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DurchsuchungsmaßnahmeEine Durchsuchung muss verhältnismäßig sein

Abo-Inhalt29.01.2024336 Min. Lesedauer

| Das BVerfG muss sich immer wieder mit den Fragen der Verhältnismäßigkeit von Durchsuchungsmaßnahmen befassen. Es mahnt dazu in seinen Entscheidungen immer wieder an, dass die von ihm aufgestellten Grundsätze eingehalten werden. |

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Der Beschwerdeführer war verbeamteter Lehrer im Schuldienst des Landes Baden-Württemberg. Die Staatsanwaltschaft führte gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Beleidigung. Nach Akteneinsicht beantragte sein Verteidiger die Einstellung des Verfahrens. Es bestehe kein hinreichender Tatverdacht. Im Rahmen der Stellungnahme teilte der Verteidiger u. a. auch mit, der Beschwerdeführer sei „Beamter im aktiven Dienst“. Nach Eingang der Stellungnahme beantragte die Staatsanwaltschaft beim AG den Erlass einer Durchsuchungsanordnung zur Ermittlung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers. Diese wurde erlassen. Die u. a. dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hatte Erfolg:

Das BVerfG ist von einer Verletzung des Grundrechts des Betroffenen aus Art. 13 Abs. 1 GG ausgegangen (15.11.23, 1 BvR 52/23, Abruf-Nr. 239094). Zwar sei eine Durchsuchung nicht bereits deshalb unzulässig, weil lediglich die Einkommensverhältnisse des Beschuldigten ermittelt werden sollen. Die Anordnung einer solchen Durchsuchung ist aber unzulässig, wenn naheliegende und grundrechtsschonende Ermittlungsmaßnahmen zur Verfügung gestanden haben, die ohne greifbare Gründe unterblieben sind. Und solche Maßnahmen hätte man nach Auffassung des BVerfG hier ergreifen können. In Betracht gekommen wäre insoweit die Befragung des Beschuldigten über seinen Verteidiger zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, bei Beamten ggf. eine Anfrage bei der Besoldungsstelle des Beschuldigten sowie darüber hinaus eine Anfrage bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin-Abfrage).

Relevanz für die Praxis

Zur Verhältnismäßigkeit einer BaFin-Abfrage zur Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse auch beim Verdacht nur geringfügiger Straftaten hat bereits das OLG Stuttgart Stellung genommen (13.2.15, 4 Ws 19/15, NStZ 16, 48). Auch das OLG Düsseldorf (27.4.21, 2 RVs 11/21) zieht sie zur Ermittlung der für die Tagessatzhöhe maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse in Erwägung. Das ist sicherlich ein einfacherer und schonenderer Weg als eine Wohnungsdurchsuchung. Im Übrigen: Die Entscheidung ist zwar in einem Beleidigungsverfahren ergangen. Sie hat aber (natürlich) auch für andere Verfahren, in denen es um die Verhängung von Geldstrafen geht, wie gerade auch im Verkehrsstrafrecht, Bedeutung.

Weiterführender Hinweis
  • Zur den Einzelheiten der Durchsuchung im OWi-Verfahren Burhoff in: Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 6. Aufl., 2021, Rn. 796 ff.

AUSGABE: VA 3/2024, S. 50 · ID: 49877377

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