb Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen und umsatzsteuerliche Pflichten erfüllen, würde im Gegenzug aber keinen Vorsteuerabzug erhalten. V sollte die Kleinunternehmerregelung (§ 19 Abs. 1 UStG) in Anspruch nehmen, um eine Besteuerung zu umgehen und die umsatzsteuerlichen Pflichten zu vermeiden. Im Zusammenspiel mit dem neuen § 3 Nr. 72 EStG wird so zudem erreicht, dass die PV-Anlage vollkommen ohne steuerliche Verpflichtungen betrieben wird. |
Wichtig | Diese Neuregelung bei der Umsatzsteuer gilt nur für ab dem 01.01.2023 installierte PV-Anlagen. Der Erwerb von PV-Anlagen vor dem 01.01.2023 unterlag noch der Umsatzsteuer zu 19 Prozent, sodass bei diesen Anlagen eine Option zur Regelbesteuerung wegen des Vorsteuerabzugs weiter sinnvoll ist. Hier sollten Sie die Kleinunternehmerregelung erst dann wieder anwenden, wenn der Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG (Aufdachanlagen fünf volle Kalenderjahre, dachintegrierte Anlage zehn volle Kalenderjahre) ausgelaufen ist.
PV-Anlagen steuer-lich unbürokratisch Fazit | Der Betrieb einer PV-Anlage war für Sie steuerlich noch nie so einfach und unbürokratisch möglich wie für ab dem 01.01.2023 installierte Anlagen. |
AUSGABE: VVP 2/2023, S. 13 · ID: 48980646