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StrafverteidigungskostenSind Strafverteidigungskosten bei Steuerhinterziehung als Betriebsausgaben absetzbar?
| Die steuerliche Abzugsfähigkeit von Strafverteidigungskosten bei Steuerhinterziehung ist ein komplexes Spannungsfeld. Während Betriebsausgaben gem. § 4 Abs. 4 EStG abziehbar sind, sind Aufwendungen, die durch eine Straftat veranlasst sind, nicht abziehbar, § 12 Nr. 4 EStG. Zusätzliche Schwierigkeiten ergeben sich, wenn parallel zum Strafverfahren eine Betriebsprüfung durchgeführt wird. Dazu im Einzelnen. |
1. Gesetzliche Vorgaben sowie aktuelle Rechtsprechung
Parallel zu einem Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung nach § 370 AO findet oft eine steuerliche Betriebsprüfung (BP) nach §§ 193 ff. AO statt, die sich damit befasst, ob die Steuererklärungen korrekt sind. Damit geht es zumindest mittelbar um den Umfang der hinterzogenen Steuern. Fraglich ist, ob und in welchem Umfang die in einem solchen Zusammenhang entstehenden Verteidigungs- und Beratungskosten als Betriebsausgaben abziehbar sind.
Nach § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind. Entscheidend für die Abzugsfähigkeit ist somit die betriebliche Veranlassung der entstandenen Kosten. Verteidigungskosten im Zusammenhang mit Steuerhinterziehung sind Aufwendungen, die nicht nur bzw. nicht ausschließlich betrieblich, sondern auch privat veranlasst sind. Die steuerrechtliche Abzugsfähigkeit dieser Kosten wird daher i. d. R. durch § 12 Nr. 4 EStG eingeschränkt, der bestimmt, dass Aufwendungen, die durch eine Straftat verursacht sind, nicht abzugsfähig sind.
a) Die Nichtabziehbarkeit von Strafen u. a. nach § 12 Nr. 4 EStG
Grund dafür, dass u. a. Geldstrafen und die Strafverteidigungskosten nicht steuerlich abziehbar sind, ist, dass sie in einem engen Zusammenhang mit der Straftat bzw. mit der Bestrafung stehen. Der Gesetzgeber möchte verhindern, dass strafrechtlich relevantes Verhalten durch eine steuerliche Begünstigung indirekt gefördert wird. Diese Kosten werden somit als Teil der Strafe und nicht als notwendige Aufwendungen angesehen, um Einkünfte zu erzielen. Der Strafcharakter überwiegt, da die Verteidigung das Ziel hat, die Folgen eines (potenziellen) strafbaren Verhaltens zu mildern oder zu vermeiden. Auch wenn dadurch eigene Rechte gewahrt werden sollen, bleibt die Verteidigung eng mit dem strafrechtlichen Vorwurf verknüpft.
b) Restriktive Rechtsprechung des BFH
Strafverteidigungskosten sind weder als Werbungskosten noch als außergewöhnliche Belastungen abziehbar (BFH 16.4.13, IX R 5/12). Die Kläger, ein Ehepaar, hatten für die Jahre 2007 und 2008 Strafverteidigungskosten des Ehemanns geltend gemacht, der wegen Beihilfe zur Untreue verurteilt worden war. Sie versuchten in allen Instanzen vergeblich, diese Kosten entweder als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen oder hilfsweise als außergewöhnliche Belastungen abzusetzen.
Merke | Strafverteidigungskosten können nur als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden, wenn die strafrechtliche Handlung in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen steht und es nicht zu einer Verurteilung kommt, vgl. § 12 Nr. 4 und § 52 Abs. 20 EStG (BFH 31.3.22, VI B 88/21). Dies ist der Fall, wenn die Tat ausschließlich durch die berufliche Tätigkeit veranlasst wurde. |
Im vorliegenden Fall bestand jedoch kein hinreichender beruflicher Zusammenhang. Der Vorwurf der Untreue betraf vielmehr private Vermögensangelegenheiten und nicht die berufliche Sphäre des Klägers.
Auch ein Abzug der Strafverteidigungskosten als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG wurde vom BFH verneint. Prozesskosten im Strafverfahren entstehen nicht zwangsläufig, da sie auf einer vorsätzlich begangenen Straftat basieren. Der Steuerpflichtige hätte diese Kosten durch rechtmäßiges Verhalten vermeiden können. Anders als in Zivilprozessen, bei denen der Steuerpflichtige gezwungen sein kann, gerichtliche Verfahren zu führen, um seine Rechte zu wahren, sind Strafverfahren das Ergebnis eines strafbaren Verhaltens, das der Steuerpflichtige hätte unterlassen können.
