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Blitzlicht MandatspraxisGibt es Gewaltschutz auch für Kinder?
| Es kommt leider vor, dass ältere und alte Männer junge Mädchen belästigen. Ratsam ist, frühzeitig für den notwendigen Schutz zu sorgen. |
Beispiel |
Ein 74-jähriger Mann M spricht ein 15-jähriges Mädchen des Öfteren an. Dabei überreicht er Briefe und Gedichte sowie Süßigkeiten und eine Kette im Wert von ca. 250 EUR. Er bestellt sie zu seinem Grundstück und überreicht einen weiteren Brief, in dem er ausführt, er habe sich in sie verliebt. Die besorgten Eltern fragen, auf welchem Weg sie gerichtliche Schutzmaßnahmen erwirken können? |
Es ist nicht nur das Recht der Eltern, sondern auch ihre Pflicht, ihr Kind zu schützen. Als Grundlage stehen das Gewaltschutzgesetz und/oder einschlägige Vorschriften aus dem Recht der elterlichen Sorge zur Verfügung. In Betracht kommen Schutzmaßnahmen im Namen des Kindes gem. § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 lit. b) Alt. 1 Gewaltschutzgesetz (GewSchG). Vorausgesetzt wird dort ein wiederholtes Nachstellen gegen den ausdrücklich erklärten Willen der Antragstellerin (also des Kindes). Es reicht nicht aus, sich um eine Kontaktvermeidung zu bemühen, und zwar ohne Rücksicht auf Alter und Entwicklungsstand des Kindes. Das Kind muss vielmehr ausdrücklich den Willen erklären, dass jeder Kontakt unerwünscht ist. Ist diese Voraussetzung gegeben, können die Eltern im Namen des Kindes eine Gewaltschutzanordnung beantragen.
Alternativ können die Eltern im eigenen Namen gerichtliche Verbote gegenüber dem Kind erwirken. Sie selbst können erzieherisch eingreifen und um familiengerichtliche Unterstützung nach § 1631 Abs. 3 BGB nachsuchen. Flankierend kann das Familiengericht ein Annäherungsverbot nach § 1666 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 BGB aussprechen, wenn das Kindeswohl durch die Kontaktanbahnung gefährdet ist. Das Kinderschutzverfahren ist wegen seiner besonderen Regeln vorrangig vor einem Antragsverfahren nach § 1632 Abs. 2 und 3 BGB (Bestellung eines Verfahrensbeistands und Einbeziehung des Jugendamts, Dürbeck in: Johannsen/Henrich/Althammer Familienrecht 7. Aufl., § 1632 Rn. 20). Das Familien-gericht muss i. d. R. einen Antrag nach § 1632 Abs. 2, 3 BGB als Anregung für ein Verfahren nach § 1666 BGB auslegen.
Lösung |
Gegen den Nachsteller kann vorgegangen werden. Bei einem eigenen Antrag des Kindes nach dem Gewaltschutzgesetz muss bedacht werden, ob das Kind ausdrücklich den Willen erklärt hat, dass es keinerlei Kontakte will und ob dies auch beweisbar ist. Vorzugswürdig und sicherer scheint da der Weg über § 1666 BGB, in dem beim Familiengericht ein Annäherungsverbot angestrebt wird.(St) |
- OLG Frankfurt NZFam 24, 91 mit Besprechung von Cirullies
AUSGABE: FK 5/2024, S. 75 · ID: 49880169