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VereinsrechtSatzungsgestaltung: So können Vereine Mitgliedschaften von Mitgliedern aktiv beenden
| Es kommt vor, dass ein Verein unter einem Mitglied oder einer Mitgliedergruppe leidet, die dem Vorstand oder anderen Mitgliedern das Leben schwer machen. Dann stellt sich die Frage, ob überhaupt und wie eine Mitgliedschaft beendet werden kann. Der Blick ins BGB verrät, dass es hier maßgeblich auf die Satzung ankommt, da das Gesetz nur den Austritt des Mitglieds vorsieht. VB zeigt deshalb, welche Möglichkeiten für Verein und Vorstand über zielführende Satzungsklauseln bestehen, solche Mitgliedschaften von sich aus zu beenden. |
Diese – wenigen – Vereine können nicht gestalten
Die Frage, ob ein Verein selbst in seiner Satzung frei bestimmen darf, wen er als Mitglied aufnehmen möchte und welches Verhalten schlussendlich zur Beendigung der Mitgliedschaft führt, richtet sich danach, ob der Verein einem Aufnahmezwang unterliegt. Besteht ein Aufnahmezwang, kann er nicht gestalten. Ein solcher gilt aber nur für sehr wenige Vereine; vor allem Monopolvereine.
Wichtig | Als Monopolvereine wurden durch die Rechtsprechung z. B. überregionale Sportverbände angesehen. Hier können Gerichte die Aufnahmevoraussetzungen bzw. die Ausschlusstatbestände daraufhin überprüfen, ob der mit ihnen verfolgte Zweck sachlich gerechtfertigt ist oder ob die Bestimmungen die Mitglieder unbillig gegenüber (anderen) Mitgliedern benachteiligen. Ähnliches gilt für Vereine oder Verbände mit einer überragenden Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich.
Diese Vereine können per Satzung gestalten
Da jedoch der ganz überwiegende Teil der Vereine von diesen Einschränkungen nicht betroffen ist, können sie die Ausschlusstatbestände in den Satzungen frei regeln.
Austritt durch das Mitglied
Ein Mitglied kann seine Mitgliedschaft selbst beenden (§ 39 Abs. 1 BGB). Daran könnten auch entsprechende Satzungsregelungen nichts ändern. Trotzdem schreibt § 58 Nr. 1 BGB vor, dass die Satzung über den Eintritt und Austritt der Mitglieder Bestimmungen enthalten muss. Es handelt sich um eine zwingende Satzungsklausel (§ 60 BGB).
§ 39 Abs. 2 BGB sieht z. B. vor, dass durch die Satzung bestimmt werden kann, dass der Austritt nur am Schluss eines Geschäftsjahrs oder erst nach dem Ablauf einer Kündigungsfrist zulässig ist. Die Kündigungsfrist kann höchstens zwei Jahre betragen.
Wichtig | Eine so lange Frist kann nicht empfohlen werden, da ein Mitglied, das den Verein verlassen möchte, sonst noch für die Dauer von zwei Jahren an den Verein gebunden wäre.
Praxistipp | Wie lange Sie die Austrittsfrist bemessen, bleibt Ihnen überlassen. Fehlt hingegen eine klare Frist, ist der Austritt jederzeit möglich (LG Stuttgart, Urteil vom 30.05.1994, Az. 9 O 680/93). Der Austritt sollte – bei jährlicher Zahlung der Beiträge – am besten nur zum Ende des Geschäftsjahres möglich sein. Sonst hat nämlich das Mitglied einen Anspruch auf Erstattung seiner bereits für das Geschäftsjahr geleisteten Beiträge (KG Berlin, Urteil vom 22.09.2008, Az. 26 U 47/08, Abruf-Nr. 145926). |
Satzungsklausel / Kündigung durch Mitglied |
Der Austritt aus dem Verein kann durch das Mitglied mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende des Geschäftsjahres gegenüber dem Vorstand erklärt werden. |
Wichtig | Wegen des Grundsatzes der Austrittsfreiheit können Sie auch keine Erschwernisse (z. B. durch besondere Formerfordernisse „eingeschriebener Brief“ oder „erforderliche Begründung“) vorsehen (LG München I, Urteil vom 04.03.1986, Az. 6 O 22072/84).
