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Kfz-KostenIst Veräußerungsgewinn für gemischt genutzten Pkw voll steuerpflichtig? – BVerfG am Zug

Abo-Inhalt25.02.20223481 Min. LesedauerVon Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage

| Nahezu jeder Betriebsinhaber nutzt einen dem Betriebsvermögen zugeordneten Pkw zum Teil privat. Wird das Fahrzeug später verkauft, versteuert das Finanzamt den kompletten Veräußerungsgewinn. Das gilt auch für den privat genutzten Anteil. Doch das könnte sich bald ändern. Denn in dieser Frage ist eine Verfassungsbeschwerde anhängig. VVP macht Sie mit den Einzelheiten vertraut. |

Das typische Pkw-Modell in der Praxis

Nutzen Sie einen Pkw zu mindestens zehn Prozent für betriebliche Zwecke, haben Sie die Wahl. Sie können den Pkw als Betriebs- oder als Privatvermögen behandeln. Eine Aufteilung ist nicht zulässig.

Nutzen Sie den Pkw zu mehr als 50 Prozent betrieblich, so handelt es sich zwangsläufig in vollem Umfang um Betriebsvermögen. Das wirkt sich wie folgt aus:

  • Sämtliche Kfz-Kosten sind als Betriebsausgaben abzugsfähig (Abschreibung, Treibstoff, Reparaturen, Versicherungen, Steuern usw.).
  • Der Anteil der privaten Mitbenutzung muss als Entnahme versteuert werden (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG: Ein-Prozent-Regelung, Fahrtenbuch oder Schätzung).

BFH: Veräußerungsgewinn voll steuerpflichtig

Wird der dem Betriebsvermögen zugeordnete, teilweise privat genutzte Pkw nach einiger Zeit veräußert, unterliegt der gesamte Veräußerungsgewinn (= Unterschiedsbetrag aus Buchwert und Veräußerungserlös) der Besteuerung. Der Umstand, dass sich die Kfz-Kosten infolge der besteuerten Privatnutzung teilweise nicht ausgewirkt haben, rechtfertigt keine nur anteilige Berücksichtigung. Ebenso ist keine gewinnmindernde Korrektur des Veräußerungsgewinns in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden AfA zulässig, so der BFH (Urteil vom 16.06.2020, Az. VIII R 9/18, Abruf-Nr. 218443).

Beispiel

Der Inhaber V des Vermittlerbetriebs nutzt seinen betrieblichen Pkw auch privat. Die Nutzungsdauer beträgt sechs Jahre. Der Privatanteil beträgt bei V laut Fahrtenbuch 30 Prozent.

  • V hat den Pkw am 01.01.2019 für 60.000 Euro gekauft.
  • Am 31.12.2021 hat er den Pkw für 40.000 Euro verkauft.

Nachfolgend sehen Sie, wie sich die steuerliche Rechnung des BFH von der des V unterscheidet (V hat zwei Möglichkeiten, den Gewinn zu ermitteln):

Berechnung

Ergebnis: Der volle Gewinn von 10.000 Euro unterliegt nach der BFH-Ansicht der Besteuerung. Dass dieser zu 30 Prozent auf die private Nutzung entfällt, ist unerheblich. Nach der Berechnung in Variante 1 müsste V eine gewinnmindernde Korrektur des Veräußerungsgewinns in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden AfA für die Jahre 2019 bis 2021 von je 3.000 Euro vornehmen. Sein Gewinn würde sich auf 1.000 Euro reduzieren. Bei der Variante 2 werden vom Gewinn von 10.000 Euro nur 70 Prozent (= betrieblicher Anteil), also 7.000 Euro besteuert.

BVerfG muss nun entscheiden

Geht es also nach dem BFH, müssen Sie die Differenz zwischen dem Verkaufserlös bzw. Zeitwert und dem Buchwert voll versteuern, wenn Sie einen dem Betriebsvermögen zugeordneten Pkw verkaufen oder ihn in Ihr Privatvermögen überführen. Und das, obwohl in den Jahren zuvor der auf Ihre Privatfahrten entfallende Teil der AfA Ihrem Gewinn als Einnahmen wieder hinzugerechnet worden ist. Doch diese für Sie ungünstige Rechtsprechung steht nun auf dem Prüfstand beim BVerfG (Az. 2 BvR 2161/20).

Praxistipps |

  • Haben Sie einen vergleichbaren Sachverhalt, legen Sie gegen den Steuerbescheid Einspruch ein. Verweisen Sie auf das Verfahren beim BVerfG, damit Ihr Einspruch nach § 363 Abs. 2 S. 2 AO ruht.
  • Nutzen Sie Ihren Pkw nur bis zu 50 Prozent betrieblich, ordnen Sie ihn dem Privatvermögen zu. Dann sind die betrieblich veranlassten Aufwendungen über eine Nutzungseinlage abzugsfähig. Ein späterer Veräußerungsgewinn bleibt steuerfrei. Ein Veräußerungsverlust wirkt sich allerdings auch nicht aus.

Wichtig | Das Thema der vollen Steuerpflicht auf Veräußerungsgewinne von gemischt genutzten Pkw hat im Moment besondere Brisanz, weil die Gebrauchtwagenpreise aktuell so hoch wie nie zuvor sind. Denn wegen langer Wartezeiten und hoher Preise für neue Pkw weichen viele Autokäufer auf Gebrauchtwagen aus. Doch auch diese sind knapp – und die Veräußerungserlöse respektive die Veräußerungsgewinne sind entsprechend hoch.

AUSGABE: VVP 4/2022, S. 15 · ID: 48034271

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