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Energetische Gebäudesanierung§ 35c EStG oder § 35a EStG: So wählen Sie die für Sie beste Steuerermäßigung

Abo-Inhalt29.10.202410 Min. Lesedauer

| Wer von Steuerermäßigungen für energetische Maßnahmen Gebrauch machen will, muss zuerst die Installation bezahlen – und zwar vollständig. Bei einer Ratenzahlung kommt die Ermäßigung erst nach der letzten Rate in Betracht. Das hat jüngst der BFH entschieden. SSP nimmt das BFH-Urteil zum Anlass, um einmal genau hinzuschauen, was es mit § 35c EStG auf sich hat, wie er in Konkurrenz zu § 35a EStG steht und welche Steuerermäßigung wann die bessere Wahl ist. |

§ 35c EStG setzt vollständige Zahlung voraus

Die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen nach § 35c EStG wird erst gewährt, wenn der Installateur die Montage vorgenommen und der Kunde den Rechnungsbetrag vollständig auf das Konto des Installateurs bezahlt hat. Das hat jüngst der BFH klargestellt (BFH, Urteil vom 13.08.2024, Az. IX R 31/23, Abruf-Nr. 244201).

Das hat es mit § 35c EStG auf sich

Die Vorschrift des § 35c EStG sieht eine steuerliche Förderung für bestimmte abschließend aufgezählte energetische Einzelmaßnahmen an einem Gebäude oder einer Wohnung vor. Begünstigte Maßnahmen i. S. v. § 35c Abs. 1 EStG sind

  • die Wärmedämmung von Wänden, Dachflächen oder Geschossdecken,
  • die Erneuerung von Fenstern oder Außentüren,
  • der Ersatz und/oder erstmaliger Einbau von sommerlichem Wärmeschutz,
  • die Erneuerung oder der Einbau von Lüftungsanlagen,
  • die Erneuerung der Heizungsanlage,
  • die Optimierung bestehender Heizungsanlagen, sofern sie älter als zwei Jahre sind, und
  • der Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung.

Wichtig | Auch die Kosten für die Erteilung der notwendigen Bescheinigung vom Fachunternehmen fallen unter § 35c EStG. Zudem können die Kosten für einen zugelassenen Energieberater begünstigt sein, wenn dieser durch den Steuerzahler mit der planerischen Begleitung oder Beaufsichtigung der energetischen Maßnahmen beauftragt worden ist (dann: abweichende Begünstigung in Höhe von 50 Prozent im ersten Jahr).

Darum ging es jetzt vor dem BFH

Im aktuellen BFH-Fall hatte ein Ehepaar im Jahr 2021 sein Eigenheim mittels Einbau eines neuen Gasbrennwertheizkessels modernisiert – unstreitig eine nach § 35c EStG förderfähige Maßnahme. Die Kosten für die Lieferung und die Montage des Kessels beliefen sich auf über 8.000 Euro. In der Rechnung waren auch Kosten für Monteurstunden und Fachhelferstunden enthalten. Seit März 2021 zahlte das Ehepaar gleichbleibende monatliche Raten in Höhe von 200 Euro auf den Rechnungsbetrag; im Jahr 2021 wurden demzufolge insgesamt 2.000 Euro bezahlt. Die für den Kesseleinbau beantragte Steuerermäßigung lehnte das Finanzamt im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer für 2021 ab. Diese komme nämlich erst mit Begleichung der letzten Rate – das wäre hier im Jahr 2024 – in Betracht.

Dieser Auffassung schlossen sich zuerst das FG und nun auch der BFH an. § 35c Abs. 4 Nr. 1 EStG mache die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen nach § 35c EStG von der Bedingung abhängig, dass der Steuerzahler eine Rechnung mit bestimmten Inhalten erhalten hat. Zusätzlich verlange § 35c Abs. 4 Nr. 2 EStG ausdrücklich, dass die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. Bevor die Rechnung nicht vollständig bezahlt sei, liege der von § 35c Abs. 1 EStG geforderte Abschluss der Maßnahme folglich nicht vor. Daraus folge weiter, dass die im Jahr 2021 geleisteten Teilzahlungen nicht zu berücksichtigen seien. Ergo: Das Finanzamt würde die Gesamtaufwendungen des Ehepaars also erst im Veranlagungszeitraum 2024 steuermindernd berücksichtigen.