Kündigung der Mitgliedschaft durch den Verein
Spiegelbildlich zum Austritt aus dem Verein kann die Satzung auch vorsehen, dass die Mitgliedschaft vom Verein aus fristgerecht beendet werden kann – durch eine Kündigung. Hier wird im vereinsrechtlichen Schrifttum vertreten, dass diese Kündigung die „Kehrseite der Aufnahmefreiheit“ sei. Hier sollte die Regelung analog zu der Austrittsregelung formuliert werden.
Satzungsklausel / Kündigung durch Verein |
... das Mitglied formuliert sein Die Mitgliedschaft im Verein kann durch den Vorstand mit einer Frist von sechs Wochen zum Ende des Geschäftsjahres gegenüber dem Mitglied gekündigt werden. |
Teilweise wird seitens der Registergerichte gefordert, dass ein Mitglied gegen die Kündigung die Mitgliederversammlung anrufen kann. Sofern dies bei Ihnen auch gefordert wird, könnte die Klausel wie folgt ergänzt werden:
Satzungsklausel / Kündigung durch Verein (Ergänzung) |
(…) Gegen die Kündigung kann das Mitglied innerhalb von einem Monat nach Zugang die Mitgliederversammlung anrufen, die dann endgültig über die Kündigung entscheidet. |
Die „Kündigung“ hat den Vorteil, dass hier kein „wichtiger Grund“ dargelegt werden muss, wie es bei einem Ausschlussverfahren erforderlich wäre.
Das Ausschlussverfahren
Die meisten Satzungen sehen neben dem Austritt lediglich vor, dass ein Mitglied ausgeschlossen werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass dem Verein eine weitere Mitgliedschaft nicht zuzumuten ist. Aufgrund der bestehenden Satzungsautonomie kann der Verein hier die Unzumutbarkeitsvoraussetzungen frei festlegen (OLG Celle, Urteil vom 13.06.1988, Az. 1 U 13/88). In der Regel finden sich hier allgemeine Formulierungen wie „grober Verstoß gegen die Satzung oder die Interessen des Vereins“.
Wichtig | Da das Ausschlussverfahren in der Praxis häufig gerichtlich angegriffen wird, sollten in der Satzungsklausel auch direkt Hinweise bezüglich des Verfahrens, insbesondere zum Thema „rechtliches Gehör“, gemacht werden.
Fehlt es an einer Satzungsklausel bezüglich des Ausschlusses, bleibt hier noch Raum für eine fristlose Kündigung der Mitgliedschaft nach § 314 BGB (LG Hamburg, Beschluss vom 07.05.2020, Az. 312 S 47/19). Weist die Satzung jedoch eine Ausschlussklausel auf, ist § 314 BGB nicht anwendbar (LG Kassel, Beschluss vom 12.09.2019, Az. 1 S 209/19).
Satzungsklausel / Ausschlussverfahren |
... auch das Thema „rechtliches Gehör“ problematisieren Ein Mitglied kann durch den Vorstand aus dem Verein ausgeschlossen werden, wenn es in grober Weise gegen die Satzung oder die Interessen des Vereins verstoßen hat. Vor der Beschlussfassung ist dem Mitglied Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Der Vorstand kann die Entscheidung auch treffen, wenn das Mitglied zu den gemachten Vorwürfen keine Stellung genommen hat. |
Die Streichung von der Mitgliederliste
Grundsätzlich kann in einer Vereinssatzung auch bestimmt werden, dass die Mitgliedschaft durch Streichung aus der Mitgliederliste beendet wird. Dabei handelt es sich technisch um ein vereinfachtes Verfahren des Vereinsausschlusses (OLG Celle, Urteil vom 13.06.1988, Az. 1 U 13/88).
Wichtig | Eine Streichung der Mitgliedschaft kann jedoch nur an einfach gelagerte und leicht feststellbare Tatbestände geknüpft werden (LG Itzehoe, Urteil vom 27.05.2022, Az. 6 O 105/22). Hier ist es jedoch unproblematisch, wenn durch den Verein vor der Streichung Feststellungen, Nachforschungen oder Beweisaufnahmen durchzuführen sind (LG Dortmund, Urteil vom 30.03.2001, Az. 8 O 587/00). Nach den zitierten Entscheidungen kommen hier folgende Fälle in Betracht:
Satzungsklausel(N) / Streichung von der Mitgliederliste |
Am besten alle drei Streichungsgründe in der Satzung benennen Ein Mitglied kann durch den Vorstand von der Mitgliederliste gestrichen werden, wenn es seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Verein länger als ... [Angabe des Zeitraums] nicht nachgekommen ist und die Rückstände trotz Mahnung nicht ausgeglichen hat. In der Mahnung ist auf diese Rechtsfolge hinzuweisen. und/oder Ein Mitglied kann durch den Vorstand von der Mitgliederliste gestrichen werden, wenn es an drei aufeinanderfolgenden Mitgliederversammlungen unentschuldigt gefehlt hat. und/oder Die Streichung kann auch vorgenommen werden, wenn der Aufenthalt des Mitglieds unbekannt ist. |
- Der Aufenthalt des Mitglieds ist unbekannt.Die drei potenziellen „Streichfälle“
- Das Mitglied ist seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber dem Verein nicht nachgekommen.
