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VermögensverwaltungBeteiligung an Kapitalgesellschaft als Betriebsaufspaltung: Vermögensverwaltung?
| Die Vermögensverwaltung stellt bei gemeinnützigen Körperschaften einen Sonderfall dar. Sie bleibt ertragsteuerfrei, gehört aber nicht zu den satzungsmäßigen steuerbegünstigten Tätigkeiten. Deswegen ist es wichtig, die Vermögensverwaltung von nicht begünstigten wirtschaftlichen Tätigkeiten abzugrenzen. Damit Sie Probleme erkennen und proaktiv lösen können, macht VB Sie in einer Beitragsserie mit den Einzelfällen vermögensverwaltender Tätigkeiten vertraut. In Teil 4 geht es um die Betriebsaufspaltung bei einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. |
Die Grundsätze bei Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft
Grundsätzlich fällt die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in die Vermögensverwaltung. Das gilt auch bei einer mehrheitlichen Beteiligung. Die beiden Ausnahmen sind, dass
- der gemeinnützige Verein aktiv Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der Kapitalgesellschaft nimmt (siehe VB 2/2024) oder
- die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung vorliegen.
Das steckt hinter der Betriebsaufspaltung
Die Betriebsaufspaltung ist ein von der Rechtsprechung geschaffenes Konstrukt. Eine gesetzliche Grundlage gibt es nicht. Kennzeichnend für die Betriebsaufspaltung ist, dass eine eigentlich vermögensverwaltende Tätigkeit – die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern – durch eine personelle und sachliche Verflechtung zwischen Besitz- (hier Verein) und gewerblichen Betriebsunternehmen (Tochtergesellschaft) zu einem Gewerbebetrieb umqualifiziert wird (BFH, Urteil vom 08.11.1971, Az. IV R 41/69).
Die Betriebsaufspaltung hat zur Folge, dass alle von einem steuerbegünstigten Besitzunternehmen einer steuerpflichtigen Betriebsgesellschaft überlassenen Wirtschaftsgüter und die Beteiligung selbst dem gewerblichen Betriebsvermögen zugeordnet werden. Daraus fließende Nutzungsentgelte und Gewinnausschüttungen müssen versteuert werden. Auch ein eingetragener Verein kann im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Besitzunternehmen sein. Es liegt dann ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO vor (FG München, Urteil vom 14.11.2005, Az. 7 K 3705/03). Typisch dafür ist die Auslagerung wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe in eine eigenständige Kapitalgesellschaft (GmbH), an der das Besitzunternehmen die Mehrheit hält.
In diesen Fällen liegt eine Betriebsaufspaltung vor
Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung sind
- die personelle Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen,
- die sachliche Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen und
- die Gewerblichkeit des Betriebsunternehmens.
Personelle Verflechtung
Eine personelle Verflechtung liegt vor, wenn beide Gesellschaften von einem einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen getragen werden (Einkommensteuer-Richtlinien, Amtliche Hinweise [EStH], H 15.7 (6)). Das gilt für
- die Beteiligungsidentität (d. h. an beiden Unternehmen ist dieselbe Person bzw. dieselben Personen im gleichen Verhältnis beteiligt),
- die Beherrschungsidentität (d. h. eine Person oder Personengruppe beherrscht faktisch beide Unternehmen auf gesellschaftsrechtlicher bzw. vertraglicher Grundlage so, dass sie in beiden Unternehmen den einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen kann (EStH, H 15.7 (6)).
Sind an einer Betriebsaufspaltung zwei juristische Personen des Privatrechts (hier: Verein und GmbH) beteiligt, erfordert eine Beherrschungsidentität auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, dass das Besitzunternehmen selbst die Betriebsgesellschaft beherrscht (FG Köln, Urteil vom 28.01.1986, Az. V 136/82). Überlassungsfunktion und Beherrschungsfunktion müssen also von denselben Personen ausgeübt werden.