§ 35c EStG und § 35a EStG schließen sich gegenseitig aus

In seinem Urteil weist der BFH darauf hin, dass das Ehepaar aber ja im Jahr 2021 die Steuerermäßigung nach § 35a Abs. 3 EStG für Handwerkerleistungen in Anspruch nehmen könne. Erfüllt die energetische Maßnahme nämlich die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung nach § 35c EStG, kann normalerweise auch die Steuerermäßigung nach § 35a EStG genutzt werden.

Doch Vorsicht! Es gibt einen Haken. Beide Steuerermäßigungen schließen sich aus (§ 35c Abs. 3 S. 2 EStG). Sprich: Wenn Sie die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen in Anspruch nehmen, ist die steuerliche Förderung nach § 35c EStG ausgeschlossen. Folglich ist es von immenser Bedeutung, welche Steuerermäßigung Sie beanspruchen. Entscheiden Sie sich für die ungünstigere Variante, verspielen Sie damit einen Teil Ihrer Steuererstattung – unter Umständen mehrere tausend Euro.

Ihr Antrag entscheidet über die Nutzung welches Paragrafen

Das Gute: Beide Steuerermäßigungen werden nur auf Antrag gewährt. Sie entscheiden also selbst, ob Sie § 35c EStG oder § 35a EStG in Anspruch nehmen.

Wichtig | Während Sie den Antrag für die Steuerermäßigung nach § 35a EStG im Zahlungsjahr stellen, müssen Sie die Steuerermäßigung nach § 35c EStG in dem Jahr beantragen, in dem Sie die Maßnahme abschließen. Zudem gilt der Antrag bei § 35c EStG nicht automatisch für die Folgejahre. Ihn müssen Sie in den zwei Folgejahren also erneut stellen, sofern Sie die Voraussetzungen des § 35c EStG weiterhin erfüllen. Ohne erneute Antragstellung wird das Finanzamt Ihnen in den Folgejahren keine Steuerermäßigung gewähren.

Praxistipp | Den Antrag nach § 35c EStG müssen Sie nicht zwingend mit Abgabe der Steuererklärung stellen. Sie können ihn bis zum Eintritt der Bestandskraft, also auch innerhalb eines Einspruchsverfahrens, stellen bzw. widerrufen.

Wann ist § 35a EStG günstiger als § 35c EStG?

Vergleicht man die Höhe der potenziellen Steuerermäßigung nach § 35a EStG mit derjenigen des § 35c EStG, kommt man schnell zum Ergebnis, dass in der Regel die Steuerermäßigung nach § 35c EStG zu einem besseren Ergebnis führt.

Die beiden Steuerermäßigungen im Vergleich

Bei § 35c EStG liegen die Höchstbeträge nämlich um ein Vielfaches höher als bei § 35a EStG:

§ 35a Abs. 3 EStG§ 35c EStG
Begünstigte Aufwendungen
Höchstbetrag
Begünstigte Aufwendungen
Höchstbetrag
Jahr 1
20 %1.200 Euro7 %14.000 Euro
Jahr 2
0 %0 Euro7 %14.000 Euro
Jahr 3
0 %0 Euro6 %12.000 Euro
Summe
20 %1.200 Euro20 %40.000 Euro

Dabei gilt es zugunsten von § 35c EStG auch zu berücksichtigen, dass diese Begünstigung den kompletten Rechnungsbetrag umfasst. Bei § 35a EStG ist die Steuerermäßigung auf die Lohnkosten zzgl. Anfahrtspauschalen und darauf entfallende Umsatzsteuer begrenzt (§ 35a Abs. 5 S. 2 EStG).

Sie dürfen bei der Frage, ob § 35a EStG oder § 35c EStG günstiger ist, nicht allein auf das Jahr der Maßnahme („Jahr 1“) abstellen. Sie müssen vielmehr auch die Folgejahre betrachten. Schauen Sie nur auf die Höhe der Steuerermäßigung im Jahr 1 und ist diese nach § 35a EStG höher als bei § 35c EStG, liegt oft ein Trugschluss vor. Denn bei § 35c EStG führen regelmäßig auch die Folgejahre zu einer Steuerermäßigung. Dem Software-Programm zur Erstellung der Einkommensteuererklärung (ggf. ELSTER) die Steuerberechnung allein zu überlassen, kann hier also zu Fehleinschätzungen führen!

