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RechnungslegungDie Rechnungslegung von Stiftungen und deren Prüfung – darauf kommt es in der Praxis an
| Die Stiftung ist im Regelfall darauf ausgerichtet, mittels Stiftungsvermögen und ihren Erträgen den Stiftungszweck zu erfüllen. Die Rechnungslegung kann dabei eine große Hilfe sein, gibt sie idealerweise Aufschluss über das Stiftungsvermögen, die zur Verfügung stehenden Mittel, deren satzungsmäßige Verwendung und die Kapitalerhaltung des Grundstockvermögens. Der Beitrag zeigt, welche neuen Aspekte es bei der Rechnungslegung einer Stiftung und einer Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer zu beachten gibt. |
Inhaltsverzeichnis
- Rechnungslegung nach BGB
- Besondere Regelungen in den Landesstiftungsgesetzen
- Handelsrechtlicher Jahresabschluss kann Pflicht sein
- Kapitalerhaltungskonzept ist zu berücksichtigen
- Wann besteht eine Pflicht zur Prüfung der Rechnungslegung?
- Stiftung kann Jahresrechnung auch freiwillig prüfen lassen
- Das ist Prüfungsgegenstand der Wirtschaftsprüfer
- Rechnungslegung und Prüfung gewinnt künftig an Bedeutung
Rechnungslegung nach BGB
Zivilrechtlich ist der Stiftungsvorstand nach § 84a Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 666 BGB verpflichtet, der Stiftung Auskunft zu erteilen und „Rechenschaft abzulegen“. Hierzu gehört lediglich (vgl. §§ 259 f. BGB)
- eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und der Ausgaben, also eine Jahres(ab)rechnung, und
- ein Bestandsverzeichnis (Vermögensübersicht).
Wichtig | Der Begriff der Jahres(ab)rechnung ist nicht mit dem in § 242 Abs. 3 HGB verwandten Begriff des Jahresabschlusses zu verwechseln. Der Begriff der Jahres(ab)rechnung wird als Oberbegriff für eine Rechenschaftslegung verstanden, die eine übersichtliche, in sich verständliche Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben beinhaltet und sowohl die Erstellung einer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit Vermögensübersicht als auch die Erstellung eines kaufmännischen Jahresabschlusses erlaubt. Insofern steht es den Stiftungsorganen nach BGB grundsätzlich frei, die für ihre Stiftung passende Art der Rechnungslegung zu wählen.
Aufgepasst: Aus der Stiftungssatzung kann sich die Verpflichtung zu einer über eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung hinausgehenden Rechnungslegung, insbesondere also zu der Aufstellung eines kaufmännischen Jahresabschlusses ergeben.
Besondere Regelungen in den Landesstiftungsgesetzen
Die in den Landesstiftungsgesetzen enthaltenen öffentlich-rechtlichen Rechnungslegungspflichten der Stiftungen sehen auch nach der Reform des Stiftungsrechts überwiegend neben der Erstellung einer Jahres(ab)rechnung und einer Vermögensübersicht einen Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks vor.
Vereinzelt gibt es darüberhinausgehende Verpflichtungen, so etwa in Hessen, wo eine getrennte Ausweisung von Rücklagen verlangt wird (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 HStiftG). In Sachsen-Anhalt sollen der Bestand des Grundstockvermögens und seine Veränderungen gesondert nachgewiesen werden (§ 5 Abs. 3 S. 2 StiftG LSA-E). Einige Stiftungsgesetze sehen darüber hinaus eine Pflicht zur „ordnungsgemäßen Buchführung“ vor. Das gilt z. B. für Bayern (Art. 14 Abs. 1 BayStiftG) und Baden-Württemberg (§ 9 Abs. 2 Nr. 3 StiftG BW). Wie auch die Gesetzesbegründung zum Baden-Württembergischen Referentenentwurf klarstellt, sind damit allerdings nicht die nach HGB geltenden Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung gemeint, sondern allgemeine Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnungslegung, wie die Gebote der Richtigkeit, Klarheit und Vollständigkeit.