Praxistipp | Deshalb liegt keine personelle Verflechtung vor, wenn Mitglieder eines eingetragenen Vereins (Mehrheits-)Anteile an der Betriebs-GmbH halten. Im Einzelfall kann das eine Gestaltungsmöglichkeit sein, um eine Betriebsaufspaltung zu vermeiden. |
Für die personelle Verflechtung reicht aus, dass der gemeinnützige Verein der Geschäftsführung der Betriebsgesellschaft in der Gesellschafterversammlung in Form von Beschlüssen mit einfacher Stimmenmehrheit Weisungen in allen Fragen der laufenden Geschäftsführung erteilen kann (BFH, Urteil vom 21.05.1997, Az. I R 164/94).
Beispiele |
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Sachliche Verflechtung
Eine sachliche Verflechtung von Betriebsgesellschaft und Besitzkörperschaft liegt vor, wenn der Betriebsgesellschaft durch die Besitzkörperschaft materielle oder immaterielle Wirtschaftsgüter unmittelbar zur Nutzung überlassen werden und diese Wirtschaftsgüter eine wesentliche Betriebsgrundlage der Betriebsgesellschaft darstellen (vgl. EStH, H 15.7 (5). Das kann auch für die Überlassung von Grundstücken gelten. Hier kommt es aber darauf an, wie groß die wirtschaftliche Bedeutung der Grundstücke für das Betriebsunternehmen ist.
Auch die Überlassung immaterieller Wirtschaftsgüter durch den steuerbegünstigten Verein an eine Betriebsgesellschaft kann zu einer sachlichen Verflechtung führen.
Beispiele |
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... ist typisch für den gemein-
nützigen Sektor Praxistipp | Bei Leistungsbeziehungen zwischen dem Verein als gemeinnütziger Mutterkörperschaft und der steuerpflichtigen Tochtergesellschaft ist darauf zu achten, dass das Entgelt an den Verein fremdüblich ist. Andernfalls liegt eine Mittelfehlverwendung bzw. ein Verstoß gegen das Selbstlosigkeitsgebot vor. Hier gelten die Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung. |
Gewerblichkeit des Betriebsunternehmens
Dritte Voraussetzung für die Annahme einer Betriebsaufspaltung ist die Gewerblichkeit des Betriebsunternehmens (z. B. BFH-Urteil vom 18.06.1980, Az. I R 77/77 und BFH-Urteil vom 13.11.1997, Az. IV R 67/96). Steuerbegünstigte Körperschaften können demnach ebenfalls als Betriebsunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung in Betracht kommen. Eine Gewerblichkeit der Betriebsgesellschaft liegt bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich vor. Hier gibt es nur zwei Ausnahmen:
- Die Kapitalgesellschaft ist selbst vermögensverwaltend tätig.
- Sie ist gemeinnützig.
Die Grundsätze der Betriebsaufspaltung finden keine Anwendung, wenn sowohl das Betriebs- als auch das Besitzunternehmen steuerbegünstigt ist (AEAO, Nr. 3 zu § 64 Abs. 1 AO). Das Besitzunternehmen kann aber nur dann als gemeinnützig anerkannt werden, wenn es z. B. nach Ausgliederung eines bisher von ihm selbst betriebenen Zweckbetriebs weiterhin eine eigene gemeinnützige Tätigkeit unmittelbar entfaltet.
- Die Teile 1 bis 3 der Beitragsreihe „Die ertragsteuerfreie Vermögensverwaltung und die Abgrenzung zu den anderen Vereinssphären“ finden Sie auf vb.iww.de → Abruf-Nr. 49768850 (Teil 1), Abruf-Nr. 49807228 (Teil 2) und Abruf-Nr. 49881194 (Teil 3)Mehr zum Thema auf vb.iww.de
- In der nächsten Ausgabe lesen Sie „Betriebsaufspaltung: Typische Einzelfälle aus Sicht der Rechtsprechung und Finanzverwaltung“
AUSGABE: VB 3/2024, S. 9 · ID: 49930910