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Blitzlicht MandatspraxisBeistandschaft versus Vertretungsrecht der Eltern: So klappt es!
| Auf schriftlichen Antrag eines Elternteils wird das Jugendamt Beistand von Kindern, um z. B. die Vaterschaft feststellen zu lassen und/oder Unterhalt geltend zu machen sowie um über diese Ansprüche zu verfügen. Der Antrag und damit Beistandschaft können auf einzelne der vorbezeichneten Aufgaben beschränkt werden. Fraglich ist, wie sich eine eingerichtete Beistandschaft auf die Vertretungsbefugnis des Elternteils, der diese beantragt hat, auswirkt. |
Beispiel |
Ein Kind wird durch das Jugendamt JA als Beistand vertreten. Es macht Unterhaltsansprüche geltend und fordert Auskunft. Die Auskunft wird erteilt, vier Monate später erhält der unterhaltspflichtige Vater V ein Anwaltsschreiben vom Anwalt der Mutter M, die Beistandschaft sei beendet, er werde erneut aufgefordert, Auskunft zu erteilen. Zu Recht? |
Die Beistandschaft ist in §§ 1712 ff. BGB geregelt. Sie stellt eine öffentliche Aufgabe dar, die im Verhältnis zum Kind und den Eltern nach den Vorschriften des Privatrechts erledigt wird (Pöcker in: Bamberger/Roth, BGB, 4. Aufl., § 1712 BGB Rn. 3). § 1716 BGB schreibt in diesem Zusammenhang ausdrücklich vor, dass durch die Beistandschaft die bestehende elterliche Sorge nicht eingeschränkt wird. In verfahrensmäßiger Hinsicht werden die Vorschriften des BGB zur Beistandschaft ergänzt durch die §§ 173, 234 FamFG. In gerichtlichen Verfahren kann der sorgeberechtigte Elternteil das Kind nicht vertreten, er ist während des laufenden Verfahrens nicht mehr postulationsfähig, Verfahrenshandlungen kann er erst wieder vornehmen, wenn die Beistandschaft beendet ist.
Allerdings beeinflusst die Vertretungsbefugnis bei bestehender Beistandschaft nicht die Wirksamkeit vorprozessual abgegebener Erklärungen. Der Beistand übernimmt das gerichtliche Verfahren, so wie es bisher geführt worden ist. Da nur Erklärungen in gerichtlichen Verfahren von der Beistandschaft erfasst werden, kann der allein sorgeberechtigte Elternteil materiell-rechtliche Erklärungen außerhalb des Rechtsstreites, wie z. B. Stundungen oder Verzicht auf Unterhaltsrückstände und anderes mehr, selbst weiterhin wirksam abgeben (Pöcker, a. a. O. § 1716 BGB Rn. 5). Nach OLG Thüringen soll er Auskünfte vom Unterhaltspflichtigen verlangen können, selbst wenn der Beistand solche Auskünfte schon erhalten hat (FamRZ 14, 965 f.), was aber vor dem Hintergrund des § 1605 Abs. 2 BGB zweifelhaft ist. Eine Missbrauchsgrenze kann sich aus § 242 BGB (Schikaneverbot) ergeben.
Lösung |
V ist auf Verlangen der M erneut verpflichtet, Auskunft über seine Einkünfte zu erteilen. In der Praxis wird dies als lästig bis schikanös empfunden, aber im Normalfall wird die Missbrauchsgrenze des § 242 BGB nicht erreicht sein.(St) |
AUSGABE: FK 5/2024, S. 76 · ID: 49266181