Die Stiftungsgesetze einiger Bundesländer sehen aber auch Erleichterungen vor: So hat Hamburg am sog. Hamburgischen Stifterprivileg festgehalten, wonach die grundsätzlich gegenüber der Stiftungsaufsicht bestehende Verpflichtung zur Vorlage einer Jahresrechnung, einer Vermögensübersicht und eines Berichts über die Erfüllung des Stiftungszwecks zu Lebzeiten des Stifters nur dann besteht, wenn dieser es ausdrücklich wünscht. Darüber hinaus kann die Vorlagepflicht in der Stiftungssatzung generell abbedungen werden. In Brandenburg sind Verbrauchsstiftungen generell von dieser Verpflichtung befreit.
Familienstiftungen werden von einer Vielzahl von Bundesländern von der Vorlagepflicht befreit, so z. B. in Bayern, Berlin, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, was angesichts der nach BGB vorgesehenen, aber nicht nach dem Stiftungszweck differenzierenden Stiftungsaufsicht zumindest befremdlich ist.
Für kleine Stiftungen ist die Einnahmen-
Ausgaben-Rechnung ausreichend Praxistipp | Im Rahmen der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung werden nur die Zahlungsflüsse des jeweiligen Wirtschaftsjahres dargestellt, also die Zu- und Abflüsse an Zahlungsmitteln und Zahlungsmitteläquivalenten. Die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (mit Vermögensübersicht) bietet sich daher bei kleineren Stiftungen im Unterschied zur komplexen Aufstellung eines kaufmännischen Jahresabschlusses an. Im Unterschied zur Bilanzierung enthält die Vermögensübersicht keine Periodenabgrenzungen im Rahmen von Rückstellungen, was den zeitlichen Aufwand und die Dokumentationsanforderungen reduziert. In dem kürzlich veröffentlichten Entwurf einer Neufassung der Stellungnahme des Instituts der Wirtschaftsprüfer zur Rechnungslegung von Stiftungen (Stand 11.12.2023 – IDW ERS HFA 5 n. F.) wird eine Jahres(ab)rechnung in Form der Einnahmen-Ausgaben-Rechnung mit Vermögensübersicht nur in „leicht zu überschauenden“ Verhältnissen empfohlen, in denen sich die Zufälligkeiten der Zahlungszeitpunkte nicht wesentlich auswirken. |
Manche Stiftungsbehörden stellen Muster zur Verfügung, um der Diversität der Einnahmen-Ausgaben-Rechnungen zumindest in Teilen entgegenzuwirken. Als weitere Rechnungslegungsvorgabe tragen diese Muster jedoch häufig nicht zur Vereinfachung und Vereinheitlichung bei. Außerdem bleiben bei deren Nutzung weitere Nebenrechnungen erforderlich, z. B. um steuerrechtliche Vorschriften erfüllen zu können.
Handelsrechtlicher Jahresabschluss kann Pflicht sein
Unterhält die Stiftung ein Handelsgewerbe, also einen Gewerbebetrieb, der „nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb“ erfordert, gilt: Es besteht für sie als „Kaufmann“ im Sinne des HGB handelsrechtlich, unabhängig von den Vorgaben nach BGB und Landesstiftungsgesetz, eine Verpflichtung zur Buchführung und Aufstellung eines kaufmännischen Jahresabschlusses, bestehend aus Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung (GuV). Maßgeblich hierfür sind die Schwellenwerte des § 241a HGB, also die nachhaltige Überschreitung
- von jährlichen Umsatzerlösen in Höhe von 800.000 Euro (bis 31.12.2023: 600.000 Euro) und
- eines Jahresüberschusses von 80.000 Euro (bis 31.12.2023: 60.000 Euro).
Darüber hinaus kann sich für sehr große Stiftungen eine Pflicht zur handelsrechtlichen Rechnungslegung nach dem Publizitätsgesetz (PublG) ergeben oder auch aus branchenspezifischen Gesetzen bzw. -verordnungen (wie z. B. der Krankenhaus- oder der Pflege-Buchführungsverordnung).
Wird ein handelsrechtlicher Jahresabschluss aufgestellt, muss die Stiftung die Vorschriften der §§ 238 bis 263 HGB beachten, die für alle Kaufleute gelten. Sie muss den Jahresabschluss nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung aufstellen.