Praxistipp | Beläuft sich der Rechnungsbetrag nach § 35c EStG auf mindestens 17.143 Euro, ist immer § 35c EStG besser. Denn in diesem Fall beträgt die Steuerersparnis im ersten Jahr bereits 1.200 Euro – exakt so viel wie bei § 35a EStG maximal möglich. Hinzu kommen potenzielle Steuerermäßigungen in den zwei Folgejahren. Bei Aufwendungen von mindestens 17.143 Euro brauchen Sie also nicht überlegen – § 35c EStG ist immer die bessere Entscheidung.

Wann § 35a EStG die bessere Alternative ist

Die Grundaussage, wann § 35a EStG für Sie besser ist, lautet: Im ersten Jahr muss der Steuerabzug nach § 35a EStG höher sein als die Steuerermäßigung des § 35c EStG und in den zwei Folgejahren muss die Förderung nach § 35c EStG entweder ins Leere laufen oder Sie erfüllen die Voraussetzungen für § 35c nicht mehr. Das folgende Beispiel und dessen fünf Varianten machen den Entscheidungsprozess für Sie transparent und nachvollziehbar.

Ausgangsbeispiel

Sie sind Eigentümer eines Hauses und führen im Jahr 1 eine Optimierung der bereits fünf Jahre alten Heizungsanlage durch. Die Handwerkerrechnung lautet:
Lohnkosten
2.500 Euro
Materialkosten
500 Euro
Umsatzsteuer (19 %)
570 Euro
Summe
3.570 Euro
Lösung: Beantragen Sie die Steuerermäßigung nach § 35a EStG, beträgt diese im Jahr 1 exakt 595 Euro (2.500 Euro zzgl. 475 Euro Umsatzsteuer = 2.975 Euro x 20 Prozent). Würden Sie sich für die Steuerermäßigung nach § 35c EStG entscheiden, würde sich diese im Jahr 1 und 2 auf jeweils 250 Euro (3.570 Euro x 7 Prozent) und im Jahr 3 auf 214 Euro (3.570 Euro x 6 Prozent) belaufen, in Summe 714 Euro. Der Antrag nach § 35c EStG sollte entsprechend bevorzugt werden.

Fortführungsvariante 1: Objekt wird ab Jahr 2 vermietet

Sie entscheiden sich im Jahr 2, das Objekt zu vermieten. Die Vermietung beginnt im Herbst des Jahres 2.
Lösung: Durch die Vermietung im Jahr 2 entfällt für das Jahr 2 die Steuerermäßigung nach § 35c EStG. Dies gilt auch für das Jahr 3, sollte in diesem ebenfalls eine Vermietung erfolgen. Grund: Die Steuerermäßigung kann nur gewährt werden, sofern das Objekt im gesamten Veranlagungszeitraum ausschließlich eigenen Wohnzwecken dient. Dies ist im Jahr 2 nicht gegeben. Eine zeitanteilige Steuerermäßigung sieht § 35c EStG nicht vor. Damit würde in diesem Fall die Steuerermäßigung nach § 35a EStG wie bisher 595 Euro betragen, die Steuerermäßigung nach § 35c EStG lediglich 250 Euro (Jahr 1 = 250 Euro; Jahr 2 und 3 jeweils null Euro). Die auf das Jahr 2 und 3 entfallenden Aufwendungen können auch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden.

