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Der Steuerberater fragt, der Strafverteidiger antwortetBestechung und Steuerhinterziehung bei BP und im Strafverfahren: Wer muss was beweisen?

Abo-Inhalt17.04.2024339 Min. LesedauerVon RA Harald Braun, Mannheim, und Ass. iur. Dr. Matthias Gehm, Limburgerhof und Speyer

| In Betriebsprüfungen (BP) stößt die Finanzverwaltung oft auf Sachverhalte, die den Rückschluss zulassen, dass Schmiergelder geflossen sind, um Aufträge zu erlangen. In steuerlicher Hinsicht können diese nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden. Fraglich ist, ob strafrechtliche Konsequenzen und, wenn ja, welche zu erwarten sind. |

FRAGE DES STEUERBERATERS: Der BFH hat entschieden, dass für das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG beim Verdacht der Bestechung im geschäftlichen Verkehr gem. § 299 StGB erforderlich ist, dass die Finanzverwaltung nachweist, dass der objektive und subjektive Tatbestand dieses Straftatbestands erfüllt sind. Der Betriebsausgabenabzug kann insoweit daran scheitern, dass nicht auszuschließen ist, dass die Gelder an den Betriebsinhaber selbst geflossen sind (BFH 15.4.21, IV R 25/18, DStR 21, 1992). Was bedeutet diese Entscheidung für das Strafverfahren bzw. wie sieht die strafrechtliche Seite aus und wie erfährt die Staatsanwaltschaft (StA) vom Bestechungsdelikt, wenn z. B. die Betriebsprüfung auf einen solchen Sachverhalt stößt?

ANTWORT DES STRAFVERTEIDIGERS: Im Strafverfahren gilt der Grundsatz in dubio pro reo, sodass die Tatbestandsvoraussetzungen auch hier nachzuweisen sind. Derjenige begeht eine Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, der wissentlich darum, dass der Tatbestand des § 299 StGB erfüllt ist und somit ein Betriebsausgabenabzug nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG der Bestechungsgelder ausscheidet, diese dennoch als Betriebsausgaben geltend macht (BGH 28.7.21, 1 StR 506/20, BeckRS 2021, 31212; BGH 9.5.17, 1 StR 265/16, NZWiSt 18, 379; BGH 13.9.10, 1 StR 220/09, NStZ 11, 37).

Der objektive Tatbestand des § 299 StGB erfordert eine Unrechtsvereinbarung derart, dass ein Vorteil für eine unlautere Bevorzugung, also eine sachfremde Entscheidung, im Wettbewerb gewährt wird (BGH 22.1.20, 5 StR 385/19, BeckRS 2020, 1450). Es reicht, wenn nach der Vorstellung des Täters der entsprechende Vorteil geeignet ist, eine solche Bevorzugung zu bewirken (BGH 29.5.15, 1 StR 235/14, wistra 15, 435). Zudem ist auch der ausländische Wettbewerb geschützt.

Eine Tat nach § 299 StGB scheidet aber aus, wenn an den Betriebsinhaber gezahlt wird. Dies gilt auch, wenn dieser mit der Zahlung einverstanden ist. Dies kann etwa der Fall sein, weil persönliche Beziehungen zwischen dem Bestochenen und dem Betriebsinhaber bestehen. Grund: § 299 StGB schützt neben dem freien und fairen Wettbewerb gerade den Betriebsinhaber davor, dass der für ihn tätig werdende Bestochene nicht mehr nach wettbewerblichen Kriterien entscheidet, sondern durch eine wettbewerbswidrige Bevorzugung des Bestechenden zu seinem Nachteil handelt. Ist er jedoch damit einverstanden, kann der Verletzungserfolg des § 299 StGB nicht eintreten (BGH 28.7.21, 1 StR 506/20, BeckRS 2021, 31212). Für die Strafbarkeit nach § 299 StGB und somit auch die Versagung des Betriebsausgabenabzugs ist zusätzlich erforderlich, dass derjenige, der die Bestechungsgelder zahlt, weiß, dass diese nicht an den Betriebsinhaber fließen (BFH 15.4.21, IV R 25/18, DStRE 21, 1992).