- Das Mitglied hat an einer bestimmten Anzahl von Vereinsveranstaltungen nicht teilgenommen.
Gerade die letzte Alternative sollte in die Satzung aufgenommen werden. Denn es ist die einzige Möglichkeit, dass sich der Verein von „Karteileichen“ trennen kann. Ein Ausschlussverfahren scheidet hier aus, da sich das Mitglied keinen groben Verstoß gegen die Interessen des Vereins hat zuschulden kommen lassen und auch ein Anhörungsverfahren nicht möglich ist.
Befristete Mitgliedschaft
Eine Mitgliedschaft muss nicht immer von Dauer sein. Es kann sich anbieten, dass die Satzung direkt nur eine befristete Mitgliedschaft vorsieht, die automatisch mit dem Ablauf dieser Befristung endet. Das gilt z. B. für „Probemitgliedschaften“, die interessierten Menschen den Vereinsalltag näher bringen sollen. Da es sich jedoch auch bei „Probemitgliedern“ um reguläre Mitgliedschaften handelt (BayObLG, Beschluss vom 25.10.2000, Az. 3 Z BR 298/00), muss eine Satzungsregelung klar zum Ausdruck bringen, wann und unter welchen Umständen diese Mitgliedschaft endet.
Teilweise sind es aber auch übergeordnete Gründe, wie vielleicht ein Versicherungsschutz, welcher nur für Vereinsmitglieder besteht. Hier kann auch nur eine „Tagesmitgliedschaft“ vorgesehen werden (OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.07.2018, Az. 8 W 428/15, Abruf-Nr. 204507). Derartige kurze Mitgliedschaften können jedoch in mehrfacher Hinsicht problematisch sein. Bietet etwa ein Verein, der ein Schwimmbad betreibt, Tagesmitgliedschaften gegen ein Entgelt an, dessen Höhe den Eintrittspreisen öffentlicher Schwimmbäder entspricht, spricht das gegen die Eigenschaft als Idealverein im Sinne des § 21 BGB (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 30.08.2011, Az. 14 Wx 51/11).
Auch aus gemeinnützigkeitsrechtlicher Sicht kann eine so kurze Mitgliedschaft bei Sportvereinen auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb hindeuten. Hier sieht der AEAO in Nr. 12 zu § 67a AO vor, dass die Überlassung von Sportstätten und Betriebsvorrichtungen auf kurze Dauer lediglich die Voraussetzungen für sportliche Veranstaltungen schafft. Sie ist jedoch selbst keine „sportliche Veranstaltung“, sondern ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb eigener Art. Dieser ist als Zweckbetrieb im Sinne des § 65 AO anzusehen, wenn es sich bei den Mietern um Mitglieder des Vereins handelt. Bei der Vermietung auf kurze Dauer an Nichtmitglieder tritt der Verein dagegen in größerem Umfang in Wettbewerb zu nicht begünstigten Vermietern, als es bei Erfüllung seiner steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (§ 65 Nr. 3 AO). Diese Art der Vermietung ist deshalb als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu behandeln.
Indizien für eine Mitgliedschaft, die lediglich darauf gerichtet ist, die Nutzung der Sportstätten und Betriebsvorrichtungen eines Vereins zu ermöglichen, sind u. a. eine Mitgliedschaft von weniger als sechs Monaten (sog. „Gastmitglieder“).
Satzungsklausel / Probemitgliedschaft |
Der Verein hat (…) Probemitglieder Bei der Aufnahme in den Verein kann eine Probemitgliedschaft für die Dauer von einem Jahr begründet werden. Diese endet automatisch mit Ablauf des Jahres. |
Erlöschen der Mitgliedschaft
Die Satzung kann eine bestimmte „Mitgliedsfähigkeit“ vorsehen. Mitglied kann dann nur der sein, wer bestimmte Voraussetzungen erfüllt.
