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PflichtverteidigungGebührenverzicht bei Umbeiordnung zieht Abstriche bei der Pauschgebühr nach sich

Abo-Inhalt24.04.20223166 Min. LesedauerVon RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg

| Pauschgebühranträge haben i. d. R. nur noch selten Erfolg. Umso erfreulicher ist es, wenn dies dann doch einmal geschieht, auch wenn der Pflichtverteidiger nach dem OLG Celle erhebliche Abstriche gegenüber seinem Antrag hinnehmen musste: Ein zur Vermeidung von Mehrkosten für die Staatskasse bei Umbeiordnung erklärter Gebührenverzicht des Verteidigers wirkt sich auch auf die Bewilligung der Pauschgebühr aus. Da dem Pflichtverteidiger für die von dem Verzicht erfassten Verfahrensabschnitte oder Tätigkeiten keine gesetzlichen Gebühren zustehen, können diese Verfahrensabschnitte oder Tätigkeiten auch bei der Bewilligung der Pauschgebühr nicht berücksichtigt werden. |

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Dem Angeklagten war neben seinem (Haupt-)Pflichtverteidiger zunächst ein anderer Rechtsanwalt zum weiteren Pflichtverteidiger bestellt worden. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten der Verteidiger über die weitere Verteidigungsstrategie nach Beginn der Hauptverhandlung beantragte der Angeklagte die Entpflichtung des weiteren Pflichtverteidigers unter gleichzeitiger Beiordnung des Rechtsanwalts R. Dieser erklärte, dass „der Staatskasse (…) durch die Umbeiordnung keine zusätzlichen Kosten entstehen“ werden (OLG Celle 10.12.21, 5 AR [P] 7/20, Abruf-Nr. 228561).

Als R später eine Pauschgebühr nach § 51 RVG beantragte, bejahte das Gericht den besonderen Umfang und die besondere Schwierigkeit des Verfahrens. Allerdings berücksichtigte es bei der Beurteilung des „besonderen Umfangs“ nicht die erstmalige Einarbeitung des Antragstellers in die Ermittlungsakten und die allgemeine Vorbereitung auf die Hauptverhandlung.

Relevanz für die Praxis

Entscheidend war: Der Antragsteller hat bei der Umbeiordnung auf die Grundgebühr und die Verfahrensgebühren verzichtet. Ein solcher Gebührenverzicht im Rahmen der Umbeiordnung ist zulässig und wirksam (vgl. KG StraFo 16, 513; OLG Karlsruhe NStZ 16, 305; Volpert in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., Teil A Rn. 2398).

Der Gebührenverzicht wirkt sich auch auf die Bewilligung der Pauschgebühr aus. Denn einem Pflichtverteidiger stehen für einen Verfahrensabschnitt oder eine bestimmte Tätigkeit keine (gesetzlichen) Gebühren zu, entweder weil eine Gebühr gar nicht entstanden ist oder weil auf eine entsprechende Gebühr verzichtet worden sei. Dieser Verfahrensabschnitt oder diese Tätigkeit kann deshalb auch nicht bei der Bewilligung einer Pauschgebühr berücksichtigt werden (OLG Hamm StraFo 12, 161 m. Anm. Burhoff; Gerold/Schmidt/Burhoff, RVG, 25. Aufl., § 51 Rn. 16; Burhoff/Volpert/Burhoff, a. a. O., § 51 Rn. 21; BeckOK RVG/K. Sommerfeld/M. Sommerfeld, § 51 Rn. 9). Alles andere wäre systemwidrig.

AUSGABE: RVGprof 5/2022, S. 77 · ID: 48011876

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