Strafverteidigungskosten sind als Werbungskosten abziehbar, wenn der strafrechtliche Vorwurf durch das berufliche Verhalten veranlasst ist (BFH 31.3.22, VI B 88/21). Ein angestellter Geschäftsführer (GF) war wegen Hinterziehung von Lohnsteuer und Vorenthaltung von Sozialversicherungsbeiträgen angeklagt. Das FG Münster hielt die Werbungskosten für abzugsfähig, da sie beruflich veranlasst seien. Der BFH wies die dagegen eingelegte Beschwerde des FA zurück und stellte klar, dass die strafrechtlichen Vorwürfe konkret auf die Lohnsteuerhinterziehung und das Vorenthalten von Arbeitsentgelten bezogen waren, die in Ausübung der beruflichen Tätigkeit des GF begangen wurden. Die private Nutzung von Mitteln stand nicht in einem ausreichenden Zusammenhang mit diesen Taten, sodass die berufliche Veranlassung nicht durch private Zwecke überlagert war. Die Revision wurde nicht zugelassen, da die Rechtsfragen bereits durch die Rechtsprechung geklärt waren.
2. BP und ihre Wechselwirkungen mit dem Strafverfahren
Oft findet parallel zu einem Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung eine BP statt. Letztere löst sogar häufig die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens aus. Die im Rahmen der BP entstehenden Kosten – etwa für Steuerberater und Anwälte – werden regelmäßig betrieblich veranlasst sein, sofern sie im Zusammenhang damit stehen, steuerliche Pflichten zu erfüllen. Die Kosten für die Rechts- und Steuerberatung, die im Rahmen einer BP anfallen, können daher als Betriebsausgaben abgezogen werden.
Steuerberatungskosten können entweder als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Einkunftsermittlung entstehen (BFH 18.11.65, IV 151/64 U, BStBl III 66, 190) oder i. V. m. Betriebssteuern stehen, wie etwa Gewerbe-, Umsatz- oder Grundsteuer für betriebliche Grundstücke, sowie Investitionszulagen für einkünfterelevante Investitionen. Dazu gehören u. a. die Kosten für Buchführung und deren Überwachung, die Feststellung von Einnahmen und Ausgaben, die Erstellung von Zusammenstellungen, die Aufstellung von Bilanzen oder Einnahmenüberschussrechnungen sowie die Beantwortung steuerlicher Fragen, soweit diese nicht als Nebenleistungen nach § 12 Nr. 3 EStG gelten. Auch die Kosten für die Beratung und das Ausfüllen der Einnahmenüberschussrechnung (EÜR) zählen hierzu (BMF 21.12.2007 IV B 2 – S 2144 /07/0002, BStBl I 08, 256).
a) Rechtsprechung zur steuerlichen Behandlung von Steuerberatungskosten
Aufwendungen, die ausschließlich durch das Strafverfahren verursacht werden, sind i. d. R. nicht abziehbar, sofern diese privat veranlasst sind.
Dagegen sind Kosten, die aus der BP resultieren und der ordnungsgemäßen Aufklärung steuerlicher Sachverhalte dienen, als Betriebsausgaben abziehbar, insbesondere, wenn die BP unabhängig vom Strafverfahren durchgeführt wird oder sich aus einer gewöhnlichen Außenprüfung ergibt (BFH, a. a. O.).
Kosten, die ein Steuerberater dafür berechnet, die Ergebnisse der Gewinnermittlung in die Vordrucke der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der steuerpflichtigen Einkünfte zu übertragen (§ 24 Abs. 1 Nr. 2 StBVV), sind nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Grund: Die Pflicht, eine Gewinnfeststellungserklärung (§ 181 Abs. 2 AO) abzugeben, ist eine private Pflicht der Gesellschafter (BFH 24.11.83, IV R 22/81, BStBl II 84, 301; 21.5.87, IV R 134/83, BStBl II 87, 764; 13.7.94, XI R 55/93, BStBl II 94, 907; 6.4.95, VIII R 10/94, BFH/NV 96, 22; 28.10.98, XI B 34/98, BFH/NV 99, 610).
b) Kosten der steuerlichen Beratung während eines Strafverfahrens
Im Zuge einer BP fallen oft zusätzliche Kosten z. B. nach § 13 StBVV für die steuerliche Beratung und Unterstützung an. Diese Kosten können als Betriebsausgaben geltend gemacht werden, da sie dazu dienen, betrieblichen Einkünfte festzustellen und ordnungsgemäß zu ermitteln (BFH 18.11.65, IV 151/64 U, BStBl III 66, 190). Diese Kosten sind auch abziehbar, wenn sie in engem zeitlichen Zusammenhang mit einem Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung stehen, solange sie nicht unmittelbar der rein privat veranlassten Verteidigung dienen.