Nachweis der satzungsgemäßen Mittelverwendung Praxistipp | Gemeinnützige Stiftungen sind nach § 63 Abs. 3 AO außerdem verpflichtet, durch ordnungsgemäße Aufzeichnungen den Nachweis der satzungsgemäßen Mittelverwendung zu führen. Wird bei entsprechender Komplexität der Stiftungstätigkeit auch ein Lagebericht aufgestellt, bietet es sich an, den Lagebericht und den Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks zusammenzufassen. |
Kapitalerhaltungskonzept ist zu berücksichtigen
Stiftungsrechtlich ist das Grundstockvermögen grundsätzlich ungeschmälert zu erhalten (§ 83c Abs. 1 S. 1 BGB). Allerdings schreiben weder das BGB noch die Landesstiftungsgesetze eine bestimmte Form der Vermögens- bzw. Kapitalerhaltung vor.
Hat der Stifter selbst in der Satzung keine ausdrücklichen Vorgaben gemacht, ist es Aufgabe der zuständigen Stiftungsorgane, durch Auslegung des jeweiligen Stiftungsgeschäfts und der Stiftungssatzung für die Stiftung ein individuelles Kapitalerhaltungskonzept zu entwickeln, das die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks sicherstellt. Für die Frage der Ausgestaltung des Kapitalerhaltungskonzepts ist der bei der Errichtung der Stiftung „zum Ausdruck gekommene Wille“ bzw. der „mutmaßliche Wille“ des Stifters maßgeblich (§ 83 Abs. 2 BGB).
In Rechnungslegung am besten auch auf Grundstockvermögen eingehen Praxistipp | Es empfiehlt sich, in der Rechnungslegung auch auf das zu erhaltende Grundstockvermögen einzugehen. Weil das aus der Bilanz bzw. Vermögensübersicht regelmäßig nicht abgeleitet werden kann, sind Zusatzangaben sinnvoll, die im Anhang oder unter der Bilanz oder in einer separaten Dokumentation über die Zeitwerte der Vermögensgegenstände und Schulden der Stiftung vorgenommen werden. Das ist sinnvoll, weil sich die Prüfung der Stiftungsaufsicht in der Regel auch auf den Erhalt des Grundstockvermögens erstreckt. |
Wann besteht eine Pflicht zur Prüfung der Rechnungslegung?
Die Überprüfung der Rechnungslegung durch die Stiftungsaufsichtsbehörde, einen Wirtschaftsprüfer oder eine vergleichbare Stelle hat in den einzelnen Landesstiftungsgesetzen im Rahmen der Stiftungsrechtsreform deutlich an Bedeutung gewonnen.
Teilweise kann die Stiftungsaufsichtsbehörde verlangen, dass die Stiftung einen Wirtschaftsprüfer beauftragt, oder kann einen Wirtschaftsprüfer mit der Prüfung auf Kosten der Stiftung beauftragen. § 8 Abs. 4 des Schleswig-Holsteinischen StiftG erfordert dafür ein „berechtigtes Verlangen“ der Stiftungsaufsicht, das insbesondere dann bestehen soll, wenn die Stiftung ihrer Verpflichtung zur ordnungsgemäßen Buchführung, zur ungeschmälerten Erhaltung des Grundstockvermögens, zur satzungsgemäßen Verwendung der Nutzungen des Stiftungsvermögens oder des Vermögens der Verbrauchsstiftung oder zur satzungsgemäßen Verwirklichung des Stiftungszwecks nicht nachkommt.
Dabei ist jedoch stets der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und angesichts der relativ hohen Kosten einer Prüfung gerade für kleinere und mittelgroße Stiftungen eine Interessenabwägung vorzunehmen. Eine gesetzliche Pflicht zur Prüfung des Jahresabschlusses kann Stiftungen im Übrigen lediglich nach den Vorgaben des PublG treffen, sofern ein Gewerbe betrieben und die einschlägigen Größenmerkmale gemäß § 1 PublG sowie im Fall von Konzernen gemäß § 11 PublG überschritten werden.
Eine Sonderstellung nimmt das Land Schleswig-Holstein ein. Es sieht in seinem neuen Landesstiftungsgesetz eine Prüfungspflicht für Stiftungen vor, die über ein Grundstockvermögen von zwei Mio. Euro oder mehr verfügen. Dies führt dazu, dass Stiftungen unabhängig von ihrer Komplexität nur aufgrund der Höhe des Grundstockvermögens prüfungspflichtig werden. Nur sofern die Vorlage eines Prüfungsberichts für die Stiftung eine unbillige Härte darstellt, kann die zuständige Behörde auf Antrag eine Ausnahme von der Pflicht zur Vorlage eines Prüfungsberichts zulassen.
