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VersicherungsrechtAktuelles aus dem Versicherungsrecht von A bis Z
| Jeden Monat entscheiden deutsche Gerichte Hunderte von Streitigkeiten zwischen Versicherern und Versicherungsnehmern (VN). Hier finden Sie die Quintessenz der wichtigsten Urteile und Beschlüsse von A bis Z – sortiert nach Personen- und Sachversicherung. |
Übersicht / Aktuelle Entscheidungen zur Personenversicherung |
Berufsunfähigkeitszusatzversicherung |
Befristete anderweitige Tätigkeit ist nicht prägende Tätigkeit War die VN einer Berufsunfähigkeitsversicherung nach Zeiten des Mutterschutzes zunächst nicht auf ihren angestammten Arbeitsplatz als Pförtnerin an einer Ein- und Ausgangswaage zurückgekehrt, sondern innerhalb des Betriebs für einen von vornherein befristeten Zeitraum auf einer für sie geschaffenen Stelle im Innendienst tätig, so ist diese vorübergehende Tätigkeit nicht geeignet gewesen, ihre Lebensstellung dergestalt zu prägen, dass diese für die Beurteilung einer kurz darauf angemeldeten Berufsunfähigkeit zugrunde gelegt werden könnte; vielmehr bleibt insoweit ihre „Stammtätigkeit“ als ihr „eigentlicher Beruf“ maßgeblich (OLG Saarbrücken, Urteil vom 07.07.2021, Az. 5 U 17/19, Abruf-Nr. 225012). |
Krankenversicherung |
BGH: Versicherer darf bei Zahlungsverzug des VN mit rückständigen Prämienforderungen aufrechnen Der private Krankenversicherer ist nach § 394 S. 2 BGB berechtigt, mit rückständigen Prämienforderungen aus einer Krankheitskostenversicherung gegen Krankentagegeldansprüche des VN aufzurechnen (BGH, Urteil vom 29.09.2021, Az. IV ZR 99/20, Abruf-Nr. 225539). |
Beitragsanpassung in einem ausschließlich der Beitragsentlastung im Alter dienenden Tarif Ist ein Beitragsentlastungstarif in der privaten Krankenversicherung akzessorisch zu einer Hauptversicherung, bei welcher das ordentliche Kündigungsrecht des Versicherers gesetzlich oder vertraglich ausgeschlossen ist, so richtet sich eine Beitragsanpassung im Beitragsentlastungstarif nach § 203 Abs. 2 VVG, § 155 VAG. In den Versicherungs- oder Tarifbedingungen enthaltene Beitragsanpassungsklauseln, die von den Vorgaben der § 203 Abs. 2 VVG, § 155 VAG abweichende Voraussetzungen für eine Beitragsanpassung in einem Beitragsentlastungstarif vorsehen (hier: Einführung einer neuen Sterbetafel in der Pflegepflichtversicherung ohne Notwendigkeit der Überschreitung eines Schwellenwerts), sind nach § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Erhöhungen sind nicht wirksam geworden (OLG Celle, Urteil vom 13.01.2022, Az. 8 U 134/21, Abruf-Nr. 227811). |
Nachsorge bildet mit der Akutbehandlung einen Versicherungsfall Erfordert eine akute Parodontosebehandlung aufgrund der Schwere der Grunderkrankung eine engmaschige Nachsorge durch regelmäßige Erhebung des Parodontosestatus, bilden Akut- und Nachsorgebehandlung einen einheitlichen Versicherungsfall in der privaten Krankenversicherung. Der Versicherungsfall wird nicht dadurch beendet, dass die medizinisch gebotene Nachsorgebehandlung in medizinisch nicht vertretbarer Weise unterbleibt (OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 27.10.2021, Az. 7 U 70/20, Abruf-Nr. 226319). |
Rückforderung von Krankentagegeld kann treuwidrig sein Hat ein Krankentagegeldversicherer zunächst vorbehaltlos Leistungen erbracht und diese dann nach einer Begutachtung des VN wegen hierbei festgestellter Berufsunfähigkeit eingestellt, kann eine Rückforderung der Leistungen im Nachhinein aufgrund der seinerzeit nicht vorliegenden bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit gegen Treu und Glauben verstoßen (OLG Saarbrücken, Urteil vom 16.06.2021, Az. 5 U 57/20, Abruf-Nr. 224130). |
Lebensversicherung |
