| Ohne echte Sperrminorität sind Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer abhängig beschäftigt und nicht sozialversicherungsfrei. Auch das dem GGf eingeräumte Sonderrecht zur Geschäftsführung und die Kontrolle durch einen Aufsichtsrat ändern daran nichts, so das BSG in drei Fällen. VVP erläutert die Fälle und Entscheidungsgründe. |
Die drei GGf-Fälle und die Entscheidungen des BSG |
Fall | Entscheidung |
Im ersten Fall war der Gesellschafter-Geschäftsführer (GGf) mit 49 Prozent am Kapital der GmbH beteiligt. Der Gesellschaftsvertrag räumte dem GGf nur für bestimmte Beschlüsse ein Mehrheitserfordernis von 75 Prozent ein. | Das reicht dem BSG nicht für eine Rechtsmacht des GGf: - Der Gesellschaftsvertrag räume dem GGf die für Minderheitsgesellschafter erforderliche „echte“, die gesamte Unternehmenstätigkeit umfassende Sperrminorität nicht ein.
- Das dem GGf eingeräumte Sonderrecht zur Geschäftsführung ändere daran auch nichts. Es verhindere zwar eine jederzeitige Abberufung als Geschäftsführer und schränke womöglich Weisungen im Bereich der gewöhnlichen Geschäftsführung ein. Es übertrage dem GGf aber nicht eine Gestaltungsmacht, kraft derer er auf alle Gesellschafterentscheidungen und damit auf die gesamte Unternehmenspolitik Einfluss nehmen könnte. Selbst wenn aus dem Sonderrecht abgeleitet würde, ein Geschäftsführer könne sich deshalb sanktionslos weisungswidrig verhalten, wäre eine derartige „Unrechts“-Macht nicht geeignet, die satzungsrechtlichen Mehrheitsverhältnisse innerhalb der GmbH zu verschieben (BSG, Urteil vom 01.02.2022, Az. B 12 KR 37/19 R, Abruf-Nr. 227552).
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Der zweite Fall betraf einen GGf mit einer Kapitalbeteiligung von 25 Prozent. Für einzelne Angelegenheiten regelte ein Gesellschafterbeschluss ein Mehrheitserfordernis von 76 Prozent. Dieser Beschluss wurde erst später im Handelsregister eingetragen. | Auch diese Gestaltung genügt dem BSG nicht: - Denn der Gesellschafterbeschluss habe den GGf nicht in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft im Sinne einer Einflussnahme auf alle Gesellschafterentscheidungen und damit die gesamte Unternehmenspolitik mitzubestimmen. Dem GGf sei dadurch gegenüber dem vorherigen Zustand nur eine erweiterte Rechtsmacht eingeräumt worden. Es sei aber keine Sperrminorität, die die gesamte Unternehmenstätigkeit umfasse (BSG, Urteil vom 01.02.2022, Az. B 12 R 19/19 R, Abruf-Nr. 227703).
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Im dritten Fall verfügten die GGf über einen Gesellschaftsanteil von je 33,33 Prozent. Ihnen war im Gesellschaftsvertrag jeweils ein Sonderrecht zur alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführung eingeräumt. Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit befasst. Daneben war ein Aufsichtsrat eingerichtet mit einer Zustimmungspflicht zu einzelnen Maßnahmen eines Geschäftsführers. | Auch bei dieser Konstellation sieht das BSG keine Rechtsmacht, um maßgeblichen Einfluss auf Gesellschafterbeschlüsse zu nehmen. - Insbesondere ändere das den GGf jeweils eingeräumte Sonderrecht zur Geschäftsführung nichts daran.
- Die Einrichtung eines Aufsichtsrats und die ihm übertragene Überwachung der Geschäftsführung führten zu einem Weniger an Rechtsmacht und nicht zu einem Mehr aufgrund der Gesellschafterstellung. Mit dem in den Geschäftsführer-Dienstverträgen erklärten Verzicht des Aufsichtsrats auf „Gesellschafterweisungen“ sei den GGf noch keine umfassende Einflussmöglichkeit auf die gesamte Unternehmenspolitik der GmbH eingeräumt. Die Zustimmungspflicht des Aufsichtsrats zu einzelnen Maßnahmen eines Geschäftsführers bedinge nicht die hinreichende Rechtsmacht der anderen Geschäftsführer. Schließlich sei den GGf nach der vom Aufsichtsrat erlassenen Geschäftsordnung nur jeweils ein nach dem Geschäftsverteilungsplan zugewiesener Geschäftsbereich zur eigenverantwortlichen Leitung zugewiesen (BSG, Urteil vom 01.02.2022, Az. B 12 R 20/19 R, Abruf-Nr. 227553).
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