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SBStiftungsBrief

Umsatzsteuer/TreuhandstiftungUnselbstständige Stiftung als umsatzsteuerrechtliche Leistungsempfängerin – BFH am Zug

Top-BeitragAbo-Inhalt31.01.20231763 Min. LesedauerVon Rechtsanwältin Dr. Alena Kirchinger, Flick Gocke Schaumburg Rechtsanwälte Wirtschaftsprüfer Steuerberater Partnerschaft mbB, München

| Kann eine unselbstständige (nichtrechtsfähige) Stiftung Leistungsempfängerin im Rahmen von Leistungsaustauschverhältnissen mit ihrem Rechtsträger sein? Das FG Münster hatte diese umsatzsteuerliche Frage im Jahr 2022 verneint. Die Finanzverwaltung sieht das aber anders und hat nun gegen das Urteil Revision zum BFH eingelegt. SB macht Sie mit den Handlungsempfehlungen vertraut und gibt einen Ausblick. |

Bisherige Linie im Umsatzsteuerrecht

Bislang ging die steuerrechtliche Literatur davon aus, dass unselbstständige Stiftungen Leistungsempfänger im Sinne des Umsatzsteuerrechts sein können (Hüttemann/Herzog, DB 2004, 1001 [1009]; zweifelnd Hüttemann in Hüttemann, Gemeinnützigkeitsrecht und Spendenrecht, 5. Aufl. 2021, Steuerbegünstigte Körperschaften, Rz. 2.70). Die unselbstständigen Stiftungen sollten lediglich aufgrund ihrer fehlenden wirtschaftlichen Betätigung kein Recht auf Vorsteuerabzug aus der zu ihren Gunsten vorgenommenen Verwaltungstätigkeit durch den Stiftungsträger haben.

Neue Linie mit dem Urteil des FG Münster

Das FG Münster urteilte nun, dass die vom Stiftungsträger gegen Aufwandsersatz erbrachte dauerhafte Überlassung von Personal sowie die gegen pauschalierte Stiftungsbeiträge getätigten Verwaltungs- und Beratungsleistungen an die unselbstständigen Stiftungen keinen umsatzsteuerbaren und -pflichtigen Umsatz begründen (FG Münster, Urteil vom 05.05.2022, Az. 5 K 1753/20 U, Abruf-Nr. 230039).

  • Wesentliches Argument des FG ist die fehlende Rechtssubjektqualität unselbstständiger Stiftungen. Das für einen Leistungsaustausch erforderliche Rechtsverhältnis könne deswegen zwischen Stiftungsträger und jeweiliger Stiftung nicht bestehen.
  • Ein weiteres gewichtiges Argument für das FG ist, dass den hier maßgeblichen Stiftungsgeschäften zivilrechtlich eine (grundsätzlich nicht kündbare) Schenkung unter Auflagen zugrunde liegt. Der Stiftungsträger ist planmäßig dauerhaft zivilrechtlicher Eigentümer des jeweiligen Stiftungsvermögens geworden. Dieses könne daher vollstreckungs- und insolvenzrechtlich den Forderungen von Gläubigern des Stiftungsträgers ausgesetzt sein.

Aus all dem schließt das FG Münster sodann, dass es sich bei der Betätigung des Stiftungsträgers zugunsten der unselbstständigen Stiftungen um nicht steuerbare Innenumsätze handle.

Handlungsempfehlungen und Ausblick

Die Finanzverwaltung hat gegen das Urteil Revision zum BFH eingelegt (Az. beim BFH: V R 13/22). Man darf gespannt sein, wie der BFH entscheidet.

Praxistipp | Bescheide, in denen auch Umsatzsteuer aus vermeintlichen Leistungen des Stiftungsträgers an die verwaltete unselbstständige Stiftung enthalten ist, sollten offengehalten werden, bis der BFH entscheidet. Denn dessen Entscheidung könnte ergeben, dass Stiftungsträger, die bislang Umsatzsteuer für ihre Betätigung zugunsten der von ihnen verwalteten unselbstständigen Stiftungen abgeführt haben, eine Erstattung dieser Umsatzsteuer einfordern können.

Der BFH hat bereits zur Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB entschieden, dass diese mangels Rechtsfähigkeit im Verhältnis zu Dritten rechtlich inexistent und damit weder Leistende noch Leistungsempfängerin sein kann (BFH, Urteil vom 22.11.2018, Az. V R 65/17, Abruf-Nr. 206994, Rz. 20-23). Daher scheint es wahrscheinlich, dass der BFH bei der unselbstständigen Stiftung ähnlich entscheiden wird. Auch zwischen Stiftungsträger und unselbstständiger Stiftung fehlt es an der Personenverschiedenheit von Leistendem und Leistungsempfänger. Die unselbstständige Stiftung ist nur eine interne Organisationseinheit des Stiftungsträgers. Die Annahme eines nicht steuerbaren Innenumsatzes bei Tätigkeiten des Stiftungsträgers zugunsten der unselbstständigen Stiftung erscheint dann nur konsequent.

Nichts daran ändert übrigens, dass der EuGH kürzlich zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft hat durchblicken lassen, dass es zwischen den Mitgliedern der Organschaft womöglich keine nicht steuerbaren Innenumsätze gibt (EuGH, Urteil vom 01.12.2022, Rs. C-141/20, Abruf-Nr. 232748 – Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie mbH; Urteil vom 01.12.2022, Az. C-269/20, Abruf-Nr. 232749 – Finanzamt T). Denn bei den Organgesellschaften, um die es ging, stand nie in Zweifel, dass sie eigenständige Rechtsträger sind. Zweifelhaft war vielmehr, ob das Konstrukt der Mehrwertsteuergruppe als solches die Selbstständigkeit der Organgesellschaften in umsatzsteuerrechtlicher Hinsicht beseitigt. Das Konstrukt der Mehrwertsteuergruppe/umsatzsteuerrechtlichen Organschaft setzt voraus, dass nach den allgemeinen Regeln eigenständige Rechtsträger vorhanden sind, sonst bräuchte es sie gar nicht.

Für unselbstständige Stiftungen und ihre Stiftungsträger bleibt festzuhalten, dass sich die Handhabung in der Praxis (zumindest für Fälle bis 01.01.2023) ändern könnte. Die anstehende Entscheidung des BFH wird aber voraussichtlich nicht dazu führen, dass die Finanzverwaltung die Entscheidung zur Bruchteilsgemeinschaft im Bundessteuerblatt II veröffentlicht und damit allgemein anwendet. Denn mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde mit Wirkung zum 01.01.2023 im Umsatzsteuergesetz klargestellt, dass die Unternehmereigenschaft von der Rechtsfähigkeit nach anderen Vorschriften unabhängig ist (§ 2 Abs. 1 S. 1 UStG). Anlass der Gesetzesänderung war die BFH-Entscheidung zur Bruchteilsgemeinschaft. Dies ändert aber nichts daran, dass Unternehmer nur sein kann, wer selbstständig ist. Eine Einrichtung wie die unselbstständige Stiftung, der selbst kein Vermögen zugerechnet werden kann, kann die Rolle als Unternehmer und Steuerschuldner gerade nicht ausfüllen.

AUSGABE: SB 2/2023, S. 39 · ID: 48961757

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