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UmsatzsteuerVorkosten als Entgeltminderung oder sonstige Leistung: Drei Fragen aus der Autohaus-Praxis

Abo-Inhalt22.02.2024406 Min. LesedauerVon Sören Hoss, Steuerberater und Umsatzsteuer-Experte, Ludwigsburg

| Im Jahr 2022 hatte sich der BFH in zwei Verfahren mit der Frage befasst, ob es sich bei Vorkosten umsatzsteuerlich um eine Entgeltminderung oder eine gesondert zu beurteilende sonstige Leistung handelt. Die Umsetzung der BFH-Rechtsprechung hat auch Auswirkung auf den Alltag in Autohäusern. Denn die in beiden BFH-Verfahren relevante Frage, stellt sich in allen Fällen der Kostenweitergabe. Um diese Fälle rechtssicher würdigen zu können, beantwortet ASR drei Fragen aus der Praxis. |

Wann die BFH-Urteile im Autohaus relevant sind

Die beiden BFH-Urteile (BFH, Urteil vom 13.09.2022, Az. XI R 8/20, Abruf-Nr. 232948 und Urteil vom 11.10.2022, Az. XI R 12/20, Abruf-Nr. 233310) kommen im Autohaus immer dann zur Anwendung, wenn Sie ein Fahrzeug von einem Lieferanten einkaufen, der als umsatzsteuerlicher Unternehmer zu qualifizieren ist. Fallen bei Ihnen nun – vor dem Weiterverkauf – Kosten für die Aufbereitung des angekauften Fahrzeugs an, ist die Frage, ob es sich dabei um eine eigenständige Leistung (sonstige Leistung) Ihres Autohauses handelt oder ob der Kostenabzug bzw. die Verrechnung zu einer Entgeltminderung beim Fahrzeugkauf führt. Entsprechende Leistungen Ihres Autohauses können z. B. die Reinigung der Karosserie, die Kontrolle der Betriebsbereitschaft, die Qualitätssicherung oder der Austausch von Teilen auf Grund gesetzlicher Bestimmungen (u. a. Belüftung, Abgasanlage etc.) sein.

1. Entgeltminderung oder sonstige Leistung?

Frage: Wie lassen sich Entgeltminderung und sonstige Leistung am einfachsten voneinander abgrenzen? Gibt es eine Faustregel?

Antwort: Generell gilt: Um eine sonstige Leistung überhaupt annehmen zu können, muss der Lieferant Sie mit einer Leistung (z. B. Aufbereitung des Fahrzeugs) beauftragen. Dementsprechend können Sie wie folgt unterscheiden:

  • Beauftragt Sie der Fahrzeuglieferant nicht mit der Durchführung einer Leistung, ist der Abzug dieser Kostenbestandteile vom Einkaufspreis immer eine Entgeltminderung i. S. v. § 17 UStG. Und zwar weil die Leistung keinen verbrauchsfähigen Vorteil beim Lieferanten auslöst. Die Leistung stellt vielmehr einen Kostenfaktor bei Ihnen im Autohaus dar. Schließlich führen Sie diese durch, um das Fahrzeug auf Grund gesetzlicher Vorgaben und in Sachen Funktionalität den Marktbedürfnissen anzupassen und es wirtschaftlich bestmöglich weiterverkaufen zu können.
  • Beauftragt Sie der Lieferant explizit mit einer Leistung wie z. B. der Aufbereitung des Fahrzeugs, sind die BFH-Urteile nicht anzuwenden. Denn dann liegt ein verbrauchsfähiger Vorteil beim Lieferanten vor. Er ist auf Grundlage des Kaufvertrags nämlich dazu verpflichtet, Ihnen das Fahrzeug in einem sauberen und ordnungsgemäßen Zustand zu übergeben. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach und beauftragt er Sie explizit mit der Aufbereitung, erbringen Sie eine sonstige Leistung.

2. Folgen und Risiken bei „Falsch-Qualifizierung“?

Frage: Was sind die umsatzsteuerlichen Folgen der Qualifizierung als Entgeltminderung bzw. als sonstige Leistung? Welche umsatzsteuerlichen Risiken ergeben sich, wenn die Grundsätze der beiden BFH-Urteile nicht geprüft werden?

Antwort: Die fälschliche Annahme, dass die Qualifizierung als Entgeltminderung oder sonstige Leistung keine umsatzsteuerliche bzw. finanzielle Auswirkung hat, führt zu dem Risiko, dass es zu rückwirkenden Vorsteuerkorrekturen zuzüglich etwaiger Verzinsungen kommen kann.

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  • Liegt eine Entgeltminderung vor, mindert sich die Umsatzsteuerschuld des Lieferanten – und damit auch der Vorsteuerabzug des Käufers, sprich Ihres Autohauses. Weil aber Rechnungen über den Fahrzeugverkauf und z. B. die Aufbereitung ausgestellt und diese lediglich buchhalterisch verrechnet werden, schulden beide Vertragsparteien die volle Umsatzsteuer bis zur Gefährdung des Steueraufkommens (§ 14c Abs. 1 und 2 UStG). Gleichzeitig ist der Vorsteuerabzug (zum Teil) ausgeschlossen, da diese Vorsteuer nicht als gesetzlich geschuldet gilt (Abschn. 14c.2 Abs. 5 und 15.2 Abs. 1 S. 2 UStAE). Nachfolgendes Schaubild zeigt auf, welche umsatzsteuerlichen Risiken entstehen, wenn Sie die Leistungen dennoch als separate Dienstleistung behandeln:
  • Liegt eine sonstige Leistung vor, bleibt der Fahrzeugpreis unverändert. Demzufolge muss der Lieferant die Umsatzsteuer in voller Höhe an das Finanzamt abführen. Sie sind wiederum berechtigt, die Vorsteuer in gleicher Höhe zur Erstattung zu beantragen. Parallel dazu müssen Sie einen Ausgangsumsatz für die erbrachte Leistung gegenüber dem Finanzamt deklarieren und daraus die Umsatzsteuer abführen.

3. Sind die BFH-Urteile bei Differenzbesteuerung einschlägig?

Frage: Beim Wiederverkauf von Fahrzeugen kommt es häufig zur Anwendung der Differenzbesteuerung. Sind die BFH-Urteile dann auch anzuwenden?

Antwort: Voraussetzung für die Anwendung der Differenzbesteuerung nach § 25a UStG ist u. a., dass im Rahmen des Fahrzeugeinkaufs keine Umsatzsteuer erhoben wurde (§ 25a Abs. 1 Nr. 2 UStG). Das ist z. B. der Fall, wenn Sie ein Fahrzeug von einer Privatperson einkaufen. Die BFH-Urteile beziehen sich dagegen rein auf den Fahrzeugeinkauf von B2B-Lieferanten. Für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Differenzbesteuerung müssen Sie sich aber trotzdem fragen, ob Ihre Leistungen den Einkaufspreis des privaten Lieferanten mindern oder eine eigenständige Leistung sind.

Mindern Ihre Leistungen den Einkaufspreis des privaten Lieferanten, müssen Sie die Bemessungsgrundlage für die Differenzbesteuerung entsprechend reduzieren. Handelt es sich bei den Leistungen um eine eigenständige Leistung, müssen Sie diese – unabhängig davon, ob der Lieferant ein umsatzsteuerlicher Unternehmer oder eine Privatperson ist – mit 19 Prozent Umsatzsteuer abrechnen.

AUSGABE: ASR 3/2024, S. 11 · ID: 49905978

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