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U-HaftInhaftierter darf Notebook haben
| Bereits im Ermittlungsverfahren kommt es in Betracht, dass einem Inhaftierten die elektronische Arbeit an der Verfahrensakte in der Haftanstalt zu ermöglichen ist. Das hat das LG Nürnberg-Fürth entschieden. |
Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft (StA) führt gegen den Beschuldigten (B) ein Verfahren wegen gewerbsmäßigen Betrugs in 210 Fällen. Sie geht derzeit von einem Gesamtschaden von rund 117.000 EUR aus. B befindet sich in Untersuchungshaft. Seinen Antrag, ihm die Ermittlungsakte in digitaler Form sowie ein Notebook zur Verfügung zu stellen, lehnte das AG ab. In der hiergegen erhobenen Beschwerde wird darauf hingewiesen, dass die Ermittlungsakten derzeit einen Umfang von 11.603 Seiten haben, was in Papierform etwa 29 Leitz-Ordnern entspräche. Es sei Aktenkenntnis des B erforderlich, um das Verfahren zu erörtern. Die Beschwerde des B dagegen ist erfolgreich.
Entscheidungsgründe
. 239215
Dem B wird Akteneinsicht in der Form gewährt, dass die StA der JVA eine verschlüsselte CD-ROM mit der Akte im pdf-Format übersendet und die JVA dem B sodann ein Notebook mit der aufgespielten elektronischen Akte in einem besonderen Haftraum zur Verfügung stellt (LG Nürnberg-Fürth 7.11.23, 13 Qs 56/23, Abruf-Nr. 239215). Die weitere Regelung, um das Notebook zu leihen, richtet sich nach der Anstaltsordnung.
Relevanz für die Praxis
Grundsätzlich sieht § 147 Abs. 1 u. 4 StPO ein Akteneinsichtsrecht von verteidigten Beschuldigten nur für den Verteidiger vor. In welcher Form der Verteidiger den Akteninhalt seinem Mandanten bekannt macht, steht in seinem freien Ermessen. So kann er den Akteninhalt mit seinem Mandanten im Gespräch erörtern oder diesem die Akte in Kopie zum Selbststudium bzw. zur Vorbereitung auf Besprechungen überlassen.
Inzwischen ist jedoch anerkannt – so vollkommen zutreffend die Strafkammer –, dass in Strafverfahren mit besonders großem Aktenumfang, Angeklagten Akteneinsicht auch in Form von elektronischen Dokumenten, die auf einem Notebook eingesehen werden können, zu gewähren ist (vgl. etwa Gericke in: Karlsruher Kommentar zur StPO, 9. Aufl., § 119 Rn 50 m. w. N.; weitergehend Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 66. Aufl., § 119 Rn 29, der bereits unter Verweis auf weitere Rechtsprechung die Benutzung eines Laptops gestatten will, wenn es zur ordnungsgemäßen Verteidigung erforderlich ist). Ziel ist, die Hauptverhandlung effektiv vorzubereiten.
Praxistipp | Die Verteidigung sollte entsprechende Möglichkeiten in geeigneten Fällen aktiv einfordern. |
AUSGABE: PStR 3/2024, S. 57 · ID: 49832527