c) Aufteilung der Kosten zwischen Strafverteidigung und Betriebsprüfung
In Fällen, in denen sowohl strafrechtliche als auch steuerliche Sachverhalte geklärt werden müssen, ist fraglich, ob die Kosten in abziehbare und nicht abziehbare Teile aufgeteilt werden können. Der BFH hält eine Aufteilung der Kosten für möglich, wenn eine klare Trennung zwischen den betrieblich und strafrechtlich veranlassten Aufwendungen besteht (BFH 21.9.09, GrS 1/06). Dies setzt jedoch voraus, dass die verschiedenen Veranlassungsbereiche vom Steuerpflichtigen eindeutig abgegrenzt werden können. Ein Beispiel wäre die Anwalts- und Beratungstätigkeit, die sowohl die Verteidigung gegen strafrechtliche Vorwürfe als auch die Begleitung einer BP umfasst. In solchen Fällen wäre eine anteilige Aufteilung der Kosten denkbar, sofern der Steuerpflichtige nachweisen kann, welche Kosten auf die betriebliche Steuerberatung entfallen und welche .der strafrechtlichen Verteidigung dienen.
3. Besonderheiten bei Selbstanzeigen und Steuerhinterziehung
Ein weiterer Aspekt betrifft die steuerliche Behandlung von Kosten, die im Rahmen einer Selbstanzeige nach § 371 AO entstehen. Unter Berücksichtigung des BMF-Schreibens vom 21.12.07 (BStBl I 08, 256) zur Zuordnung von Steuerberatungskosten ist die Abzugsfähigkeit der Kosten einer Selbstanzeige i. S. d. § 30 StBVV wie folgt zu beantworten:
a) Betriebliche Veranlassung und Abzug als Betriebsausgaben
Steuerberatungskosten sind als Betriebsausgaben abziehbar, wenn sie im Zusammenhang damit stehen, betriebliche Einkünfte zu ermitteln. Dies umfasst insbesondere die Kosten für Buchführungsarbeiten (§ 33 StBVV), um Bilanzen oder Einnahmenüberschussrechnungen zu erstellen (§ 35 StBVV) und steuerliche Fragen zu beantworten (§13 StBVV), soweit sie die betriebliche Tätigkeit betreffen. Wenn die Selbstanzeige auf betriebliche Sachverhalte abzielt, wie z. B. die Korrektur fehlerhafter Umsatzsteuer- oder Gewerbesteuererklärungen (§ 24 StBVV), sind die damit verbundenen Steuerberatungskosten abziehbar, da der betriebliche Zusammenhang im Vordergrund steht.
Kosten einer Selbstanzeige (§ 30 StBVV) sind nur als Betriebsausgaben abziehbar, wenn sie klar einem betrieblichen Zusammenhang zuzuordnen sind, etwa bei der Korrektur von betrieblichen Steuererklärungen.
b) Keine Abzugsfähigkeit bei privater Veranlassung
Steuerberatungskosten, die private Sachverhalte betreffen, sind hingegen nicht als Betriebsausgaben abziehbar. Betrifft die Selbstanzeige private Sachverhalte, sind die damit verbundenen Kosten nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung, z. B. wenn die Selbstanzeige private Einkünfte (z. B. Kapitaleinkünfte) betrifft, § 12 Nr. 1 S. 2 EStG.
Das BMF-Schreiben hebt hervor, dass die Übertragung der Ergebnisse aus der Einkunftsermittlung in Steuererklärungen sowie die Beratung in tariflichen oder veranlagungsbezogenen Fragen als privat veranlasst gelten und somit nicht abziehbar sind.
c) Gemischte Veranlassung und Aufteilung
In Fällen, in denen Steuerberatungskosten sowohl betriebliche als auch private Sachverhalte betreffen (z. B. bei gemischten Einkünften), ist eine Aufteilung der Kosten erforderlich. Nach dem BMF-Schreiben (BMF, a. a. O.) können gemischt veranlasste Aufwendungen im Rahmen einer sachgerechten Schätzung aufgeteilt werden. Für kleinere Beträge bis 100 EUR wird aus Vereinfachungsgründen eine Zuordnung durch den Steuerpflichtigen akzeptiert. Dies gilt auch für gemischte Steuerberatungskosten, wenn z. B. die Selbstanzeige sowohl betriebliche als auch private Sachverhalte betrifft.
Praxistipp | Es ist darauf zu achten, dass Steuerberatungskosten, die im Zusammenhang mit der Korrektur betrieblicher Steuererklärungen anfallen, klar von den Kosten für die Verteidigung in Strafverfahren getrennt werden. Eine rechtzeitige Abstimmung mit dem Steuerberater und eine genaue Dokumentation der Aufwendungen helfen, unnötige steuerliche Risiken zu vermeiden. |
AUSGABE: PStR 2/2025, S. 42 · ID: 50222686