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Verletzungsnachweis/FeststellungsklageSchwieriger Nachweis der Unfallverletzungsfolgen hindert nicht das Feststellungsinteresse

Abo-Inhalt16.08.2024644 Min. Lesedauer

| Das Feststellungsinteresse kann nicht schon verneint werden, nur weil es möglicherweise nicht nachgewiesen werden kann. |

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Im Verfahren vor dem LG Cottbus (22.6.22, 2 O 47/18) sah der Sachverständige einen Teilabriss der Sehne in der linken Schulter des Klägers als durch den Verkehrsunfall verursacht an. Die behauptete Dauereinschränkung führte er jedoch allein auf eine erhebliche Vorschädigung der linken Schulter zurück. Das LG wies daraufhin den Feststellungsantrag mangels Feststellungsinteresse ab. Es vermisste zudem einen Vortrag des Klägers zu konkreten Anhaltspunkten, welche etwaigen Schäden er noch für möglich erachte.

Das wurde vom OLG Brandenburg (18.1.24, 12 U 144/22, Abruf-Nr. 242929) kassiert. Das OLG stellte klar, dass angesichts der Notwendigkeit einer operativen Versorgung der Sehnenverletzung die Besorgnis des Klägers genüge, dass die Verletzung nicht folgenlos ausgeheilt sei. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich beim Kläger weitergehende Einschränkungen entwickeln, für die das Sturzgeschehen zumindest mitursächlich ist, ist das Feststellungsinteresse gegeben und der Feststellungsantrag begründet. Dass der Nachweis der Mitursächlichkeit des Sturzgeschehens im Hinblick auf die bestehende Vorerkrankung des Klägers im Schulterbereich schwierig werden wird, ist diesbezüglich unerheblich.

Relevanz für die Praxis

Das zur Zulässigkeit erforderliche rechtliche Interesse (§ 256 ZPO) ist bereits gegeben, wenn aus Sicht des Klägers bei verständiger Würdigung der Eintritt weiterer Schäden nicht ausgeschlossen werden kann (BGH NJW-RR 22, 23). Inzwischen hat der BGH auch klargestellt, dass es auf die Wahrscheinlichkeit weiterer Schäden weder für die Zulässigkeit noch für die Begründetheit des Feststellungsanspruchs ankommt (BGH NJW 18, 1242). Instruktiv ist der Hinweis des OLG Brandenburg darauf, dass (selbst größte) voraussichtliche Nachweisschwierigkeiten mit dem Feststellungsinteresse nichts zu tun haben.

Beachten Sie | Solange nur die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, kann in vollem Umfang Feststellung der Ersatzpflicht begehrt werden (BGH NJW-RR 16, 759). Eine (Teil-)Leistungsklage, egal bezüglich welcher Schadenposition, muss daher selbst dann nicht vorrangig erhoben werden, wenn der Anspruch beziffert werden kann.

Merke | Nur wenn der Schädiger anerkennt, sich so behandeln zu lassen, als wenn gegen ihn ein rechtskräftiges Feststellungsurteil ergangen wäre, nicht aber schon durch ein Anerkenntnis ohne diese Erklärung oder Verzicht auf die Einrede der Verjährung, entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellungsklage (OLG Hamm, NZV 2000, 374).

AUSGABE: VA 9/2024, S. 145 · ID: 50101974

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