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AutokaufGutgläubiger Erwerb unterschlagener Fahrzeuge

Abo-Inhalt17.06.2024101 Min. Lesedauer

| Zwei aktuelle und instruktive Urteile zum daueraktuellen Themenkreis des Verkaufs unterschlagener Fahrzeuge zeigen, auf welche Details es ankommen kann. Denn es geht stets um die Bewertung der Umstände im Einzelfall. Die Volltextlektüre der Urteile ist lehrreich. |

Beiden Fällen ist gemeinsam, dass das Geschäft am Straßenrand bzw. auf dem Parkplatz eines Fast-Food-Restaurants stattfand. Das ist nach der Rechtsprechung des BGH – wenn keine weiteren Verdachtsmomente hinzukommen – nicht von vornherein verdächtig. Es ist naheliegend, das ja nicht in der Wohnung des Verkäufers stehende Fahrzeug zu besichtigen.

1. Die Formularnummern muss der Käufer nicht abgleichen

Im Fall des LG Stade hat die Darlehensnehmerin das an die Bank sicherungsübereignete Fahrzeug verkauft. Der Käufer war Profi. Sie übergab die echte Zulassungsbescheinigung Teil I. Der Teil II war eine Fälschung, aber eine auf einem echten Blankodokument aus einem Einbruchdiebstahl bei einer Zulassungsstelle. Dem Käufer war nicht aufgefallen, der Zulassungsstelle später aber schon, dass die Dokumentennummern nicht übereinstimmten. Da die Haptik des Dokumentes echt war und die Eintragungen schlüssig waren, musste die Divergenz der Dokumentennummer auch dem Fahrzeughändler nicht auffallen. Denn er hatte keinen Anlass, so übergenau hinzuschauen. Er war nur zu einer Überprüfung durchschnittlicher Gründlichkeit verpflichtet (LG Stade 15.9.23, 6 O 37/23, Abruf-Nr. 241823, eingesandt von RA Johannes Weber, Buchholz).

2. Ein vermummter Verkäufer muss die Alarmglocken läuten lassen

Im Fall des LG Halle ging es noch um die Herausgabe des Fahrzeugwerts. Der erste Käufer hatte das Fahrzeug bereits weiterverkauft, wobei der Letztkäufer eindeutig gutgläubig erworben hatte. Der Unterschlager hatte dem Erstkäufer und Beklagten das Fahrzeug mit den Originalpapieren verkauft. Er hatte es selbst bei einem Fahrzeughändler mit einem unechten Bankdokument gekauft, mit dem die Bank scheinbar bestätigte, die Überweisung des Kaufpreises vorgenommen zu haben. Bezahlt hat er nie. Wegen des Eigentumsvorbehalts bis zur Bezahlung hat er aber kein Eigentum erworben. Die Originalpapiere sind ein sehr gewichtiges Indiz dafür, dass gutgläubig erworben wurde.

Allerdings fand der Verkauf an einem durch nichts zu erklärenden Ort am Straßenrand statt. Denn das war nicht der Ort, mit dem der scheinbare Verkäufer in Verbindung zu bringen wäre. Da lagen 200 km zwischen. Der Erstkäufer (Autohändler) hatte den außergewöhnlich günstigen Preis erkannt. Und der „Verkäufer“ war während des gesamten Verkaufsgesprächs mit einer Coronamaske und der Kapuze eines Kapuzenpullovers quasi vermummt. An diesen Umständen hat das Gericht die Gutgläubigkeit scheitern lassen (LG Halle 12.12.23, 4 O 92/23, Abruf-Nr. 241822, eingesandt von RAin Inga Nielsen-Schmidt, Göttingen).

AUSGABE: VA 7/2024, S. 112 · ID: 50052283

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