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GebührenrechtBemessung des anwaltlichen Stundensatzes

Abo-Inhalt20.04.20223539 Min. LesedauerVon RA Detlef Burhoff, RiOLG a. D., Leer/Augsburg

| Die Frage, welche anwaltlichen Stundensätze angemessen sind und welche Kriterien bei ihrer Bemessung zu berücksichtigen sind, spielt in der Praxis immer wieder eine große Rolle. Dazu und zu weiteren Fragen in Zusammenhang mit dem anwaltlichen Stundensatz hat das OLG Düsseldorf Stellung genommen. |

Sachverhalt und Entscheidungsgründe

Die klagende Anwaltskanzlei mit Sitz in Düsseldorf machte gegenüber der Beklagten ein Honorar von netto ca. 9.800 EUR für die Beratung hinsichtlich geplanter Akquisitionen und Investitionen geltend. Dazu sind rund 15 Tätigkeitsstunden abgerechnet worden, für die die Klägerin unterschiedliche Stundensätze von 500, 625 und 710 EUR zugrunde gelegt hatte. Das OLG Düsseldorf wies darauf hin, dass die Beklagte offensichtlich keinen Erfolg haben werde (23.11.21, 24 U 355/20, Abruf-Nr. 228563).

Zu den Entscheidungsgründen des OLG Düsseldorf

1. Die Angemessenheit eines anwaltlichen Stundensatzes hängt u. a. von der Kostenstruktur der jeweiligen Anwaltskanzlei ab. Einzelkanzleien mit wenig Personal, zum Teil mit Familienangehörigen, in ländlichen, mietpreismäßig günstigen Landesteilen können deutlich anders kalkulieren als international tätige Großkanzleien in Städten mit teuren Mieten und einem großen und kostspieligen Personalbestand (u. a. bereits OLG Düsseldorf RVG prof. 19, 136).

2. Die Höhe eines anwaltlichen Stundensatzes unterliegt keiner AGB-rechtlichen Kontrolle. Denn Preisvereinbarungen sind von einer Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB ausgenommen (BGH NJW 19, 2997).

3. Bestreitet der Mandant pauschal den Umfang der Tätigkeit des Anwalts, ist dies bei Vorgängen unerheblich, die der Mandant selbst miterlebt hat (z. B. Telefonate, Gespräche) oder durch die er anhand objektiver Unterlagen (z. B. Beweisaufnahmeprotokolle) Kenntnis erlangt hat (OLG Düsseldorf RVG prof. 19, 136).

4. Ein Gericht ist aus eigener Sachkunde in der Lage, den Zeitaufwand anwaltlicher Tätigkeit zu schätzen (§ 287 ZPO). Auch ein Richter leistet vergleichbare Arbeit, indem er Informationen rechtlicher Art verarbeitet, Recherchen durchführt und Dokumente erstellt (OLG Düsseldorf RVG prof. 19, 136).

Relevanz für die Praxis

Die Entscheidung entspricht der BGH-Rechtsprechung. Von Bedeutung ist der nochmalige Hinweis des OLG darauf, dass für die Frage der Angemessenheit des anwaltlichen Stundensatzes auch die Kostenstruktur der jeweiligen Anwaltskanzlei von Bedeutung ist. Das wird den Einzelanwalt „mit wenig Personal, zum Teil mit Familienangehörigen, in ländlichen und mietpreismäßig günstigen Landesteilen“ nicht freuen, ist aber wohl richtig. Denn der Aufwand ist in „international tätigen Großkanzleien in Städten mit teuren Mieten und einem großen und kostspieligen Personalbestand“ ein anderer.

AUSGABE: RVGprof 5/2022, S. 79 · ID: 48043685

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