Wichtig | Eine Prüfungspflicht kann sich im Übrigen auch aus einer entsprechenden Regelung in der Stiftungssatzung ergeben.
Stiftung kann Jahresrechnung auch freiwillig prüfen lassen
Selbstverständlich können die Stiftungsorgane die Jahres(ab)rechnung der Stiftung auch freiwillig prüfen lassen, wenn die hierfür anfallenden Kosten im Verhältnis zu dem mit der Prüfung einhergehenden Nutzen angemessen erscheinen. In dem Fall muss sich die Prüfung in vielen Bundesländern auch auf die Erhaltung des Grundstockvermögens und die satzungsmäßige Verwendung der Stiftungsmittel erstrecken. Das gilt etwa in Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Schleswig-Holstein und Sachsen. Außerdem besteht dann die Verpflichtung, den Prüfbericht (inkl. Jahres(ab)rechnung und Bericht über die Erfüllung des Stiftungszwecks) bei der Stiftungsaufsicht einzureichen. Vorteilhaft ist, dass die Stiftungsbehörde in dem Fall von einer eigenen Prüfung der Unterlagen absehen kann oder soll (so bspw. nach § 5 Abs. 3 HmbStiftG und § 6 Abs. 2 StiftG NRW).
Das ist Prüfungsgegenstand der Wirtschaftsprüfer
Die Durchführung der Prüfung durch Wirtschaftsprüfer richtet sich in Art und Umfang nach dem erteilten Prüfungsauftrag. Wichtig hierfür sind die Vorschriften über die Pflichtprüfung einer Kapitalgesellschaft und die Grundsätze ordnungsmäßiger Prüfungen von Stiftungen des Prüfungsstandards (PS) 740 des Instituts der Wirtschaftsprüfer. Der Wirtschaftsprüfer prüft, ob bei der Erstellung des Jahresabschlusses die einschlägigen Rechnungslegungsvorschriften einschließlich der Vorgaben der Satzung eingehalten wurden. Erfasst ist bei Stiftungen grundsätzlich auch die Prüfung der Buchführung, des Lageberichts und des Berichts über die Erfüllung des Stiftungszwecks.
Erstreckt sich der Prüfauftrag auch auf die Erhaltung des Grundstockvermögens und die satzungsgemäße Verwendung der Stiftungsmittel, ist das Kapitalerhaltungskonzept der Stiftung von Bedeutung. Der Wirtschaftsprüfer hat zu prüfen, ob die nach diesem Konzept relevanten Parameter hinsichtlich des Grundstockvermögens zutreffend ermittelt wurden und die Stiftungsorgane sich entsprechend des Kapitalerhaltungskonzepts verhalten haben. Die konkreten Prüfungshandlungen hängen daher entscheidend vom jeweiligen Vermögens- bzw. Kapitalerhaltungskonzept ab. Oft wird die Prüfung auch dahingehend erweitert, ob die Stiftung die steuerlichen Vorschriften der Abgabenordnung eingehalten hat.
Wichtig | Insbesondere bei gemeinnützigen Stiftungen sollte zusätzlich auf die Angemessenheit von Organvergütungen geachtet werden. Unverhältnismäßig hohe Vergütungen können eine Mittelfehlverwendung darstellen und zum Verlust der Gemeinnützigkeit der Stiftung führen.
Rechnungslegung und Prüfung gewinnt künftig an Bedeutung
Mit den neuen Regelungen des Stiftungsrechts im BGB und den Landesstiftungsgesetzen dürfte dem Komplex der Vermögens- bzw. Kapitalerhaltung und damit auch der Rechnungslegung und ihrer Überprüfung durch Behörden und Wirtschaftsprüfer in der stiftungsrechtlichen Praxis künftig eine noch größere Bedeutung als bisher zukommen.
- Gies, in Schauhoff/Mehren: Stiftungsrecht nach der Reform, 2. Auflage 2024, Kapitel 11 (erscheint voraussichtlich im Juni 2024)
AUSGABE: SB 5/2024, S. 83 · ID: 49960505