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VerjährungForderung in unbestimmtem Titel verjährt nicht in 30 Jahren

Abo-Inhalt10.04.20233472 Min. Lesedauer

| Die Unbestimmtheit des Titels wirkt sich auf das Verjährungsrecht aus. Bei einem Zahlungstitel muss der Zahlungsanspruch betragsmäßig festgelegt sein (BGH 24.10.56, V ZR 127/55, BGHZ 22, 54; OLG Koblenz 25.02, 5 U 245/01, NJW-RR 02, 1509). Geschieht dies nicht, wie z. B. bei der immer wieder vorkommenden Formulierung „abzüglich bereits gezahlter Unterhaltsbeträge“, ist der Titel unbestimmt. Die 30-jährige Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BGB ist nicht anzuwenden (OLG Hamm 23.2.23, 22 U 46/22, Abruf-Nr. 234048). |

Titulierte Ansprüche verjähren nach § 197 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BGB in 30 Jahren. Voraussetzung dafür ist bei § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB, dass der titulierte Anspruch rechtskräftig festgestellt ist. Die objektive Rechtskraft und der Streitgegenstand sind entscheidend (vgl. BGH FK 17, 8 ff. zu den unterschiedlichen Streitgegenständen Anspruch aus Unterhalt und deliktischer Anspruch aus einer Unterhaltspflichtverletzung). Ein unbestimmter Titel ist nicht der materiellen Rechtskraft fähig (BGH NJW 94, 460), sodass § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB nicht greift.

Bei Titeln nach § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB (vollstreckbare Vergleiche und vollstreckbare Urkunden) gilt im Ergebnis dasselbe. Diese sind zwar nicht der materiellen Rechtskraft fähig. Ein nur formell bestehender Titel reicht aber nicht aus, um § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB anzuwenden. Ist die Unterwerfungserklärung unwirksam, gilt die dreißigjährige Verjährungsfrist für Titel nicht. Denn in dieser Lage ist eine materiellrechtliche Besserstellung des Gläubigers nicht angemessen (BGH 22.10.98, VII ZR 99/97, NJW 99, 51 für eine gem. § 134 BGB nichtige Unterwerfung in die Zwangsvollstreckung in einem Bauträgervertrag zu § 218 Abs. 1 S. 2 BGB a. F.).

Nach Auffassung des OLG Hamm muss das auch gelten, wenn der Titel zwar nicht wegen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot unwirksam ist, jedoch Mängel aufweist, die dazu führen, dass er der materiellen Rechtskraft nicht fähig ist. Denn auch hier ist eine Vollstreckung rechtswidrig. Es ist zudem nicht möglich, die inhaltliche Zuordnung und Reichweite der durch § 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB privilegierten Forderung zu bestimmen. Folge: Die Norm greift nicht, wenn die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus dem der Forderung zugrunde liegende Titel mit einer Titelgegenklage analog § 767 ZPO geltend gemacht werden kann (vgl. hierzu BGH 7.12.05, XII ZR 94/03, BGHZ 165, 223 ff.; BeckOGK BGB - Piekenbrock, § 197, Rn. 60).

Merke | Bei einem unbestimmten Titel muss der Anwalt mithin auch die Verjährung des titulierten Anspruchs im Auge behalten. Bei einem unbestimmten Titel muss er innerhalb der normalen Verjährungsfrist tätig werden und einen vollstreckungsfähigen Titel erwirken.(AM)

AUSGABE: FK 5/2023, S. 73 · ID: 49229967

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