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VertragsanbahnungFrage aus der Praxis: Wie lange sind Sie an ein Honorarangebot gebunden?

Abo-Inhalt07.04.20224014 Min. LesedauerVon Lena Rath, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht, Rath Rechtsanwältinnen Partnerschaft mbB, Neu-Isenburg

| Bei einem Architekten- und Ingenieurvertrag handelt es sich um ein vertragliches Schuldverhältnis, das durch zwei inhaltlich übereinstimmende Willenserklärungen zustande kommt – das Angebot und dessen Annahme. Diese beiden Erklärungen können zeitlich auseinanderfallen. Dann stellt sich für den Anbietenden (hier Sie als Planer) die Frage, wie lange er an sein Angebot gebunden ist. PBP klärt auf. |

Wann kommt ein Schuldverhältnis wirksam zustande?

Ein Schuldverhältnis kommt nur dann zustande, wenn die Annahme des Angebots rechtzeitig erfolgt. Unterbreiten Sie als Architekt oder Ingenieur Ihrem potenziellen neuen Auftraggeber ein Honorarangebot, sind Sie daran grundsätzlich erst einmal gebunden.

Reaktion des Empfängers entscheidet über Schicksal des Angebots

Das Schicksal des Angebots hängt dann von der Reaktion des Empfängers ab. Es wird entweder

  • abgelehnt,
  • angenommen oder
  • Sie hören erst einmal nichts mehr.

Und dann? Was gilt, wenn Ihr möglicher Auftraggeber erst nach Wochen des Zögerns oder weiteren Sondierens „zuschlägt“ und das Angebot annimmt? Ist der Vertrag dann zustande gekommen, obwohl das Angebot aus Ihrer Sicht bereits überholt ist?

Angebot ist nicht ewig gültig

Fest steht, dass ein Angebot nicht „endlos“ Gültigkeit besitzt. Um feststellen zu können, ob das Angebot rechtzeitig, also innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Annahmefrist, angenommen wurde, müssen die Umstände beleuchtet werden, unter denen Sie das Angebot unterbreitet haben.

Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen Angeboten, die gegenüber anwesenden Personen und solchen die gegenüber Abwesenden unterbreitet werden.

Angebot gegenüber Anwesenden

Das unter Anwesenden gemachte Angebot kann nur sofort angenommen werden, ansonsten erlischt es. Als anwesend gilt nicht nur, wer sich persönlich trifft, sondern auch wer unmittelbar z. B. per Telefon oder Videokonferenz miteinander spricht.

Angebot gegenüber Abwesenden

Das einem Abwesenden unterbreitete Angebot kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in dem der Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen zu erwarten ist. Der maßgebliche Zeitraum setzt sich zusammen aus

  • der Zeit für die Übermittlung des Angebots an den Empfänger,
  • dessen Bearbeitungs- und Überlegungszeit sowie
  • aus der Zeit für die Übermittlung der Antwort.

Der Zeitraum der Annahme des Angebots kann sich daher schon einmal auf eine Zeit von zwei bis vier Wochen erstrecken.

Eine konkrete Vorgabe, was als „branchenüblich“ anzusehen ist, gibt es jedoch nicht. Es bedarf daher stets der Prüfung des Einzelfalls, um eine verlässliche Aussage treffen zu können, ob das Angebot infolge einer verspäteten Annahme erloschen oder der Vertrag zustande gekommen ist.

Abruf bei Stufenverträgen

In diesem Zusammenhang könnte man aus Ihrer Sicht die bei einer stufenweisen Beauftragung vorgesehenen Zeiträume für den Abruf weiterer Leistungen durch den Auftraggeber als unangemessen lang beurteilen. Während Sie sich an Ihr Angebot binden, räumt sich der Auftraggeber für den einseitigen Abruf oft sechs Monate ab nachgewiesener Beendigung der vorhergehenden Leistungsstufe ein. Auf Ihre Interessen, nämlich bei der Planung anderer Projekte und des dafür notwendigen Personaleinsatzes in der Dispositionsfähigkeit eingeschränkt zu sein, nimmt er dabei keine Rücksicht.

