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CBChefärzteBrief

HaftungsrechtDokumentationsversäumnis führt nicht automatisch zu Haftung wegen Behandlungsfehler

Abo-Inhalt17.01.20232069 Min. LesedauerVon FA MedR Dr. Rainer Hellweg, Hannover

| Dokumentation ist häufig Gegenstand von Arzthaftungsprozessen – und ein leidiges Thema für viele Krankenhausärzte. Denn im stressigen Stationsalltag ist es nicht immer leicht, den Anforderungen zu entsprechen. Dass aus einem Dokumentationsversäumnis aber nicht automatisch ein Behandlungsfehler als Haftungsgrund hergeleitet werden kann, zeigt der aktuell veröffentlichte Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Dresden vom 13.09.2022 (Az. 4 U 583/22). |

Der Fall

Der Kläger hatte sich einer Stentimplantation und einer weiteren Operation unterzogen. Im zweiten Eingriff, der knapp zwei Wochen nach der Stentimplantation erfolgte, war ein Aneurysma spurium operativ versorgt worden.Vor Gericht trug der Kläger vor, die Behandlung des Aneurysma spurium sei nicht lege artis gewesen, weil sie zu spät stattgefunden habe. Das Aneurysma spurium sei schon nach dem ersten Eingriff eingetreten und Folge der Punktion gewesen. Daher sei die zweite Operation bereits zu einem früheren Zeitpunkt indiziert gewesen. Hinsichtlich der Indikationsstellung für den zweiten Eingriff sei die Dokumentation aus der Patientenakte als mangelhaft zu kritisieren.

Sowohl der vom Gericht beauftragte medizinische Sachverständige als auch das Gericht konstatierten, dass sich aus den Behandlungsunterlagen tatsächlich nicht entnehmen lasse, ab welchem Zeitpunkt genau eine OP-Indikation für die Versorgung des Aneurysma spurium bestanden habe. Hieraus leitete das OLG jedoch keinen Haftungsanspruch ab und wies die Klage ab.

Die Entscheidungsgründe

Die unterbliebene Dokumentation begründe weder eine eigene Anspruchsgrundlage noch führe sie zur Beweislastumkehr hinsichtlich eines Ursachenzusammenhangs für einen Behandlungsfehler. Aus der fehlenden Dokumentation einer aufzeichnungspflichtigen Maßnahme könne lediglich die Vermutung abgeleitet werden, dass die Maßnahme unterblieben sei. Darum gehe es im dortigen Fall aber nicht. Dass die operative Versorgung des Aneurysma spurium zu spät erfolgt sei, zu dieser Einschätzung sei der Sachverständige gerade nicht gekommen.

Fazit | Eine fehlerhafte oder unterbliebene Dokumentation einer diagnostischen oder therapeutischen Maßnahme ist – für sich genommen – noch keine Anspruchsgrundlage für einen Arzthaftungsanspruch des Patienten. Hieraus folgt im Prozess lediglich die Vermutung, dass die Maßnahme nicht durchgeführt wurde. Ob aus diesem Umstand ein Haftungsanspruch des Patienten resultiert, ist anhand des konkreten Einzelfalls zu entscheiden.

AUSGABE: CB 2/2023, S. 10 · ID: 48978957

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