Ist dies alles nicht nachgewiesen, scheidet eine Bestrafung nach § 299 StGB und § 370 AO aus. Gerade – so war der Fall des BGH – wenn es sich um Zahlungen an Familienmitglieder von Familienunternehmen handelt. Wenn diese im Ausland ansässig sind, ist für die Strafverfolgungsorgane der Nachweis mitunter schwierig zu führen, dass der Betriebsinhaber nicht damit einverstanden ist. Der BFH sieht auch bei Sachverhalten mit Auslandsberührung nicht unter dem Gesichtspunkt des § 90 Abs. 2 AO die Beweispflicht bei demjenigen, der den Betriebsausgabenabzug geltend macht. Daher kann die Finanzverwaltung nicht im Hinblick auf das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG und die Steuerhinterziehung die Beweislast abwälzen. Folge: Nicht derjenige, der den Betriebsausgabenabzug von ins Ausland geflossenen Bestechungsgeldern geltend gemacht hat, muss nachweisen, dass der Betriebsinhaber mit der Zahlung einverstanden war bzw. dass diese an den Betriebsinhaber (weiter) geflossen ist (BFH 15.4.21, IV R 25/18, DStR 21, 1992). Letzteres kann nur im Zusammenhang mit § 160 AO relevant werden, wenn es darum geht, den Betriebsausgabenabzug zu versagen, weil der Zahlungsempfänger nicht benannt wurde (BFH, a. a. O.). Allein der Umstand, dass der Zahlungsempfänger nicht benannt werden kann, stellt aber i. d. R. noch keine Steuerhinterziehung dar (Gehm, Kompendium Steuerstrafrecht, 3. Aufl., S. 235).

Die StA erfährt über die Meldepflicht der Finanzbehörde nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 S. 3 EStG vom Bestechungsdelikt. Diese Meldepflicht durchbricht das Steuergeheimnis, § 30 Abs. 4 Nr. 2 AO. Voraussetzung für diese Meldepflicht soll nach strittiger Meinung nicht sein, dass ein entsprechender Betriebsausgabenabzug geltend gemacht wurde (Frotscher/Watrin in: Frotscher/Geurts, EStG, § 4 [Stand: 6.8.19], Rn. 869). Dabei braucht die Finanzbehörde nicht abschließend zu prüfen, bevor sie meldet, ob eine Bestrafung tatsächlich in Betracht kommt. Vielmehr ist zu melden, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Bestechungsdelikt vorliegen (BFH 14.7.08, VII B 92/08, BStBl II 08, 850). Die Offenbarung ist auch zur strafrechtlichen Verfolgung des Zuwendungsempfängers zulässig (Madauß, NZWiSt 13, 176, 179). Weiterhin gilt, dass die BP der BuStra entsprechende Erkenntnisse offenbaren darf, um die Steuerhinterziehung zu verfolgen, § 30 Abs. 4 Nr. 1 AO. Da die BP heute in Hinblick auf eine mögliche Strafbarkeit wegen Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB), wenn entsprechende Meldungen unterlassen werden, sensibilisiert ist (Gehm, StW 21, 150, 154; LG Stuttgart 24.3.20, 61 Ns 142 Js 11422/16, NZWiSt 21, 262), ist kaum damit zu rechnen, dass diese nur nach § 160 AO vorgehen und es dabei bewenden lassen wird, den Betriebsausgabenabzug zu versagen.

Fazit | Die Strafbarkeit nach § 299 StGB setzt nach der Rechtsprechung von BGH und BFH voraus, dass der Betriebsinhaber nicht die Bestechungsgelder selbst vereinnahmt hat bzw. mit der Vereinnahmung durch den Bestochenen nicht einverstanden war. Gelingt dieser Nachweis nicht, ist auch keine Strafbarkeit desjenigen wegen Steuerhinterziehung gegeben, der die Bestechungsgelder als Betriebsausgaben geltend machte.

AUSGABE: PStR 5/2024, S. 119 · ID: 47777731

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