Es ist erstaunlich, dass das von den planenden Berufen selbst ohne Vereinbarung einer Einarbeitungszeit regelmäßig akzeptiert wird. Würde der Auftraggeber bei einem „klassischen Auftrag“ auf ein Honorarangebot erst nach sechs Monaten reagieren und dieses annehmen, wäre sicherlich mit Widerstand auf Auftragnehmerseite zu rechnen und auch zu vermuten, dass ein solches Verhalten als nicht „branchenüblich“ empfunden wird.

Schweigen als Zustimmung

Der privatrechtliche Grundsatz, dass bloßes Schweigen keine Willenserklärung darstellt, gilt hier nicht uneingeschränkt. Im Geschäftsverkehr zwischen „Profis“ misst das Handelsrecht dem Schweigen nämlich eine stärkere Bedeutung zu.

Mit einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben bestätigt eine Vertragspartei der anderen die zuvor getroffene Vereinbarung schriftlich. Der Empfänger eines solchen Schreibens muss unverzüglich widersprechen, wenn er den Inhalt des Schreibens nicht gegen sich gelten lassen will. Widerspricht er nicht, wird der Vertrag mit dem aus dem Bestätigungsschreiben ersichtlichen Inhalt rechtsverbindlich. Schweigen ist dann als Zustimmung zu werten.

Das betrifft nicht nur diejenigen, die ein Handelsgewerbe betreiben, sondern ist auch für Architekten und Ingenieure von herausragender Bedeutung. Der Empfänger eines Bestätigungsschreibens muss nicht notwendig Kaufmann im handelsrechtlichen Sinne sein. Es genügt, wenn er im größeren Umfang selbstständig beruflich am Markt tätig ist und die Handlungen nicht dem Privatbereich zuzuordnen sind.

Ausreichen kann, wenn die Vertragspartei bspw. häufig als Bauträger tätig ist und ein eigenes Baubüro unterhält. Ebenso ist höchstrichterlich entschieden, dass auch Architekten Empfänger sowie Absender eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens sein können.

Bindefrist im Vergaberecht

Eine weitere Besonderheit ergibt sich aus der Vergabe öffentlicher Aufträge. Im Vergaberecht ist die Vertragsanbahnung formstrenger geregelt als im BGB. Während es für Ausschreibungen von Bauleistungen konkrete Vorgaben für die Dauer der Bindefrist gibt, gilt dies für Vergabeverfahren nach VgV und UVgO nicht.

Gleichwohl hat der öffentliche Auftraggeber eine Bindefrist festzusetzen und diese angemessen zu wählen. Grundsätzlich ist die Bindefrist so kurz wie möglich und nicht länger zu bemessen, als für eine zügige Prüfung und Wertung notwendig ist. Eine Bindefrist von 30 bis 60 Tagen wird als angemessen angesehen.

Nach Ablauf der Bindefrist sind Sie als Bieter nicht mehr an Ihr Angebot gebunden. Will der Auftraggeber Ihnen den Zuschlag erst nach Ablauf der Bindefrist erteilen, stellt das i. S. v. § 150 Abs. 1 BGB ein neues Angebot dar.

Bindefrist im eigenen Angebot bestimmen

Diese Vorschrift des BGB gilt auch für „normale“ vertragliche Schuldverhältnisse. Reagiert Ihr potenzieller Auftraggeber zu spät auf das Angebot, das Sie ihm unterbreitet haben, gilt die verspätete Annahme als neues Angebot. Nun ist es an Ihnen als Auftragnehmer, zu entscheiden, ob Sie

Praxistipp | Um Unsicherheiten zu vermeiden und andere Projekte und entsprechende Personaleinsätze solide planen zu können, empfiehlt Ihnen PBP, in Ihrem Honorarangebot selbst einen konkreten Termin festzulegen, bis zu dem Sie sich an das Angebot gebunden fühlen.

  • auf dieser Grundlage einen Vertrag abschließen oder
  • Ihr ursprüngliches Angebot im Hinblick auf eine veränderte Marktlage überarbeiten möchten.

AUSGABE: PBP 5/2022, S. 3 · ID: 48097359

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