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AbgabenordnungMildtätige Zwecke (Teil 3): So wird die Hilfebedürftigkeit der unterstützten Personen belegt

Top-BeitragAbo-Inhalt06.03.2024438 Min. Lesedauer

| Die Abgrenzung von gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken führt in der Praxis immer wieder zu Fragen. VB macht Sie deshalb in einer Beitragsreihe mit den besonderen Anforderungen für Einrichtungen vertraut, die mildtätige Satzungszwecke haben. In Teil 3 der Reihe geht es um den Nachweis der Hilfebedürftigkeit der unterstützten Personen. |

Der rechtliche Hintergrund

Eine mildtätige Einrichtung muss regelmäßig nachweisen, dass die von ihr unterstützten Personen wirtschaftlich oder persönlich hilfebedürftig waren. Die Beweislast liegt dabei grundsätzlich bei der gemeinnützigen Einrichtung. Sie kann sich ihrer Nachweispflicht nicht dadurch entziehen, dass sie argumentiert, es sei nicht oder nur sehr schwer möglich, diese Nachweise zu erbringen (BFH, Urteil vom 21.09.2016, Az. V R 50/15, Abruf-Nr. 190265).

Der Nachweis der persönlichen Hilfebedürftigkeit

Persönliche Hilfebedürftigkeit kann durch Atteste, Behindertenausweise u. ä. Dokumente nachgewiesen werden. Teilweise ergibt sich die Hilfebedürftigkeit auch aus dem Alter. Das gilt z. B. für Säuglinge und Kleinkinder. Bei Personen, die das 75. Lebensjahr vollendet haben, darf nach Vorgabe der Finanzverwaltung eine körperliche Hilfebedürftigkeit ohne weitere Nachprüfung angenommen werden (AEAO, Ziffer 4 zu § 53).

Der Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit

Der Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit erfordert grundsätzlich einen Einkommens- und/oder Vermögensnachweis.

Bei diesen Zielgruppen wird die Hilfebedürftigkeit unterstellt

Im Einzelfall verzichtet die Finanzverwaltung aber auf solche Nachweise. Das gilt z. B. für Schüler und Studenten. Bei ihnen wird die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit nach § 53 AO unterstellt. Die Leistungen an diese Zielgruppe müssen sich aber auf eine Grundversorgung beschränken (OFD Münster, Kurzinformation Körperschaftsteuer Nr. 1/2011 vom 07.01.2011; OFD Frankfurt, Schreiben vom 14.01.2014, Az. S 7181 A – 4 – St 16, Abruf-Nr. 141974).

Bei Bezug folgender Leistungen gilt nach § 53 AO der entsprechende behördliche Bescheid als ausreichender Nachweis:

  • Sozialhilfe
  • Bürgergeld, Wohngeld, Kindergeld
  • Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (für Wehrdienstbeschädigte und Kriegsopfer)

In diesen Fällen prüfen die Behörden die Bedürftigkeit. Die mildtätige Einrichtung muss sich aber die entsprechenden Bescheide vorlegen lassen. Eine Vereinfachung der Nachweispflicht besteht also nur insofern, als hier keine weiteren Auskünfte über Vermögen und Einkommen erforderlich sind.

Wichtig | Die pauschale Behauptung, dass die Leistungen so oder so nur von Hilfebedürftigen in Anspruch genommen werden, reicht nicht. Erbringt etwa ein Sozialkaufhaus Leistungen an jeden, der sie in Anspruch nehmen möchte, kommt eine Befreiung nicht in Betracht (AEAO Ziff. 12 zu § 53).

Wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit kann per Fragebogen geklärt werden

Fehlen solche amtlichen Nachweise, kann die wirtschaftliche Hilfsbedürftigkeit auch über einen Fragebogen nachgewiesen werden, den die Personen ausfüllen. Die Betroffenen müssen dabei aber nicht nur zur ihren Einkünften, sondern auch zu ihrem Vermögen Angaben machen. Wird nur die Höhe des laufenden Einkommens angegeben, genügt das nicht als Nachweis der Hilfsbedürftigkeit (OFD Chemnitz, Schreiben vom 08.12.2006, Az. S 0172-1/4-St21).

Wichtig | Der BFH hat bestätigt, dass ein solcher Fragebogen als Nachweis genügt und sogar relativ kurz und einfach gefasst sein darf (BFH, Urteil vom 21.09.2016, Az. V R 50/15, Abruf-Nr. 190265).

Die Vereinfachungsregelung

Auf Antrag kann nach § 53 S. 8 AO auf einen Nachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit verzichtet werden, wenn aufgrund der besonderen Art der gewährten Unterstützungsleistung sichergestellt ist, dass nur wirtschaftlich hilfebedürftige Personen unterstützt werden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung kommt es dabei auf die besonderen Gegebenheiten vor Ort, sowie Inhalt und Bewerbung des konkreten Leistungsangebots an. Regelmäßig gilt die Befreiungsmöglichkeit für Kleiderkammern, Suppenküchen, Obdachlosen-Asyle und Tafeln (AEAO Ziff. 12 zu § 53). Hier ersetzt die Feststellung des Finanzamts dann den konkreten Nachweis der Hilfebedürftigkeit.

Praxistipp | Der Antrag wird formlos gestellt. Er sollte insbesondere Angaben dazu enthalten,

  • wie sich Ihre Zielgruppe zusammensetzt,
  • wie deren besondere lokale Sozialstruktur ist,
  • wie Sie die Zielgruppe ansprechen und
  • warum davon auszugehen ist, dass Nichtbedürftige die Leistungen nicht oder nur in Ausnahmefällen in Anspruch nehmen werden.

Wichtig | Die Befreiung vom Einzelnachweis der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit erfasst auch Fälle, in denen es unmöglich ist, den erforderlichen Nachweis zu führen (z. B. Obdachlosenheim). Für die Anwendung der Regelung ist aber entscheidend, dass die Leistung typischerweise nur Bedürftigen zugutekommt (BFH, Urteil vom 21.09.2016, Az. V R 50/15, Abruf-Nr. 190265).

Weiterführender Hinweis
  • Die Teile 1 und 2 der Beitragsserie finden Sie auf vb.iww.de unter den Abruf-Nrn. 49806511 und 49886593

AUSGABE: VB 3/2024, S. 12 · ID: 49918660

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