Fortführungsvariante 2: Einkommen geht zurück

In den Jahren 2 und 3 sinkt ihr Einkommen erheblich (z. B. aufgrund Renteneintritts, Kündigung des Arbeitsverhältnisses, Mutterschutz- und Elternzeit, Insolvenz des Arbeitgebers, langfristiger Krankheit, etc.). Die Einkommenseinbußen sind derart gravierend, dass Ihr zu versteuerndes Einkommen in den Jahren 2 und 3 eine tarifliche Einkommensteuer von null Euro ergibt.
Lösung: Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG bewirkt eine Ermäßigung der tariflichen Einkommensteuer, maximal auf 0 Euro. Liegt die tarifliche Einkommensteuer bereits bei 0 Euro, läuft § 35c EStG ins Leere. Würde die tarifliche Einkommensteuer bei 50 Euro liegen, würde die Steuerermäßigung nach § 35c EStG nur anteilig – in Höhe von 50 Euro – gewährt werden. Folglich wäre es auch in dieser Fallgestaltung sinnvoller gewesen, im Jahr 1 die Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu wählen.

Wichtig | Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG wird nach dem Gesetzeswortlaut als letzte Steuerermäßigung von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen. D. h., sämtliche anderen Steuerermäßigungen (wie z. B. § 35a EStG) wirken sich vorher aus. Nur wenn nach Abzug der übrigen Steuerermäßigungen noch eine festzusetzende Steuer verbleibt, besteht Potenzial für § 35c EStG.

Fortführungsvariante 3: Erbfall

Sie versterben bereits im Jahr 2. Alleinerbe sind Ihre Kinder.
Lösung: Sie selbst sind für das Jahr 3 nicht mehr steuerpflichtig und können keine Steuerermäßigung beantragen. Auch Ihre Erben können keine „geerbte“ Steuerermäßigung nach § 35c EStG geltend machen. Denn diese erfordert, dass zuvor eigene Aufwendungen geleistet wurden. Dies ist im Rahmen einer Erbschaft nicht gegeben (BMF, Schreiben vom 14.01.2021, Az. IV C 1 – S 2296-c/20/10004  :006, Abruf-Nr. 219976). Zudem fehlt es an einer Vorschrift, die eine Übertragung auf den bzw. die Erben möglich macht (wie z. B. bei der Gebäudeabschreibung → § 11d EStDV). Auch hier sollte im Jahr 1 § 35a EStG genutzt werden, da die Steuerermäßigung nach § 35c EStG für die Jahre 1 und 2 mit insgesamt 500 Euro um 95 Euro niedriger ausfällt.

Fortführungsvariante 4: Objekt wird verkauft

Sie entscheiden sich im Jahr 2 dazu, das Objekt zu veräußern. Das Eigentum geht im Winter des Jahres 2 auf den Käufer über.
Lösung: In diesem Fall kann die Steuerermäßigung nach § 35c EStG noch für das Jahr 2 gewährt werden, vorausgesetzt Sie haben das Objekt bis zur Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Im Jahr 3 ist keine Steuerermäßigung bei Ihnen zu berücksichtigen – mangels eigener Aufwendungen auch nicht beim Käufer des Objekts. Es wäre damit günstiger gewesen, im Jahr 1 die Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu beantragen.

Fortführungsvariante 5: Höchstbeträge werden überschritten

Sie haben in den Vorjahren bereits Steuerermäßigungen nach § 35c EStG beantragt und dabei Aufwendungen in Höhe von 198.000 Euro geltend gemacht.
Lösung: Beim § 35c EStG gilt ein objektbezogener Höchstbetrag von 40.000 Euro. In den Vorjahren wurden hiervon bereits 39.600 Euro ausgeschöpft, 198.000 Euro x 20 Prozent (7 + 7 + 6). Folglich kann für die nun durchgeführte Maßnahme maximal der Restbetrag von 400 Euro nach § 35c EStG als Steuerermäßigung gewährt werden, wohingegen § 35a EStG mit 595 Euro eine höhere Ermäßigung bieten würde.
Fazit | Auch wenn § 35c EStG in den meisten Fällen das größere Steuersparpotenzial besitzt, sollten Sie immer im Blick haben, was sich bei Ihnen tut. Da Sie die Steuererklärung erst im Folgejahr abgeben, tun Sie gut daran, bis dahin erlangte Erkenntnisse zu berücksichtigen, um Fehlentscheidungen zu vermeiden.
Weiterführender Hinweis
  • Beitrag „Steuerliche Förderung energetischer Gebäudesanierungen: BMF aktualisert FAQ“ → Abruf-Nr. 49959676

AUSGABE: SSP 11/2024, S. 21 · ID: 50198535

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