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Mitarbeiterbindung„Das Glücksmanagement ist bis jetzt eine Erfolgsgeschichte!“
| Das Städtische Klinikum Braunschweig hat eine Glücksmanagerin, auch Employee Happiness Managerin genannt. Constanze Jäger ist für alle Mitarbeitenden ansprechbar, um bei privaten Angelegenheiten zu unterstützen. Ziel des Klinikums ist, sich in Zeiten des Fachkräftemangels von Mitbewerbern positiv abzusetzen und vor allem Pflegekräften einen besonderen Service zu bieten. Ursula Katthöfer (textwiese.com) sprach mit der Glücksmanagerin. |
Frage: Frau Jäger, womit haben Sie Menschen zuletzt glücklich gemacht?
Antwort: Die letzten Anfragen kamen zu Wohnraum, Kitaplatz, Kurzzeitpflege und Haushaltsunterstützung. Für einen neuen Oberarzt, der mit seiner Familie aus einem anderen Bundesland zu uns kommt, habe ich eine Wohnung gefunden und in der 150 Meter entfernten Kita den letzten Platz ergattert. Er möchte am liebsten noch einen Job für seine Frau. Sie ist von Beruf Physiotherapeutin, da habe ich bereits eine Idee. Wir sind ständig in engem Kontakt. Zunächst habe ich die Bedürfnisse der Familie abgefragt und dann immer wieder neue Informationen zugeschickt. Gerade hat eine Pflegekraft, die bald einen runden Geburtstag feiert, mich gebeten, ihr bei der Bestellung des Caterings für die Party zu Hause zu helfen. Eine Sekretärin wollte von einer halben auf eine volle Stelle aufstocken. Sie brauchte einen Kitaplatz für ihren knapp zweijährigen Sohn. Da ich in einer Kita Belegplätze für das Klinikum organisiert habe, ließ sich das gut machen.
Frage: So etwas könnten Ärzte, Pflegekräfte und Verwaltungsmitarbeitende aber doch selbst. Warum Ihr Service?
Antwort: Im Schichtdienst ist es schier unmöglich, bei einer Behörde anzurufen und minutenlang in der Warteschleife zu hängen. Ich weiß, was es mit einem macht, viele Nachtdienste zu haben, da ich selbst als Erzieherin auf einer Station unserer Kinderklinik gearbeitet habe. Jetzt von meinem Schreibtisch aus eine Behörde anzurufen, ist viel einfacher. Ich beantworte während der Wartezeit meine Mails. Aber was soll jemand tun, der im OP steht? Auch unterstütze ich Mitarbeitende, die nicht aus Braunschweig kommen und die sich in der Stadt kaum auskennen. Ich hingegen bin Braunschweigerin, habe mir schon über meine Familie mit drei Kindern viele Kontakte aufgebaut und bin ständig im Austausch. Organisieren ist meine Kernkompetenz, das tue ich gern.
Frage: Wie reagieren Wohnungsbaugesellschaften oder Kindertagesstätten, wenn eine Glücksmanagerin anruft?
Antwort: Am Anfang war es komisch für sie. Jetzt hat sich gut herumgesprochen, dass es mich gibt. Zu einigen Wohnungsvermittlern und zur Kitabeauftragten der Stadt habe ich gute Kontakte. Auch innerhalb des Klinikums ist die Employee Happiness Managerin zunächst auf Skepsis gestoßen, die Position hat polarisiert. Was will die machen, Luftballontiere aufblasen? Solche Fragen kamen, als ich am 01.11.2021 meine Stelle antrat. Jetzt meckert keiner mehr, niemand stellt mehr die Position infrage, im Gegenteil: Unser Klinikum ist auf drei Standorte verteilt, ich bin sehr gefragt und viel unterwegs. Mich am Telefon zu erreichen, ist daher schwierig, Mails sind zuverlässiger. Allein in den ersten beiden Stunden heute Morgen habe ich 15 Mails bekommen. Unterstützungsanfragen erhalte ich etwa 15 pro Woche.
Frage: Wo sind Sie in der Verwaltung angesiedelt und aus welchem Topf kommt Ihr Gehalt?
Antwort: Ich gehöre zur Stabsstelle Kommunikation und Medien und werde aus deren Etat bezahlt. Wenn ich in einer Sache nicht weiterkomme, schmeiße ich die Schwarmintelligenz an und frage meine Kollegen. Unsere Chefin, Thu Trang Tran, hat die Stelle erfunden. Es ist also kein US-amerikanisches Ding, wie manche meinen. Auch die Betriebsleitung steht hinter mir. Wenn ich immer wieder Rücksprache mit Vorgesetzten halten müsste, wäre meine Arbeit deutlich schwieriger.
Frage: Das Glücksmanagement ist ein auf zwei Jahre angelegtes Pilotprojekt. Was Sie über Ihre Arbeit und die Reaktionen darauf erzählen, klingt nach einer positiven Zwischenbilanz.
Antwort: Bis jetzt ist es eine Erfolgsgeschichte. Ich bin die erste Glücksmanagerin eines Klinikums und erhalte von anderen Häusern interessierte Anfragen. Auch Studenten möchten über mich schreiben. Die Mitarbeitenden sind sehr dankbar. Es kommen viele Rückmeldungen, dass Pflegekräfte mit kleinen Kindern ohne meine Hilfe nicht hätten aufstocken können. Gerade habe ich für eine Radiologin einen Krippenplatz gefunden, sie konnte ihre Elternzeit verkürzen und wieder zu uns kommen. Bei einem Paar mit Kind konnte ich dafür sorgen, dass beide wieder arbeiten. Ohne den Kitaplatz wäre eine komplette Stelle verloren gegangen. Aber es kommen auch ganz kleine Anfragen. Für eine Feier in der Kinderklinik habe ich eine Fotobox organisiert. Beim Abschied einer Krankenpflegerin, die 40 Jahre bei uns war, habe ich die Torte der Geschäftsleitung vorbeigebracht.
Frage: Jeder, der Sie anruft oder Ihnen eine Mail schreibt, hat ein Problem. Wie gehen Sie selbst damit um?
Antwort: Ich mache jeden Tag Menschen glücklich. Und das macht mich glücklich. Es gibt für jedes Problem eine Lösung. Allerdings sollte man sich nicht auf eine bestimmte Lösungsmöglichkeit konzentrieren, sondern mehrere in petto haben. Oft wollen die Mitarbeitenden sich bei mir bedanken, mir Pralinen oder Blumen schicken. Das wiegele ich ab. Es ist ja mein Beruf, etwas für andere zu organisieren.
Frau Jäger, vielen Dank für das Gespräch! L
AUSGABE: CB 2/2023, S. 19 · ID: 48764940