Beispiel: Verein für Tierärzte |
Die Mitgliedschaft steht nur zugelassen Tierärzten offen. |
Die Satzung kann hier vorsehen, dass die Mitgliedschaft in dem Verein bei Wegfall der Voraussetzungen automatisch endet, ohne dass weitere Maßnahmen des Vereins erforderlich sind (OLG Oldenburg, Urteil vom 18.12.2008, Az. 8 U 182/08). Voraussetzung für eine wirksame Satzungsklausel ist hier jedoch, dass dies ausdrücklich und klar in der Satzung und auch für Nichtjuristen leicht nachvollziehbar geregelt ist. Weiter muss in der Vereinssatzung geregelt sein, welches Organ des Vereins für die Feststellung des Tatbestands für die Beendigung der Mitgliedschaft zuständig ist (OLG Brandenburg, Urteil vom 03.07.2012, Az. 11 U 174/07, Abruf-Nr. 209028).
Satzungsklausel / Erlöschen Mitgliedschaft in „Verein für Tierärzte“ |
Mitglied des Vereins können nur zugelassene Tierärzte sein. Die Mitgliedschaft erlischt automatisch zum Ende des Geschäftsjahres, in dem das Mitglied seine Zulassung verliert. Dies ist durch den Vorstand festzustellen und dem Mitglied mitzuteilen. |
Beendigung der Mitgliedschaft durch Satzungsänderung
Auch durch eine Satzungsänderung kann eine Mitgliedschaft beendet werden. Ein typischer Fall ist, wenn die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft geändert werden.
Beispiel |
... sich auf Mitgliedschaft auswirken In einem Verein können sowohl natürliche als auch juristische Personen Mitglied werden. Eine Satzungsänderung sieht vor, dass künftig nur noch natürliche oder nur noch juristische Personen Mitglied sein können. |
Ein solch satzungsändernder Beschluss stellt einen schwerwiegenden Eingriff in die Rechte der betreffenden Mitglieder dar, da mit der Eintragung der Satzungsänderung in das Vereinsregister die Voraussetzungen der Mitgliedschaft entfallen. Dies wirkt sich im Ergebnis wie ein zwangsweiser Vereinsausschluss dieser Mitglieder aus, ohne dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss vorliegen müssen. Deshalb müssen auch alle bisherigen – von dem Erlöschen der Mitgliedschaft betroffenen Vereinsmitglieder – der Satzungsänderung zustimmen (OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.01.2017, Az. 20 W 162/15, Abruf-Nr. 195382).
Beendigung der Mitgliedschaft durch Tod oder Erlöschen
Die Mitgliedschaft ist nicht übertragbar und nicht vererblich (§ 38 BGB). Damit endet die Mitgliedschaft auch grundsätzlich mit dem Tod bzw. dem Erlöschen des Mitglieds, soweit die Satzung nicht etwas anderes bestimmt (§ 40 BGB). Trotz dieser klaren Regelung sehen zahlreiche Vereinssatzungen nur vor, dass die Mitgliedschaft mit dem Tod endet. Sofern der Verein juristische Personen als Mitglieder hat, kann aber auch schon die Auflösung oder Insolvenz als Beendigungstatbestand vorgesehen werden.
Satzungsklausel / Ende der Mitgliedschaft durch Tod oder Erlöschen |
Die Mitgliedschaft endet mit dem Tod bzw. der Auflösung des Mitglieds. |
Fazit | Mit einem austarierten System der Beendigungstatbestände räumen Sie zahlreiche Probleme schon aus dem Weg, bevor sie entstehen. Aber auch hier gilt, dass Sie immer prüfen müssen, ob die jeweilige Satzungsklausel erforderlich ist. Diese Prüfung erfordert eine umfassende Interessenabwägung, in die namentlich auch die etwa berührten Grundrechte der Beteiligten einzubeziehen sind, weil Voraussetzung des Aufnahmezwangs ein Gefälle wirtschaftlicher oder sozialer Macht zwischen dem Einzelnen und dem Verein ist; ein dem Verein aufgrund seiner Autonomie zustehender Ermessensspielraum ist dann nur in engen Grenzen zu beachten (BGH, Urteil vom 19.10.1987, Az. II ZR 43/87). |
AUSGABE: VB 3/2024, S. 14 · ID: 49918374