Bezugsrechtsbestimmung: Wahlklausel unterliegt nicht der AGB-Kontrolle Lässt ein Antragsformular für eine Risikolebensversicherung dem VN die freie Wahl, ob und wie er eine Begünstigungserklärung hinsichtlich des Bezugsrechts einer namentlich zu bezeichnenden Person vornimmt, unterliegt die in dem Vordruck enthaltene Wahlklausel nicht der AGB-Kontrolle. Denn erst die individuelle Ergänzung des Vordrucks durch den VN legt deren wesentlichen Inhalt fest (OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 03.11.2021, Az. 7 U 74/20, Abruf-Nr. 227061). |
Nach Auszahlung kann Leistungshöhe nicht herabgesetzt werden Mangels entsprechender – vertraglicher oder gesetzlicher – Änderungsbefugnis kann ein Lebensversicherer nicht die Höhe der künftigen Leistungen aus einem Rentenversicherungsvertrag einseitig unter Verrechnung mit seinem (vermeintlichen) Rückforderungsanspruch herabsetzen, wenn er den Rückkaufwert irrtümlich ausgezahlt hat (OLG Saarbrücken, Urteil 16.07.2021, Az. 5 U 2/21, Abruf-Nr. 225013). |
Übersicht / Aktuelle Entscheidungen zur Sachversicherung |
Kfz-Versicherung |
BGH: Keine Kombination fiktiver und konkreter Schadensberechnung
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Versicherer reagiert auf mehrmalige Zahlungsaufforderungen nicht – Anlass zur Klage Ein Haftpflichtversicherer gibt bei Schadenersatzansprüchen nach einem Verkehrsunfall Veranlassung zur Klage, wenn er auf mehrere vorprozessuale Zahlungsaufforderungen des Geschädigten nicht reagiert. Auf die Frage einer angemessenen Prüfungsfrist für den Versicherer kommt es bei einer fehlenden Reaktion nicht an (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 01.12.2021, Az. 9 W 35/21, Abruf-Nr. 227204). |
Reparaturkosten: Geschädigter kann Offenlegung der Subunternehmerrechnung nicht verlangen Mangels Rechtsbeziehung zwischen dem Geschädigten und dem Subunternehmer hat der Geschädigte gegen den Subunternehmer keinen Anspruch auf Offenlegung der Reparaturkosten-Rechnung. Auch aus dem Werkvertrag mit der beauftragten Fachwerkstatt kann der Geschädigte die Offenlegung der Fremdleistungsvereinbarung mit dem Subunternehmer regelmäßig nicht verlangen (AG Otterndorf, Urteil vom 10.02.2022, Az. 2 C 239/21, Abruf-Nr. 227659, eingesandt von Rechtsanwältin Stefanie Bubner, Bremervörde). |
Veranstaltungsausfallversicherung |
Deckung durch Veranstaltungsausfallversicherung bei Veranstaltungsverbot wegen Corona-Pandemie In der Veranstaltungsausfallversicherung wird der Ausfallschaden für ein abgesagtes Festival gedeckt, der durch ein wegen der Corona-Pandemie behördlich verfügtes Veranstaltungsverbot verursacht ist, wenn durch die Vereinbarung der Klausel TRKL 0073 201701 (Klausel 73) trotz einer Ausschlussklausel für Schäden durch Epidemien und Seuchen auch Schäden durch ein behördlich angeordnetes Veranstaltungsverbot ersetzt werden sollen (LG Ansbach, Urteil vom 16.02.2021, Az. 3 O 925/20 Ver, Abruf- Nr. 225090). |
Wohngebäudeversicherung |
BGH: Bei undichter Fuge zwischen Duschwanne und Wand kein Versicherungsschutz Der Wohngebäudeversicherer hat nicht für Nässeschäden aufgrund einer undichten Fuge zwischen einer Duschwanne und einer angrenzenden Wand einzustehen (Teil A § 3 Nr. 3 VGB 2008, BGH, Urteil vom 20.10.2021, Az. IV ZR 236/20, Abruf-Nr. 225880). |
Auslegung von Versicherungsbedingungen bei Überschwemmungen Ist nach den Bedingungen die Überschwemmung als „eine Überflutung des Grund und Bodens, auf dem das versicherte Grundstück steht (Versicherungsgrundstück), durch a) Ausuferung von oberirdischen Gewässern ..., b) Witterungsniederschläge ...“ definiert, ist es erforderlich, dass sich Wasser auf der Geländeoberfläche, also auf dem Grund und Boden außerhalb der Bebauung, sammelt und in ein Gebäude eindringt, weil es auf dem Gelände weder vollständig versickern noch sonst geordnet auf natürlichem Wege abfließen kann (KG Berlin, Beschluss vom 03.09.2021, Az. 6 U 70/21, Abruf-Nr. 227062). |
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AUSGABE: VVP 4/2022, S. 23 · ID: 47852683