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Private KrankenversicherungVN kann vom VR keine zeitlich unbefristete Zusage für bestimmte Leistungen in der PKV verlangen

Abo-Inhalt16.07.2024304 Min. Lesedauer

| Es existiert keine vertragliche oder gesetzliche Grundlage dafür, dass ein Versicherter von seinem privaten Krankenversicherer eine zeitlich unbefristete Leistungszusage für bestimmte physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen – Krankengymnastik, Massage und Fango, manuelle Lymphdrainage – verlangen kann. |

1. Es besteht keine vertragliche Grundlage

Das OLG Saarbrücken (19.7.23, 5 U 91/22, Abruf-Nr. 242829) führt aus: Bei der vorliegenden Krankheitskostenversicherung handelt es sich um eine Schadensversicherung in Gestalt der Passivenversicherung. Diese verpflichtet den VR nur zum Ersatz derjenigen Aufwendungen, die dem VN anlässlich eines Versicherungsfalls in Bezug auf das versicherte Risiko zur Erfüllung von Verpflichtungen aus berechtigten Ansprüchen Dritter erwachsen sind. Dementsprechend sehen die Bedingungen u. a. vor, dass der VR nur zur Leistung verpflichtet ist, wenn die von ihm geforderten Nachweise – insbesondere bezahlte oder unbezahlte Rechnungen – erbracht sind. All dem liegt der dem Wesen der privaten Krankenversicherung immanente Gedanke zugrunde, dass der VR nur für bereits entstandene, rechtlich begründete Aufwendungen eintrittspflichtig ist. Er muss also grundsätzlich erst dann leisten, wenn eine fällige (Arzt-)Rechnung vorliegt (so auch OLG Karlsruhe VersR 08, 339; OLG Koblenz VersR 08, 1638; OLG Hamm VersR 06, 826).

2. Kein Anspruch aus Treu und Glauben

Es besteht auch kein Anspruch auf eine vorab vorzunehmende Überprüfung der Kostenübernahme und Erteilung einer Kostenübernahmeerklärung aus Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Voraussetzungen lagen hier nicht vor.

Merke | Ein solcher greift nur, wenn in Ausnahmefällen ein schutzwürdiges Interesse des VN hieran besteht. Ein solcher Ausnahmefall kann nach der Rechtsprechung vorliegen,

  • wenn der VN die mit einer beabsichtigten Behandlung verbundenen – besonders gravierenden – Kosten weder von seinem Einkommen noch seinem Vermögen abdecken kann und die angefragten Dienstleister ihre Tätigkeit von dem Vorliegen einer Kostenzusage abhängig gemacht haben (OLG Hamm VersR 12, 611),
  • wenn er einen von ihm geforderten Vorschuss nicht leisten kann (OLG Köln RuS 98, 125, 126) oder
  • wenn er von der beabsichtigten Behandlungsmaßnahme Abstand nehmen müsste, weil er das Risiko, die Kosten selbst tragen zu müssen, nicht eingehen kann (OLG Oldenburg VersR 10, 471).

Allein die Befürchtung des VN, der VR werde die Notwendigkeit der Maßnahmen auch künftig erneut überprüfen wollen, gibt ihm nach Treu und Glauben kein Recht auf Erteilung einer entsprechenden vorweggenommenen Kostenzusage.

3. VN ist hier falsch vorgegangen

Hinzu kommt: Selbst wenn man das Begehren auf Erteilung einer Leistungszusage im Grundsatz für berechtigt erachten wollte, würde es vorliegend an den weiteren Voraussetzungen der Eintrittspflicht der Beklagten fehlen. Das gilt auch, wenn die begehrten Maßnahmen – Krankengymnastik, Massage und Fango sowie manuelle Lymphdrainage – medizinisch notwendig wären. Denn das Begehren des VN ist nicht auf Zusage einer ärztlichen Behandlung gerichtet. Es zielt vielmehr auf wiederkehrende physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen ab, die als „Heilmittel“ nach den Versicherungsbedingungen vereinbarungsgemäß erfordern, dass sie vom jeweiligen Behandler ärztlich angeordnet wurden. Infolge dieser Risikobegrenzung hängt die Erstattungspflicht des VR für solche Maßnahmen nicht allein davon ab, dass die zugrunde liegende Behandlung medizinisch notwendig ist. Vielmehr ist eine weitere – formale – Voraussetzung nötig, die nicht das Vorliegen medizinischer Notwendigkeit impliziert und die hier ebenfalls nicht erfüllt war.

4. Feststellungsklage hilft hier nicht weiter

Der Senat führte weiter aus, dass ein solches Begehren auch dann nicht zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden könne, wenn davon auszugehen sei, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherten voraussichtlich dauerhaft nicht bessern werde. Das folge daraus, dass ein solches Begehren nicht auf eine bereits aktualisierte, ärztlich für notwendig erachtete, bevorstehende Behandlung gerichtet sei.

Checkliste / Grundsätze der Feststellungsklage in der PKV

Grundsätze, unter denen ein privater Kranken-VR auf Feststellung seiner Eintrittspflicht für künftige Behandlungen in Anspruch genommen werden kann:

  • Ausgangspunkt ist die gesetzliche Vorschrift des § 256 Abs. 1 ZPO. Danach kann u. a. auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
  • Auch im Bereich der Krankheitskostenversicherung ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn die Feststellung ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis in dem Sinne betrifft, dass die zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehenden Beziehungen schon zur Zeit der Klageerhebung wenigstens die Grundlage bestimmter Ansprüche bilden. Das ist der Fall, wenn das Begehren nicht nur auf künftige, mögliche, sondern auf bereits aktualisierte, ärztlich für notwendig erachtete, bevorstehende Behandlungen gerichtet ist (BGH 8.2.06, IV ZR 131/05, VersR 06, 535).
  • Außerdem muss ein Feststellungsinteresse dahin gehend bestehen, dass durch ein Feststellungsurteil eine sachgemäße und erschöpfende Lösung des Streits über die Erstattungspflichten zu erwarten ist (BGH a. a. O.).

AUSGABE: VK 8/2024, S. 138 · ID: 49866794

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