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Steuerliche Folgen nicht klar geregeltSteuer- und sozialversicherungsrechtliche Folgen einer vorzeitig ausgezahlten Direktversicherung
Wird während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung in Form einer pauschal versteuerten Direktversicherung abgefunden, stellt sich die Frage nach den lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen.
Wird während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses eine gesetzlich unverfallbare Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung in Form einer pauschal versteuerten Direktversicherung abgefunden, stellt sich die Frage nach den lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Folgen.
Exkurs Direktversicherungen
Bis Ende 2004 wurden als betriebliche Altersversorgung in vielen Fällen pauschal besteuerte Direktversicherungen abgeschlossen (§ 40b EStG a.F.). Ab dem Jahr 2005 wurde dann in der Regel die damals für die Direktversicherung neu eingeführte Förderung des § 3 Nr. 63 EStG in Anspruch genommen (steuerfreie Beiträge).
Wichtig: Prinzipiell ist es jedoch auch nach dem 31. Dezember 2004 noch möglich, eine Direktversicherung nach der „alten“ Regelung der Pauschalbesteuerung des § 40b EStG abzuschließen, sofern die betriebliche Versorgungszusage vor dem 1. Januar 2005 erteilt worden ist.
Bei den Direktversicherungen handelt es sich häufig um Kapitalversicherungen, weil sich bei den vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossenen Verträgen die Möglichkeit einer steuerfreien Kapitalauszahlung (§ 20 Abs.1 Nr. 6 EStG a.F.) geboten hat. Daneben waren und sind auch Rentenversicherungen mit oder ohne Kapitalwahlrecht möglich.
Arbeitsrechtliche Komponente
Eine Abfindung von gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sowie von laufenden Leistungen ist nur möglich, wenn die in § 3 Abs. 2 BetrAVG genannten Grenzen nicht überschritten werden. So darf die Rente in 2009 nicht höher als 25,20 Euro monatlich bzw. eine Kapitalleistung nicht höher als 3.024 Euro sein, damit sie abgefunden werden können.
Kein Abfindungsverbot besteht für Anwartschaften während eines aktiven Arbeitsverhältnisses, unabhängig davon, ob die gesetzlichen Fristen für die Unverfallbarkeit des § 1b Abs. 1 BetrAVG bereits erreicht sind.
Demnach ist aus arbeitsrechtlicher Sicht die Auszahlung des Rückkaufswerts einer pauschal besteuerten Direktversicherung im Rahmen der Abfindung einer Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses vom Grundsatz her möglich.
Steuer und Sozialabgaben in der Anwartschaft
Während der Anwartschaft werden die Beiträge im Rahmen der Förderung des § 40b EStG a.F. bis zur Höhe von 1.752 Euro bzw. bei Durchschnittsbildung bis zur Höhe von 2.148 Euro jährlich pauschal mit 20 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag und eventuell Kirchensteuer versteuert.
Die Beiträge werden nicht mit Sozialabgaben belastet, wenn es sich um eine arbeitgeberfinanzierte Direktversicherung handelt. Bei einer Entgeltumwandlung sind die Beiträge nur sozialversicherungsfrei, wenn Sonderzahlungen wie Urlaubs- oder Weihnachtsgeld umgewandelt werden.
Steuerliche Behandlung der Abfindungszahlung
Kündigt der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer die Direktversicherung, zahlt der Versicherer den Rückkaufswert an ihn aus. Zwar ist bei einer Direktversicherung grundsätzlich der Arbeitnehmer bezugsberechtigt. Doch die Bezugsberechtigung gilt nur für den Eintritt eines Leistungsfalls, der bei der Kündigung des Vertrags nicht vorliegt. Die Auszahlung des Rückkaufswerts stellt beim Arbeitgeber eine Betriebseinnahme dar. Er leitet den Rückkaufswert als Abfindung an den Arbeitnehmer weiter, was für ihn eine Betriebsausgabe darstellt.
Was muss der Arbeitnehmer versteuern?
Diesbezüglich scheint keine einheitliche Meinung zu existieren.
