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RestwertRestwert beim finanzierten Fahrzeug im Unterschied zum Leasingfahrzeug

Abo-Inhalt14.10.20243012 Min. Lesedauer

| Schon vor der Entscheidung des BGH zum Restwert beim Leasingfahrzeug, noch mehr aber seitdem, versuchen Versicherer die Rechtsprechung dazu auch auf finanzierte Fahrzeuge zu übertragen. Sie wollen durchsetzen, dass der Restwert unter Einbeziehung des Sondermarkts, sprich: der Restwertbörsen, zu ermitteln sei. Damit sind sie überwiegend nicht erfolgreich. Nach Auffassung von VA wird die Leasing-Rechtsprechung zu Recht nicht auf den Finanzierungsfall übertragen. |

1. Die zwei Gruppen von Geschädigten

In der Restwertfrage differenziert der BGH zwischen zwei Gruppen von Geschädigten. Da sind einmal die nicht gewerblich mit dem An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen befassten Geschädigten. Und andererseits sind es die gewerblich mit dem An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen befassten Geschädigten. Diese Etiketten hat der VI. Senat in seiner Entscheidung vom 25.6.19, VI ZR 358/18, Abruf-Nr. 210470 geklebt, in der es um die Verwertung des verunfallten Vorführwagens eines Autohändlers ging.

2. Der Unterschied zwischen Leasing und Finanzierung

Die Fahrzeuge finanzierenden Banken sind nicht mit dem An- und Verkauf von Kraftfahrzeugen befasst. Der Unterschied zwischen der Leasinggesellschaft und der Bank im Hinblick auf den Erwerb und der späteren Weggabe des Eigentums ist Folgender:

Der Leasinggeber (LG) kauft das Fahrzeug, das der potenzielle Leasingnehmer (LN) ausgesucht hat, vom Autohändler. Der Autohändler überträgt das Eigentum an den LG. Der überlässt es im Wege des Leasings dem LN zum berechtigten Besitz. Später verkauft der LG das Fahrzeug und überträgt seinem Käufer das Eigentum. Das ist also Ankauf und Verkauf mit zwischenzeitlicher Vermietung.

Im Unterschied dazu: Der finanzierende Käufer/Darlehensnehmer (DN) kauft das Fahrzeug selbst, der Händler übereignet das Fahrzeug an ihn. Im Darlehensvertrag ist geregelt, dass der DN der Bank in der Sekunde seines Eigentumserwerbs das Sicherungseigentum am Fahrzeug überträgt. Die Bank erlangt das Eigentum also nicht durch Kauf.

Mit Erfüllung des Darlehensvertrags geht das Sicherungseigentum an den DN zurück und ggf. im Rahmen einer Inzahlunggabe von dort an das Autohaus. Die Bank entledigt sich des Eigentums also nicht durch Verkauf.

Nur in den sehr seltenen Fällen der Verwertung des Fahrzeugs durch die Bank bei notleidendem Darlehen kann es zu einem Verkauf durch die Bank kommen. Das ist aber die Ausnahme und nicht die Regel.

3. Die Tendenz in der Instanzrechtsprechung ist eindeutig

Es muss auch nicht differenziert werden zwischen der finanzierenden Hausbank des DN („Sparkasse“) und den spezialisierten Autofinanzierungsbanken.

In einem Fall des LG Memmingen war Darlehensgeber die zum Konzernverbund des Fahrzeugherstellers gehörende Bank. Dennoch hat das Gericht die Übertragung der Leasingfall-Rechtsprechung auf den Finanzierungsfall abgelehnt: „Zwar gilt nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, wenn es sich bei dem Geschädigten um ein Unternehmen handelt, welches sich jedenfalls auch mit dem An- und Verkauf von gebrauchten Fahrzeugen befasst, dass dem Geschädigten in diesem Fall bei subjektbezogener Schadensbetrachtung die Inanspruchnahme des Restwertmarkts im Internet und dort angegebener Kaufangebote zuzumuten ist. So liegt es im konkreten Fall jedoch gerade nicht. Bei der Kia Bank handelt es sich um eine Finanzierungsbank, deren einziger Zweck es ist, eine Fahrzeugfinanzierung zu ermöglichen für Endverbraucher. Für den Verkauf oder Ankauf von Fahrzeugen und den Handel mit Fahrzeugen ist jedoch nicht die Bank, sondern sind einzelne Autohäuser bzw. Autohändler zuständig. Dies ist vollkommen getrennt voneinander zu betrachten. Die Autohändler wiederum bieten dem Kunden, der ein Fahrzeug nicht selbstständig finanzieren kann, dann oft die Möglichkeit, dieses über hauseigene Banken finanzieren zu können. Zwischengeschaltetes Glied des Verkaufs ist jedoch der Händler.“ (LG Memmingen 8.8.24, 22 O 37/24, Abruf-Nr. 244175, eingesandt von RAin Stefanie Moser, Memmingen).

Damit hat sich das Gericht an einer im Wesentlichen gleichlautenden Entscheidung des AG Neustadt an der Saale orientiert (AG Neustadt an der Saale 30.5.23, 1 C 162/22, Abruf-Nr. 236229).

Auf derselben Linie liegt das AG Münster. Auch dort war es eine dem Fahrzeughersteller gehörende Bank: Da eine dem Automobilhersteller zuzurechnende Bank Autos nur finanziert, aber nicht selbst verwertet, darf auch sie sich auf den (im konkreten Fall regional) vom Schadengutachter ermittelten Restwert verlassen. Eigene Restwertermittlungen muss sie nicht vornehmen (AG Münster 19.6.20, 61 C 225/19, Abruf-Nr. 216601).

4. Nach Auffassung von VA wird der BGH genauso entscheiden

Wenn der BGH bei seinen bisherigen Abgrenzungskriterien bleibt und nicht die Kenntnisse des Autohändlers der (insbesondere herstellereigenen) Bank zurechnet, was allerdings den nach seiner Rechtsprechung „vorrangigen“ Schutzzweck der „One stop shopping“-Inzahlunggabe torpedieren würde, wird er den Fall der Restwertanrechnung beim finanzierten Fahrzeug in diesem Sinne entscheiden.

5. Passende Musterformulierung

Für entsprechende Fälle haben wir einen Textbaustein für Sie vorbereitet. Sie finden ihn unter Abruf-Nr. 50202292 und auf der VA-Homepage (iww.de/va) unter den Downloads.

AUSGABE: VA 11/2024, S. 190 · ID: 50197222

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