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Sie haben die Ausgabe Feb. 2025 abgeschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
der Jahresauftakt 2025 steht im Zeichen des Wandels – zumindest auf dem politischen Parkett. Deutschland wählt im Februar einen neuen Bundestag. Auch für das Steuerrecht und Steuerstrafrecht stellt sich die Frage: Quo vadis?
Ein Blick in die Wahlprogramme der großen Parteien offenbart mäßig viel Ambition – und so manches Déjà-vu. Während Begriffe wie „Finanzkriminalität“, „Steuerbetrug“ und „Geldwäsche“ in fast allen Programmen auftauchen, bleibt der steuerpolitische Fokus insgesamt schwach. Das große Ganze? Fehlanzeige. Stattdessen wird an den altbekannten Schrauben gedreht (Freibeträge hier, Abschreibungen dort).
Die meisten steuerlichen Details liefert die FDP – aber ausgerechnet die Forderung nach einer geringeren Umsatzsteuer für Restaurantbesuche weckt spezielle Erinnerungen (Stichwort: Hotel). Man möchte fast fragen: Kommt jetzt auch noch der reduzierte Steuersatz für Frühstücksbrötchen? Die Grünen haben (neben Cum/Ex und Cum/Cum) noch „Share Deals“ als „Teufelszeug“ identifiziert. Der Schlussakkord lautet: „Schlupflöcher müssen weg.“ Amen.
Andere Parteien wollen nicht nur Schlupflöcher schließen, sondern neue Quellen öffnen. Dazu greifen sie tief in die Mottenkiste und holen „Untote“ zurück ins Rampenlicht. So erlebt die Vermögensteuer bei SPD und Grünen eine Renaissance – ein Klassiker der deutschen Steuerpolitik, der regelmäßig rausgeholt wird, wenn andere Ideen fehlen. Man könnte meinen, es handele sich um den verlässlichsten Programmpunkt überhaupt: kontrovers diskutiert, praktisch schwer umsetzbar – und in jeder Koalitionsverhandlung zuverlässig beerdigt. Noch ambitionierter klingen die Grünen mit der Forderung nach einer globalen Milliardärssteuer. Politisch risikolos, weil es ohnehin nur eine Handvoll Betroffene gäbe, und in der Umsetzung noch unrealistischer als die Vermögensteuer.
Interessant wird es beim Thema Steuerkontrolle. Die CDU plant den Einsatz von KI zur Betrugsbekämpfung. FDP und Grüne setzen auf effizientere Strukturen im Kampf gegen Finanzkriminalität. Klingt vielversprechend – wäre da nicht der erbärmliche Zustand der digitalen Verwaltung. Das beA-Debakel lässt grüßen. Digitalisierung? Gerne, aber vielleicht sollten wir erst einmal die Basics in den Griff bekommen.
Für uns Steuerstrafrechtler bedeutet das: ein Cocktail aus neuen Herausforderungen und alten Problemen. Ob die angekündigte Digitalisierung (oder gar KI) die erhoffte Entlastung bringt, bleibt abzuwarten. Aktuell bereitet mir die menschliche Dummheit mehr Sorgen als die künstliche Intelligenz.
Eines ist aber sicher: Die steuerpolitische Agenda bleibt spannend – und wird wohl zwischen großen Ambitionen und praktischen Hürden oszillieren.
Bleiben Sie gespannt,
Ihr
Dr. Sebastian Beckschäfer
AUSGABE: PStR 2/2025, S. 2 · ID: 50275169