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AutokaufrechtUrteil des AG Schöneberg zeigt erneut: Vorvertrag- liche Information ist das A und O beim GW-Verkauf
| Wie wichtig es für Kfz-Händler ist, die formalen Anforderungen des „neuen Kaufrechts“ zu erfüllen, macht ein Urteil des AG Schöneberg deutlich. Dem liegt der Verkauf eines Gebrauchtwagens im Januar 2023 durch einen Kfz-Händler an einen Verbraucher zugrunde. Welche Lehren Sie aus dem Urteil ziehen sollten, um es besser als der Händler im Urteilsfall zu machen, zeigt Ihnen ASR. |
Das Verbrauchsgüterkauf-Urteil des AG Schöneberg
Im Fall vor dem AG Schöneberg hatte ein Kfz-Händler einen viereinhalb Jahre alten Audi A 6 verkauft. Im Kaufvertrag wurde notiert: „Anzahl der Fahrzeugschlüssel: 2“. Die wurden sodann auch an den Käufer übergeben. Nach einer Weile meldete der sich beim Kfz-Händler; er hätte im Infotainmentsystem entdeckt, dass drei Schlüssel auf den Audi angelernt wären. Auch im Bedienerhandbuch stünde, dass drei Schlüssel zum Fahrzeug gehörten, zwei Funk- und Komfortschlüssel und ein Notschlüssel. Zusätzlich wäre dort der Hinweis vermerkt, dass man bei Fehlen eines Schlüssels wegen der erhöhten Diebstahlgefahr unbedingt seinen Kaskoversicherer informieren sollte.
Käufer verlangt Nachbesserung – Händler verweigert sie
Der Kunde verlangte vom Kfz-Händler die Nachbesserung. Der stellte sich aber auf den Standpunkt, dass vertraglich nur zwei Schlüssel vereinbart gewesen seien und lehnte jegliche Ansprüche endgültig ab. Daraufhin ließ der Käufer, der den Audi als Ersatz für ein ihm gestohlenes Fahrzeug gekauft hatte und der deshalb besonders sensibilisiert war, auf eigene Kosten neue Schließzylinder einbauen. Die Kosten dafür in Höhe von etwa 820 Euro verlangte er mit Klage vor dem AG Schöneberg vom Kfz-Händler – mit Erfolg (AG Schöneberg, Urteil vom 24.10.2023, Az. 17 C 79/23, Abruf-Nr. 239652, noch nicht rechtskräftig; eingesandt von Rechtsanwältin Claudia Grafe, Garrelt).
Wirksame Vereinbarung steht und fällt mit vorvertraglicher Information
Das AG Schöneberg erkannte, dass für die wirksame Vereinbarung von nur zwei Schlüsseln eine vorherige vertragliche Information i. S. v. § 476 Abs. 1 BGB erforderlich war. Zu dem Audi gehörten drei Schlüssel – und damit sei beim Verkauf als Gebrauchtwagen auch die Übergabe von drei Schlüsseln üblich (§ 434 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a) BGB). Ergänzend hat das Gericht in seiner Begründung noch § 434 Abs. 3 Nr. 4 BGB herangezogen, wonach der Käufer die Übergabe des Audi mit allem Zubehör erwarten dürfe.
Das sind die Handlungsempfehlungen für die Praxis
Das Urteil des AG Schöneberg lehrt wieder einmal: Ohne die vorherige vertragliche Information nützt jedwede Regelung von Details im Kaufvertrag nichts. Denn § 442 BGB – also der „Aber das hast du doch gewusst“-Paragraf – wird beim Verbrauchsgüterkauf nicht angewendet. Das ist in § 475 Abs. 3 S. 2 BGB verankert.
Wichtig | Die vorvertragliche Information spielt für Sie darüber hinaus auch bei der Gewährleistung eine entscheidende Rolle. Fehlt sie – wie im Urteilsfall–, verkürzt sich die Verjährung der Gewährleistungsansprüche des Käufers bei Gebrauchtwagen nämlich nicht auf ein Jahr. Die Gewährleistungsfrist für den Gebrauchtwagen beträgt dann also volle zwei Jahre.
Das Urteil des AG Schöneberg ist noch nicht rechtskräftig; der Kfz-Händler hat Berufung eingelegt. ASR prognostiziert: Außer immer weiteren, am Ende vom Kfz-Händler zu tragenden, Kosten wird da nichts bei herauskommen. Denn das Gericht hat die für Verkäufe seit dem 01.01.2022 geltende Rechtslage vollkommen richtig angewandt. Für Sie ist es deshalb umso wichtiger, aus den Fehlern der anderen Kfz-Händler zu lernen und die – manchmal nervigen, aber notwendigen – formalen Anforderungen des „neuen Kaufrechts“ ernst zu nehmen. Also:
Musterformulierung / Anzahl der Schlüssel |
Für das Fahrzeug sind nicht mehr alle beim Neuwagen mitgelieferten Fahrzeugschlüssel bzw. Schlossfernbedienungen vorhanden. Es ist/sind nur noch ... von ... Schlüsseln/Schlossfernbedienungen vorhanden. |
Musterformulierung / Verkürzung der Gewährleistungsfrist |
Die Verjährung für Ansprüche aus § 437 BGB wegen Sachmängeln (mit Ausnahme von Ansprüchen wegen der Verletzung von Gesundheit, Leib oder Leben und wegen Schäden, die grob fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt wurden) wird vom gesetzlichen Regelzeitraum von zwei Jahren auf ein Jahr verkürzt. |
Fazit | Der Aufwand mit der vorvertraglichen Information beim Verbrauchs-güterkauf lohnt sich – lassen Sie da nicht den Schlendrian einziehen! |
- Machen Sie in einem vergleichbaren Fall den Käufer nicht nur im Kaufvertrag, sondern auch zuvor in der vorvertraglichen Information darauf aufmerksam, dass ein Schlüssel fehlt. Nur dann ist der Vermerk „Anzahl der Fahrzeugschlüssel: 2“ wirksam vertraglich vereinbart. Noch klarer wäre der Vermerk durch den Zusatz, dass zwei von ursprünglich drei Schlüsseln übergeben werden. Denn das „neue Kaufrecht“ verlangt, dass die Abweichung vom Üblichen so dargestellt wird, dass der Käufer weiß, wovon abgewichen wird. Das können Sie in der vorvertraglichen Information und in der verbindlichen Bestellung bzw. dem Beiblatt dazu wie folgt formulieren:Mit fünf Minuten Mehraufwand gelingt wirksame Vereinbarung
- Füllen Sie die vorvertragliche Information ordnungsgemäß aus und denken Sie an den Hinweis auf die beabsichtigte Verkürzung der Verjährungsfrist für die Sachmangelansprüche des Käufers von den gesetzlichen zwei Jahren auf ein Jahr. Das können Sie so formulieren:Hinweis auf Verkürzung der Gewährleistungs- frist nicht vergessen
AUSGABE: ASR 3/2024, S. 9 · ID: 49910752