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HaushaltsführungsschadenMöglicher Wegfall des Haushaltsführungsschadens im hohen Alter (92 Jahre)
| Ersatzleistungen des VR bei einem Haushaltsführungsschaden können im hohen Alter des Geschädigten wegfallen. Entscheidend ist dabei, ob die Beeinträchtigungen noch anhalten oder nicht. Das muss der Geschädigte darlegen und nachweisen. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Die damals 72-jährige Klägerin wurde 2002 bei einem Verkehrsunfall dauerhaft verletzt. Der beklagte VR regulierte bis 2018 einen Haushaltsführungsschaden mit halbjährlich 1.560 EUR. Anschließend einigte er sich mit der inzwischen 88-Jährigen auf eine monatliche Zahlung von 200,00 EUR. Nachdem die mittlerweile 92-jährige Klägerin mitgeteilt hatte, dass sie aus gesundheitlichen Gründen aus der eigenen Wohnung ausgezogen sei und bei ihrem Sohn leben würde, stellte der VR sich auf den Standpunkt, dass kein Haushaltsführungsschaden mehr zu ersetzen sei. Das LG Bremen (1.3.23, 4 O 1047/22, Abruf-Nr. 242932) gab ihm recht. Es verneinte zwar eine allgemeingültige Altersgrenze für die unfallfremde Herabsetzung der Leistungsfähigkeit. In Ansehung der neuen Wohnsituation, nebst „Betreuung“ durch den Sohn und der unfallunabhängigen, erheblichen Krankheiten forderte es nun jedoch weiteren Vortrag der Klägerin dazu, welche konkreten Tätigkeiten im Haushalt unfallbedingt nicht mehr vorgenommen werden können, um diesen Schaden konkret monatsweise geltend zu machen.
Relevanz für die Praxis
Eine generelle Befristung auf ein bestimmtes Lebensalter (65, 70 Jahre: OLG Schleswig, OLGR 06, 58 oder 75 Jahre, weil dann allgemein das Ende der eigenen Haushaltsführung angenommen wird: OLG Hamm NZV 95, 599; OLG Celle ZfS 83, 291) ist üblich, sollte aber im Einzelfall kritisch hinterfragt werden. Dauern die Einschränkungen darüber hinaus an, kann weitere Leistung verlangt werden. Der Anspruch kann mit der Feststellungsklage gesichert werden (OLG Rostock ZfS 03, 233: dort allerdings für die schon festgestellte Möglichkeit, dass die Behinderungen des Klägers diesen in der Haushaltsführung dauerhaft und über das 75. Lebensjahr hinaus beeinträchtigen werden).
Beim Abfindungsvergleich ist aus Sicht des Geschädigten mit einer lebenslangen Haushaltsführung zu kalkulieren.
Merke | Hat der verletzte Haushaltsführer eine Rente wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit bezogen, ist diese als kongruente Leistung für den „Fremdbedarfsdeckungsanteil“ des Haushaltsführungsschadens ab Bezug der Altersrente (67. Lebensjahr) nicht mehr relevant; ab diesem Zeitpunkt kann daher der volle Haushaltsführungsschaden verlangt werden (Eigen- und Fremdbedarfsdeckung). |
AUSGABE: VA 9/2024, S. 150 · ID: 50100925