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CBChefärzteBrief

ArbeitsbelastungBurn-out von Ärzten gefährdet Patientenwohl – Wurzeln liegen offenbar im System

Abo-Inhalt22.11.202210138 Min. Lesedauer

| Untersuchungen zum Burn-out bzw. zur Überlastung bei Ärzten gibt es viele (Beitrag online vom 15.02.2022, Abruf-Nr. 48000430). Indes fehlten bisher Untersuchungen darüber, inwieweit sich die Überlastung auf die Arbeitsqualität auswirkt. Eine britische Metaanalyse bestätigt nun: Burn-out von Ärztinnen und Ärzten, Arbeitsqualität und Patientenzufriedenheit hängen offenbar zusammen. [1] In einem Begleiteditorial [2] konstatiert Professor Dr. Matthias Weigl, Direktor des Instituts für Patientensicherheit (IfPS) am Universitätsklinikum Bonn: Die Wurzeln liegen offenbar im System. |

Junge Ärzte am stärksten betroffen

Die im „British Medical Journal“ publizierte Arbeit fasst die Resultate von 170 Beobachtungsstudien mit fast 240.000 Medizinern zusammen. Insbesondere auf Notfall- und Intensivstationen berichteten überdurchschnittlich viele von Burn-out-Symptomen. Die am stärksten vom Burn-out betroffene Altersgruppe waren die 31- bis 50-Jährigen. Hausärzte hingegen schienen am wenigsten unter einem Burn-out zu leiden.

Auswirkungen des Burn-outs bei Ärzten

Burn-out-Symptome gefährden demnach die Patientensicherheit, senken die Arbeitszufriedenheit und beeinträchtigen die Arbeitsqualität:

Merke | Ein Bias ist nicht auszuschließen, weil bei den Umfragen möglicherweise vor allem Personen antworteten, die an solchen Ereignissen beteiligt waren. 81 Prozent der in die Metaanalyse eingeflossenen Studien attestierten die Autoren eine mittlere oder hohe Wahrscheinlichkeit für einen Bias.

  • Ärztinnen und Ärzte mit Burn-out waren doppelt so oft in Vorfälle verwickelt, bei denen Patienten zu Schaden kamen (z. B. Medikationsfehler).
  • Ihre Arbeitszufriedenheit war etwa um den Faktor vier reduziert.
  • Sie dachten etwa dreimal häufiger darüber nach, ihren Beruf aufzugeben bzw. zu wechseln.
  • Sie legten weniger Professionalität an den Tag als Kollegen, die sich nicht ausgelaugt fühlten.
  • Sie erhielten etwa doppelt so häufig negative Bewertungen durch Patienten.

Brennpunkt Notfall- und Intensivmedizin

Trotz eines möglichen Bias halten die Autoren einen Zusammenhang zwischen Burn-out und schlechterer Qualität der Patientenversorgung für gegeben. „Gesundheitseinrichtungen sollten mehr Zeit und Anstrengungen in die Implementierung evidenzbasierter Strategien zur Linderung von Burn-out bei Ärzten investieren, dies gilt für alle Disziplinen, speziell aber für die Notfallmedizin und für Ärzte in Ausbildung“, empfehlen sie.

In seinem begleitenden Editorial [2] zur Metaanalyse benennt Prof. Matthias Weigl die Gründe für Burn-out bei Medizinern: „Exzessive Arbeitsbelastung, insbesondere hohe Arbeitsintensität […] Personalmangel, unzureichende Unterstützung und schlechte Führung, kombiniert mit einem Ungleichgewicht zwischen Anstrengung und Belohnung ...“. Hinzu kämen „moralische Verletzungen“, die entstehen würden, weil die Betroffenen nicht mehr in der Lage seien, sich so um die Patienten kümmern zu können, wie es angemessen wäre.

„Psychisches Wohlbefinden von Ärzten ist für ein sicheres Gesundheitssystem unerlässlich“

Problematisch sei auch das Auseinanderklaffen von Selbsteinschätzung der ausgebrannten Ärzte und ihrer tatsächlichen Leistung in Bezug auf ihre Verlässlichkeit und die Patientensicherheit.

„Das psychische Wohlbefinden von Ärzten ist für ein sicheres Gesundheitssystem unerlässlich“, schreibt der Professor für Patientensicherheit. „Das weit verbreitete Burnout bei Ärzten deutet auf ein fehlerhaftes Arbeitssystem hin, das durch tiefgreifende gesellschaftliche Probleme und strukturelle Probleme im gesamten Sektor verursacht wird.“

Verlust des beruflichen Status als mögliche Konsequenz?

Der Autor eines Leserbriefs vom 20.09.2022 [3] zur Metaanalyse stellt die Frage in den Raum, ob die Zunahme der Teilzeitarbeit, der Verlust der Kontinuität bei der Patientenversorgung und mangelhafte Übergaben zum Verlust des beruflichen Ansehens beigetragen haben. Er befürworte nicht, dass sich junge Ärzte ähnlich selbst aufopfern sollten wie dies früher üblich gewesen sei, schreibt er. Man müsse sich jedoch im Klaren sein, dass mit dieser Selbstaufopferung auch eine höhere Wertschätzung seitens der Patienten verbunden gewesen sei.

„Daher müssen wir als Berufsstand akzeptieren, dass die Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Ärzten und die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben unweigerlich zu einem gewissen Verlust an beruflichem Status und Autonomie führen, was wiederum paradoxerweise zu mehr Stress führen kann“, gibt er zu bedenken.

Quellen
  • [1] Metaanalyse: Hodkinson A et al.: Associations of physician burnout with career engagement and quality of patient care: systematic review and meta-analysis. BMJ 2022; 378: e070442. doi.org/10.1136/bmj-2022-070442 (published 14 September 2022).
  • [2] Begleiteditorial: Weigl M: Physician burnout undermines safe healthcare. BMJ 2022; 378: o2157. doi.org/10.1136/bmj.o2157 (published 14 September 2022)
  • [3] Sundar S: You can‘t have your cake and eat it. Rapid response, 20 September 2022, online unter iww.de/s7267

AUSGABE: CB 12/2022, S. 18 · ID: 48733233

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