- Höfer vertritt in seinem Kommentar zum Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung die Auffassung, dass es sich bei der Abfindung einer gesetzlich unverfallbaren Direktversicherungsanwartschaft beim Rückkaufswert nicht um eine steuerpflichtige Versicherungsleistung handelt. Die vorausgegangene Pauschalbesteuerung der Beiträge werde nicht korrigiert, obwohl der Arbeitnehmer vor Vollendung des 59. Lebensjahres darüber verfügt. Die Abfindung sei steuerfrei, weil der Rückkaufswert aus pauschal versteuertem Einkommen finanziert wurde.
- Meines Erachtens muss hier differenzierter vorgegangen werden:
- Wurde die Direktversicherung vor dem 1. Januar 2005 abgeschlossen und hat sie seit Abschluss bereits zwölf Jahre bestanden, sind die Erträge gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG a.F. beim Arbeitnehmer steuerfrei. Hat der Vertrag weniger als zwölf Jahre bestanden, sind die Erträge als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern.
- Wurde die Direktversicherung nach dem 31. Dezember 2004 abgeschlossen, sind die im Rückkaufswert enthaltenen Erträge gemäß § 22 Nr. 5 Satz 2c i.V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 6 Satz 2 EStG zu versteuern. Erfolgt die Auszahlung nach Vollendung des 60. Lebensjahres und hat die Versicherung mindestens zwölf Jahre bestanden, ist nur die Hälfte der Erträge zu versteuern.
- Man könnte auch der Auffassung sein, dass der Zweck der betrieblichen Altersversorgung durch die Abfindung vernichtet wurde und somit die Voraussetzungen für die steuerliche Förderung in der Anwartschaft nachträglich entfallen sind.
Dies würde bedeuten, dass die pauschale Besteuerung rückabgewickelt werden müsste, weil der Versicherungsvertrag keine betriebliche Altersversorgung mehr ist. Bei Rückabwicklung mit Wirkung für die Vergangenheit erhält der Arbeitnehmer im wirtschaftlichen Ergebnis die gezahlten Beiträge zurück, die dann mit Wirkung für die Vergangenheit individuell zu versteuern sind. Die vom Arbeitgeber in der Vergangenheit gezahlte pauschale Lohnsteuer ist ihm zu erstatten.
Gegen diese Variante kann man folgenden Gedanken anführen: Durch die Abfindung findet nur eine Beendigung der betrieblichen Altersversorgung für die Zukunft, nicht aber für die Vergangenheit statt (zumal das BetrAVG die Abfindung betrieblicher Altersversorgung während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses zulässt). Wäre während des Bestehens der Direktversicherung der Leistungsfall (zum Beispiel Tod oder Invalidität) eingetreten, wären auch Leistungen aus dem Direktversicherungsvertrag fällig geworden. Somit lag bis zur Kündigung eine betriebliche Altersversorgung vor, sie wird nur für die Zukunft beendet.
Aus diesem Grund scheidet eine Rückabwicklung in der Regel aus. Sie kommt nur in Betracht, wenn nachträglich die Voraussetzungen für die steuerliche Förderung während der Anwartschaft entfallen, zum Beispiel wenn das Schlussalter der Versicherung nachträglich auf ein geringeres Alter als das vollendete 59. Lebensjahr herabgesetzt wird (siehe R 40b.1 Abs. 6 Satz 2 LStR).
Fazit: Die „richtige“ steuerliche Behandlung kann nicht abschließend geklärt werden, weil verschiedene Ansichten vertreten werden können und auch in der Fachliteratur keine einheitliche Meinung zu bestehen scheint. Eine Rechtsprechung zu dieser Problematik existiert noch nicht.
SV-rechtliche Behandlung der Abfindungszahlung
Aus Sicht der Sozialversicherungsträger handelt es sich bei dem vom Arbeitgeber bzw. der Versorgungseinrichtung gezahlten Abfindungsbetrag bzw. Rückkaufswert um einen geldwerten Vorteil für den Arbeitnehmer, der nach § 14 Abs. 1 SGB IV als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung anzusehen sei. Dies gelte unabhängig von der Höhe der aus der Anwartschaft resultierenden Leistung auf betriebliche Altersversorgung und unabhängig davon, ob die Anwartschaft bereits gesetzlich unverfallbar war oder nicht (Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger, Besprechungsergebnis vom 21./22.11.2006; Abruf-Nr. 083974083974).
Beachten Sie: Für die Beitragsberechnung gelten die Regelungen für einmalig gezahltes Arbeitsentgelt (§ 23a SGB IV).
AUSGABE: LGP 2/2009, S. 25 · ID: 124390