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KostenrechtBei Einstellung wegen Verjährung müssen Auslagen grundsätzlich erstattet werden

Abo-Inhalt02.05.2024489 Min. Lesedauer

| Wird ein Bußgeldverfahren wegen Verjährung eingestellt (§ 206a StPO), entbrennt meist der Streit um die Frage, wer nun die notwendigen Auslagen des Betroffenen tragen muss. So auch in einem zunächst beim AG Karlsruhe anhängigen Verfahren. |

1. Es muss ein vorwerfbares Fehlverhalten des Betroffenen vorliegen

Das AG hatte das Verfahren gegen den Betroffenen nach § 206a StPO eingestellt (25.8.23, 6 OWi 260 Js 8092/23, Abruf-Nr. 240259), da Verfolgungsverjährung eingetreten war. Das AG hatte nicht feststellen können, dass der Bußgeldbescheid wirksam zugestellt worden ist (§ 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG). Die Kosten des Verfahrens hatte das AG der Staatskasse auferlegt. Es hatte außerdem festgestellt, dass die Betroffene ihre notwendigen Auslagen selbst zu tragen hat. Die Auslagenentscheidung hatte das AG nur kurz begründet: „Unter Würdigung aller entscheidungserheblichen Umstände des Einzelfalls wird daher davon abgesehen, die notwendigen Auslagen der Betroffenen der Staatskasse aufzuerlegen“.

Das LG Karlsruhe hat das auf die Beschwerde zutreffend anders gesehen (31.1.24, 4 Qs 46/23, Abruf-Nr. 240277). Grundlage für ein Absehen von der Erstattung notwendiger Auslagen nach § 467 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 StPO muss ein zu dem Verfahrenshindernis hinzutretendes vorwerfbar prozessuales Fehlverhalten des Beschuldigten/Betroffenen sein (vgl. BVerfG 26.5.17, 2 BvR 1821/16, NJW 17, 2459). Bei einem in der Sphäre der Verwaltungsbehörde oder des Gerichtes eingetretenen Verfahrenshindernis wird es daher regelmäßig der Billigkeit entsprechen, die notwendigen Auslagen des Beschuldigten/ Betroffenen der Staatskasse aufzubürden.

Und ein Verfahrenshindernis in/aus der staatlichen Sphäre hat das LG bejaht. Der Grund für den Eintritt des Verfahrenshindernisses der Verjährung liege vielmehr darin, dass eine wirksame Zustellung des Bußgeldbescheids unter der ausweislich der Meldeauskunft maßgeblichen Adresse nicht erfolgt sei.

2. Unterlassener Hinweis auf falschen Namen als Fehlverhalten?

In dem Zusammenhang ist dann noch hinzuweisen auf eine Entscheidung des AG St. Ingbert. Das hat von der Erstattung notwendiger Auslagen abgesehen, weil dem Betroffenen bekannt gewesen sei, dass ein erster Bußgeldbescheid an ihn wegen falscher Namensangabe nicht zugestellt werden konnte (AG St. Ingbert 12.12.23, 22 OWi 66 Js 1319/23 (2348/23), Abruf-Nr. 240262). Die Entscheidung ist m. E. falsch. Denn es handelt sich im Hinblick auf die Rechtsprechung des BVerfG (a. a. O.) sicherlich nicht um ein vorwerfbar prozessuales Fehlverhalten des Betroffenen, wenn er auf einen solchen Umstand nicht hinweist. Der Nemo-tenetur-Grundsatz gilt auch im Bußgeldverfahren. Das bedeutet, dass der Betroffene auf solche Umstände, die ggf. zu seiner Verurteilung beitragen würden, nicht hinweisen muss.

AUSGABE: VA 7/2024, S. 123 · ID: 49958127

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