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UmsatzsteuerNeues vom BFH: Auch für punktuellen Unterricht gilt die Steuerbefreiung für Berufsbildung

Abo-Inhalt09.01.20231857 Min. LesedauerVon Wolfgang Pfeffer, Drefahl

| Die Steuerbefreiung für Bildungsveranstaltungen nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG hat die Rechtsprechung mit Verweis auf Gemeinschaftsrecht wiederholt eingeschränkt. Der BFH hat jetzt nachgezogen und klargestellt, dass vor allem für Schul- und Hochschulunterricht erhöhte Anforderungen gelten. SB macht Sie mit den Details vertraut. |

Die Steuerbefreiung nach deutschem Recht

Für den Bildungsbereich gibt es im deutschen Steuerrecht zwei Steuerbefreiungen:

  • § 4 Nr. 21 UStG: Er befreit Unterrichtsleistungen privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, setzt aber eine staatliche Anerkennung (Bescheinigung der Landesbehörde) voraus.
  • § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG: Er befreit Vorträge, Kurse und andere Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, Volkshochschulen oder Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbands dienen, durchgeführt werden, wenn die Einnahmen überwiegend zur Deckung der Kosten verwendet werden. Eine staatliche Anerkennung ist hier nicht erforderlich. Die Rechtsprechung hat diese Steuerbefreiung aber mit Verweis auf Gemeinschaftsrecht auf die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung oder berufliche Umschulung beschränkt.

Ortskundeprüfung und umsatzsteuerfreie Leistung

Beim BFH ging es um einen nicht gemeinnützigen Berufsverband in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Er führte die Ortskundeprüfungen für Taxifahrer durch. Die Bewerber zahlten eine Gebühr dafür. Der Verband stellte eine Quittung aus, in der er keine Umsatzsteuer auswies. Nach einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung versagte das Finanzamt die Steuerbefreiung. Es sah die Ortskundeprüfungen als steuerpflichtig an. Es war der Meinung, nur eine der Prüfung vorhergehende Schulung könne steuerfrei sein, nicht jedoch die Prüfungsleistung als solche. Der BFH gab dagegen dem Verband Recht (BFH, Urteil vom 30.06.2022, Az. V R 32/21, Abruf-Nr. 232102).

Für freizeitbezogene Kurse gibt es keine Umsatzsteuerbefreiung

Der BFH stellt zunächst klar, dass nicht alle Kurse von gemeinnützigen Organisationen und Berufsverbänden umsatzsteuerbefreit sind. Es muss sich vielmehr um Erziehung von Kindern und Jugendlichen, Schul- und Hochschulunterricht, Aus- und Fortbildung oder berufliche Umschulung handeln. Nicht begünstigt sind insbesondere freizeitbezogene Kurse und Veranstaltungen.

Auch einzelne Veranstaltungen sind steuerbefreit

Das ergibt sich aus der richtlinienkonformen Auslegung der entsprechenden Vorschrift der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie (MwStSystRL). Die befreit in Art. 132 Abs. 1 Buchst. i die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, der Schul- und Hochschulunterricht, die Aus- und Fortbildung sowie die berufliche Umschulung und die damit eng verbundenen Dienstleistungen und Lieferungen von Gegenständen durch Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder andere Einrichtungen mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung. Es reicht dabei nach Auffassung des BFH aus, dass sich die einzelnen Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen auf einen der Bereiche der Erziehung, des Unterrichts, der Aus- oder Fortbildung oder der Umschulung beziehen.

Der BFH verweist auf Art. 44 S. 1 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem. Danach umfassen die Dienstleistungen der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie alle Schulungsmaßnahmen, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dienen. Die Dauer der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung ist dabei ohne Belang.

Begünstigt kann auch allein die Durchführung von Prüfungen sein

Die Ortskundeprüfungen sind eine solche Schulungsmaßnahme mit direktem Bezug zu einem Beruf. Sie stellen den Schlusspunkt und notwendigen Bestandteil einer Schulungsmaßnahme zum Beruf des Taxifahrers dar, ohne die der Beruf nicht ausgeübt werden darf. Es widerspräche dem Grundsatz der Neutralität und würde die mit dieser Steuerbefreiung bezweckte Förderung bestimmter Tätigkeiten beschränken, wenn in einem solchen Fall die Steuerbefreiung der Prüfungsleistung davon abhinge, dass ein und derselbe Anbieter Schulungsmaßnahme und Prüfung durchführen muss.

Der Unternehmer muss bei leistungsbezogenen Befreiungsmerkmalen in der Lage sein, das Organisationsmodell zu wählen, das ihm am besten zusagt, ohne die Steuerbefreiung zu verlieren. Es kommt nicht darauf an, ob die Ortskundeprüfung eine eng mit einer Schulungsmaßnahme verbundene Leistung ist oder einen eigenen Zweck verfolgt.

Unterschied zwischen Berufsbildung und Schul- und Hochschulunterricht

Der BFH stellt klar, dass für die Steuerbefreiung der beruflichen Aus- und Weiterbildung andere Anforderungen gelten als für Schul- und Hochschulunterricht. Hier ist ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen erforderlich. Typisch für Schul- und Hochschulunterricht ist eine Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen. Anders bei der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Hier können auch kleinere Kurseinheiten und ein punktuell vermittelter Unterricht steuerbefreit sein.

Fazit | Bei richtlinienkonformer Auslegung des § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG können Schulungen sowie Prüfungen mit direktem Bezug zu einem Beruf steuerfrei sein.

AUSGABE: SB 2/2023, S. 41 · ID: 48971872

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